Heyse, Paul: Der Weinhüter von Meran. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 17. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 173–319. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.und Ehstand ist Wehstand. Du sollst bei mir bleiben, ich will schon für dich schaffen und dir ein gutes Leben machen. Was schwatzest du von Anderen? Eh mir einer gut genug ist für dich, muß die Passer den Ifinger hinanfließen. Sie lachte zu solchen Reden und ließ sie sich gefallen, weil sie ihr schmeichelten. Auch schien keine ernste Neigung in ihrem leichten Sinn wurzeln zu können. Die Mutter that das Ihrige, Freier, die sich von ferne blicken ließen, zurückzuschrecken. Und so blieb durch viele Jahre droben auf dem Küchelberg die wunliche Gesellschaft beisammen, und keine Aenderung war abzusehen. Da erlag eines Tages der Mann dem Einflüße jenes Sterns, der schon seinen würdigen Vorfahren zu Grabe geleuchtet hatte. Er starb im Säuferwahnsinn. Von dem Tage an war das eifrigste Bestreben der Wittwe darauf gerichtet, den Sohn aus dem Hause zu schaffen. Eine nähere Schilderung jenes bösen wilden Auftrittes, der ihr zum Ziele verhalf, wird uns gern erlassen werden. Die Geschwister trennten sich; die blonde Moidi hatte keinen Muth, dem Bruder zuzureden, sich einer zweiten Mißhandlung auszusetzen. Geh nur, sagte sie. Es ist besser so. Ich verlaß' dich schon nicht. Du weißt ja, ich mach' mit ihr, Was ich will, und wenn sie mir das Thürl versperrt, spring' ich zum Fenster hinaus und lauf' zu dir. Auch hielt sie Wort. Aber was half's ihm, daß und Ehstand ist Wehstand. Du sollst bei mir bleiben, ich will schon für dich schaffen und dir ein gutes Leben machen. Was schwatzest du von Anderen? Eh mir einer gut genug ist für dich, muß die Passer den Ifinger hinanfließen. Sie lachte zu solchen Reden und ließ sie sich gefallen, weil sie ihr schmeichelten. Auch schien keine ernste Neigung in ihrem leichten Sinn wurzeln zu können. Die Mutter that das Ihrige, Freier, die sich von ferne blicken ließen, zurückzuschrecken. Und so blieb durch viele Jahre droben auf dem Küchelberg die wunliche Gesellschaft beisammen, und keine Aenderung war abzusehen. Da erlag eines Tages der Mann dem Einflüße jenes Sterns, der schon seinen würdigen Vorfahren zu Grabe geleuchtet hatte. Er starb im Säuferwahnsinn. Von dem Tage an war das eifrigste Bestreben der Wittwe darauf gerichtet, den Sohn aus dem Hause zu schaffen. Eine nähere Schilderung jenes bösen wilden Auftrittes, der ihr zum Ziele verhalf, wird uns gern erlassen werden. Die Geschwister trennten sich; die blonde Moidi hatte keinen Muth, dem Bruder zuzureden, sich einer zweiten Mißhandlung auszusetzen. Geh nur, sagte sie. Es ist besser so. Ich verlaß' dich schon nicht. Du weißt ja, ich mach' mit ihr, Was ich will, und wenn sie mir das Thürl versperrt, spring' ich zum Fenster hinaus und lauf' zu dir. Auch hielt sie Wort. Aber was half's ihm, daß <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="1"> <p><pb facs="#f0052"/> und Ehstand ist Wehstand. Du sollst bei mir bleiben, ich will schon für dich schaffen und dir ein gutes Leben machen. Was schwatzest du von Anderen? Eh mir einer gut genug ist für dich, muß die Passer den Ifinger hinanfließen.</p><lb/> <p>Sie lachte zu solchen Reden und ließ sie sich gefallen, weil sie ihr schmeichelten. Auch schien keine ernste Neigung in ihrem leichten Sinn wurzeln zu können. Die Mutter that das Ihrige, Freier, die sich von ferne blicken ließen, zurückzuschrecken. Und so blieb durch viele Jahre droben auf dem Küchelberg die wunliche Gesellschaft beisammen, und keine Aenderung war abzusehen.</p><lb/> <p>Da erlag eines Tages der Mann dem Einflüße jenes Sterns, der schon seinen würdigen Vorfahren zu Grabe geleuchtet hatte. Er starb im Säuferwahnsinn. Von dem Tage an war das eifrigste Bestreben der Wittwe darauf gerichtet, den Sohn aus dem Hause zu schaffen. Eine nähere Schilderung jenes bösen wilden Auftrittes, der ihr zum Ziele verhalf, wird uns gern erlassen werden. Die Geschwister trennten sich; die blonde Moidi hatte keinen Muth, dem Bruder zuzureden, sich einer zweiten Mißhandlung auszusetzen. Geh nur, sagte sie. Es ist besser so. Ich verlaß' dich schon nicht. Du weißt ja, ich mach' mit ihr, Was ich will, und wenn sie mir das Thürl versperrt, spring' ich zum Fenster hinaus und lauf' zu dir.</p><lb/> <p>Auch hielt sie Wort. Aber was half's ihm, daß<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0052]
und Ehstand ist Wehstand. Du sollst bei mir bleiben, ich will schon für dich schaffen und dir ein gutes Leben machen. Was schwatzest du von Anderen? Eh mir einer gut genug ist für dich, muß die Passer den Ifinger hinanfließen.
Sie lachte zu solchen Reden und ließ sie sich gefallen, weil sie ihr schmeichelten. Auch schien keine ernste Neigung in ihrem leichten Sinn wurzeln zu können. Die Mutter that das Ihrige, Freier, die sich von ferne blicken ließen, zurückzuschrecken. Und so blieb durch viele Jahre droben auf dem Küchelberg die wunliche Gesellschaft beisammen, und keine Aenderung war abzusehen.
Da erlag eines Tages der Mann dem Einflüße jenes Sterns, der schon seinen würdigen Vorfahren zu Grabe geleuchtet hatte. Er starb im Säuferwahnsinn. Von dem Tage an war das eifrigste Bestreben der Wittwe darauf gerichtet, den Sohn aus dem Hause zu schaffen. Eine nähere Schilderung jenes bösen wilden Auftrittes, der ihr zum Ziele verhalf, wird uns gern erlassen werden. Die Geschwister trennten sich; die blonde Moidi hatte keinen Muth, dem Bruder zuzureden, sich einer zweiten Mißhandlung auszusetzen. Geh nur, sagte sie. Es ist besser so. Ich verlaß' dich schon nicht. Du weißt ja, ich mach' mit ihr, Was ich will, und wenn sie mir das Thürl versperrt, spring' ich zum Fenster hinaus und lauf' zu dir.
Auch hielt sie Wort. Aber was half's ihm, daß
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Zitationshilfe: | Heyse, Paul: Der Weinhüter von Meran. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 17. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 173–319. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/heyse_weinhueter_1910/52>, abgerufen am 16.02.2025. |