Heyse, Paul: Der Weinhüter von Meran. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 17. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 173–319. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.und immer tiefer erröthend. Aber erst wenn ich im Kloster bin. Und darum bitt' ich inständig. Hochwürden, daß Sie mir zur Ruhe verhelfen und mich nicht ohne Empfehlung gehen lassen. Mag's drum sein, armer Sohn, sagte der kleine Priester mitleidig. Du hast früher einen guten Anfang gemacht in den geistlichen Studien, und ich meine, vom Latein wird dir noch Einiges hängen geblieben sein. Ich will dich an den Pater Benedictus empfehlen -- und er nannte ihm den Namen eines hoch im Vintschgau gelegenen Kapuzinerklosters, das wegen seiner rauhen Luft wenig besucht ward -- dem sage einen Gruß von mir, und morgen will ich einen Brief nachschicken, der ihm deine Lage auseinandersetzt. Und so befehle ich dich einstweilen in den heiligen Schutz unsers Herrn Jesus und feiner gnadenreichen Mutter, und wenn dir's ums Herz ist, Andree, deine heimlichen Nöthe auszuschütten, so weißt du, daß du mir schreiben kannst und jederzeit eine willige Fürsorge und Theilnahme bei mir finden wirst. Gott sei mir dir, mein Sohn! Er gab ihm in sichtbarer Bewegung die Hand, die der Jüngling statt aller Antwort ehrfurchtsvoll an feine Lippen drückte. Dann ging er mit erleichtertem Herzen hinweg und zog die schwere Thür sacht hinter sich zu. Aber so leise er den gewölbten Gang hinunterschritt -- denn er scheute sich, obwohl er sonst keine und immer tiefer erröthend. Aber erst wenn ich im Kloster bin. Und darum bitt' ich inständig. Hochwürden, daß Sie mir zur Ruhe verhelfen und mich nicht ohne Empfehlung gehen lassen. Mag's drum sein, armer Sohn, sagte der kleine Priester mitleidig. Du hast früher einen guten Anfang gemacht in den geistlichen Studien, und ich meine, vom Latein wird dir noch Einiges hängen geblieben sein. Ich will dich an den Pater Benedictus empfehlen — und er nannte ihm den Namen eines hoch im Vintschgau gelegenen Kapuzinerklosters, das wegen seiner rauhen Luft wenig besucht ward — dem sage einen Gruß von mir, und morgen will ich einen Brief nachschicken, der ihm deine Lage auseinandersetzt. Und so befehle ich dich einstweilen in den heiligen Schutz unsers Herrn Jesus und feiner gnadenreichen Mutter, und wenn dir's ums Herz ist, Andree, deine heimlichen Nöthe auszuschütten, so weißt du, daß du mir schreiben kannst und jederzeit eine willige Fürsorge und Theilnahme bei mir finden wirst. Gott sei mir dir, mein Sohn! Er gab ihm in sichtbarer Bewegung die Hand, die der Jüngling statt aller Antwort ehrfurchtsvoll an feine Lippen drückte. Dann ging er mit erleichtertem Herzen hinweg und zog die schwere Thür sacht hinter sich zu. Aber so leise er den gewölbten Gang hinunterschritt — denn er scheute sich, obwohl er sonst keine <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="1"> <p><pb facs="#f0075"/> und immer tiefer erröthend. Aber erst wenn ich im Kloster bin. Und darum bitt' ich inständig. Hochwürden, daß Sie mir zur Ruhe verhelfen und mich nicht ohne Empfehlung gehen lassen.</p><lb/> <p>Mag's drum sein, armer Sohn, sagte der kleine Priester mitleidig. Du hast früher einen guten Anfang gemacht in den geistlichen Studien, und ich meine, vom Latein wird dir noch Einiges hängen geblieben sein. Ich will dich an den Pater Benedictus empfehlen — und er nannte ihm den Namen eines hoch im Vintschgau gelegenen Kapuzinerklosters, das wegen seiner rauhen Luft wenig besucht ward — dem sage einen Gruß von mir, und morgen will ich einen Brief nachschicken, der ihm deine Lage auseinandersetzt. Und so befehle ich dich einstweilen in den heiligen Schutz unsers Herrn Jesus und feiner gnadenreichen Mutter, und wenn dir's ums Herz ist, Andree, deine heimlichen Nöthe auszuschütten, so weißt du, daß du mir schreiben kannst und jederzeit eine willige Fürsorge und Theilnahme bei mir finden wirst. Gott sei mir dir, mein Sohn!</p><lb/> <p>Er gab ihm in sichtbarer Bewegung die Hand, die der Jüngling statt aller Antwort ehrfurchtsvoll an feine Lippen drückte. Dann ging er mit erleichtertem Herzen hinweg und zog die schwere Thür sacht hinter sich zu.</p><lb/> <p>Aber so leise er den gewölbten Gang hinunterschritt — denn er scheute sich, obwohl er sonst keine<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0075]
und immer tiefer erröthend. Aber erst wenn ich im Kloster bin. Und darum bitt' ich inständig. Hochwürden, daß Sie mir zur Ruhe verhelfen und mich nicht ohne Empfehlung gehen lassen.
Mag's drum sein, armer Sohn, sagte der kleine Priester mitleidig. Du hast früher einen guten Anfang gemacht in den geistlichen Studien, und ich meine, vom Latein wird dir noch Einiges hängen geblieben sein. Ich will dich an den Pater Benedictus empfehlen — und er nannte ihm den Namen eines hoch im Vintschgau gelegenen Kapuzinerklosters, das wegen seiner rauhen Luft wenig besucht ward — dem sage einen Gruß von mir, und morgen will ich einen Brief nachschicken, der ihm deine Lage auseinandersetzt. Und so befehle ich dich einstweilen in den heiligen Schutz unsers Herrn Jesus und feiner gnadenreichen Mutter, und wenn dir's ums Herz ist, Andree, deine heimlichen Nöthe auszuschütten, so weißt du, daß du mir schreiben kannst und jederzeit eine willige Fürsorge und Theilnahme bei mir finden wirst. Gott sei mir dir, mein Sohn!
Er gab ihm in sichtbarer Bewegung die Hand, die der Jüngling statt aller Antwort ehrfurchtsvoll an feine Lippen drückte. Dann ging er mit erleichtertem Herzen hinweg und zog die schwere Thür sacht hinter sich zu.
Aber so leise er den gewölbten Gang hinunterschritt — denn er scheute sich, obwohl er sonst keine
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription.
(2017-03-15T11:27:07Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition.
(2017-03-15T11:27:07Z)
Weitere Informationen:Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |