Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hilscher, Paul Christian: Nachricht von der aus ihrem Grabe wieder auferstandenen Goldschmids-Frau in Dreßden. Dresden, 1723.

Bild:
<< vorherige Seite

und dem gemeinen Wesen schädliches
recht verzweifelten Arrest befindet, nicht weiß,
waß mit ihm geschehen sey, und, da er sich kei-
nes Todes vorhin besorget, doch ietzo in der
grösten Todes-Noth befindet, Oben holen
will, aber nicht zu Oden kommen kan, sondern
durch eine langweilige, und alle Augenblick
sich grausamer erzeigende Erstickung, jämmer-
lich verderben muß. Ja, es läst sich ansehen,
daß, wenn man einen, der da sonst frisch und ge-
sund wäre, zur Strafe auf solche Manier un-
ter die Erde verscharren wolte, ihn wegen der
Andeutung, wie er sterben müste/ sein bevor-
stehender Tod bey weiten nicht so erschrecklich
deuchten könte, als er nothwendig demjeni-
gen deuchten muß, der da nicht weiß, wie?
und warum? er in einen so ängstlichen Zustand
gesetzet worden, und, indem er bemühet ist sich
noch zu retten, durch die findende Unmöglich-
keit in die euserste Desperation hingerissen
wird. Und, o! wie vielmal mag es nicht ge-
schehen, daß man durch dergleichen Uberei-
lung denjenigen das Leben auf eine so greuli-
che Art abkürtze, denen man doch das Leben
zu erhalten bemühet gewesen; auch etwa sol-
che Personen auf obgemeldete mehr denn
Henckermäßige Weise aus der Welt schafft,
die nicht nur eintzeln Familien/ sondern wol

gar
B 2

und dem gemeinen Weſen ſchaͤdliches
recht verzweifelten Arreſt befindet, nicht weiß,
waß mit ihm geſchehen ſey, und, da er ſich kei-
nes Todes vorhin beſorget, doch ietzo in der
groͤſten Todes-Noth befindet, Oben holen
will, aber nicht zu Oden kommen kan, ſondern
durch eine langweilige, und alle Augenblick
ſich grauſamer erzeigende Erſtickung, jaͤmmer-
lich verderben muß. Ja, es laͤſt ſich anſehen,
daß, wenn man einen, der da ſonſt friſch und ge-
ſund waͤre, zur Strafe auf ſolche Manier un-
ter die Erde verſcharren wolte, ihn wegen der
Andeutung, wie er ſterben muͤſte/ ſein bevor-
ſtehender Tod bey weiten nicht ſo erſchrecklich
deuchten koͤnte, als er nothwendig demjeni-
gen deuchten muß, der da nicht weiß, wie?
und warum? er in einen ſo aͤngſtlichen Zuſtand
geſetzet worden, und, indem er bemuͤhet iſt ſich
noch zu retten, durch die findende Unmoͤglich-
keit in die euſerſte Deſperation hingeriſſen
wird. Und, o! wie vielmal mag es nicht ge-
ſchehen, daß man durch dergleichen Uberei-
lung denjenigen das Leben auf eine ſo greuli-
che Art abkuͤrtze, denen man doch das Leben
zu erhalten bemuͤhet geweſen; auch etwa ſol-
che Perſonen auf obgemeldete mehr denn
Henckermaͤßige Weiſe aus der Welt ſchafft,
die nicht nur eintzeln Familien/ ſondern wol

gar
B 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0021" n="15"/><fw place="top" type="header">und dem gemeinen We&#x017F;en &#x017F;cha&#x0364;dliches</fw><lb/>
recht verzweifelten <hi rendition="#aq">Arre&#x017F;t</hi> befindet, nicht weiß,<lb/>
waß mit ihm ge&#x017F;chehen &#x017F;ey, und, da er &#x017F;ich kei-<lb/>
nes Todes vorhin be&#x017F;orget, doch ietzo in der<lb/>
gro&#x0364;&#x017F;ten Todes-Noth befindet, Oben holen<lb/>
will, aber nicht zu Oden kommen kan, &#x017F;ondern<lb/>
durch eine langweilige, und alle Augenblick<lb/>
&#x017F;ich grau&#x017F;amer erzeigende Er&#x017F;tickung, ja&#x0364;mmer-<lb/>
lich verderben muß. Ja, es la&#x0364;&#x017F;t &#x017F;ich an&#x017F;ehen,<lb/>
daß, wenn man einen, der da &#x017F;on&#x017F;t fri&#x017F;ch und ge-<lb/>
&#x017F;und wa&#x0364;re, zur Strafe auf &#x017F;olche Manier un-<lb/>
ter die Erde ver&#x017F;charren wolte, ihn wegen der<lb/>
Andeutung, wie er &#x017F;terben mu&#x0364;&#x017F;te/ &#x017F;ein bevor-<lb/>
&#x017F;tehender Tod bey weiten nicht &#x017F;o er&#x017F;chrecklich<lb/>
deuchten ko&#x0364;nte, als er nothwendig demjeni-<lb/>
gen deuchten muß, der da nicht weiß, wie?<lb/>
und warum? er in einen &#x017F;o a&#x0364;ng&#x017F;tlichen Zu&#x017F;tand<lb/>
ge&#x017F;etzet worden, und, indem er bemu&#x0364;het i&#x017F;t &#x017F;ich<lb/>
noch zu retten, durch die findende Unmo&#x0364;glich-<lb/>
keit in die eu&#x017F;er&#x017F;te <hi rendition="#aq">De&#x017F;peration</hi> hingeri&#x017F;&#x017F;en<lb/>
wird. Und, o! wie vielmal mag es nicht ge-<lb/>
&#x017F;chehen, daß man durch dergleichen Uberei-<lb/>
lung denjenigen das Leben auf eine &#x017F;o greuli-<lb/>
che Art abku&#x0364;rtze, denen man doch das Leben<lb/>
zu erhalten bemu&#x0364;het gewe&#x017F;en; auch etwa &#x017F;ol-<lb/>
che Per&#x017F;onen auf obgemeldete mehr denn<lb/>
Henckerma&#x0364;ßige Wei&#x017F;e aus der Welt &#x017F;chafft,<lb/>
die nicht nur eintzeln <hi rendition="#aq">Famili</hi>en/ &#x017F;ondern wol<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">B 2</fw><fw place="bottom" type="catch">gar</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[15/0021] und dem gemeinen Weſen ſchaͤdliches recht verzweifelten Arreſt befindet, nicht weiß, waß mit ihm geſchehen ſey, und, da er ſich kei- nes Todes vorhin beſorget, doch ietzo in der groͤſten Todes-Noth befindet, Oben holen will, aber nicht zu Oden kommen kan, ſondern durch eine langweilige, und alle Augenblick ſich grauſamer erzeigende Erſtickung, jaͤmmer- lich verderben muß. Ja, es laͤſt ſich anſehen, daß, wenn man einen, der da ſonſt friſch und ge- ſund waͤre, zur Strafe auf ſolche Manier un- ter die Erde verſcharren wolte, ihn wegen der Andeutung, wie er ſterben muͤſte/ ſein bevor- ſtehender Tod bey weiten nicht ſo erſchrecklich deuchten koͤnte, als er nothwendig demjeni- gen deuchten muß, der da nicht weiß, wie? und warum? er in einen ſo aͤngſtlichen Zuſtand geſetzet worden, und, indem er bemuͤhet iſt ſich noch zu retten, durch die findende Unmoͤglich- keit in die euſerſte Deſperation hingeriſſen wird. Und, o! wie vielmal mag es nicht ge- ſchehen, daß man durch dergleichen Uberei- lung denjenigen das Leben auf eine ſo greuli- che Art abkuͤrtze, denen man doch das Leben zu erhalten bemuͤhet geweſen; auch etwa ſol- che Perſonen auf obgemeldete mehr denn Henckermaͤßige Weiſe aus der Welt ſchafft, die nicht nur eintzeln Familien/ ſondern wol gar B 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hilscher_nachricht_1723
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hilscher_nachricht_1723/21
Zitationshilfe: Hilscher, Paul Christian: Nachricht von der aus ihrem Grabe wieder auferstandenen Goldschmids-Frau in Dreßden. Dresden, 1723, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hilscher_nachricht_1723/21>, abgerufen am 21.11.2024.