nen, meinen Vater aber nie, nie unsern Va- ter. Der meinige ist er, weils Gott hat ha- ben wollen, warum solst du dich aber mit ihm beschweren? Gott verzeihe mirs, wenn ich hiedurch dem vierten Gebot zu nahe trete -- du hast mich als Mann drüber losgesprochen und die Grenzen abgemeßen "Bis dahin und weiter nicht" Als Pastor mußt du diesen Losspruch noch bestätigen und vollführen Amen. Wieder von unsrer Mut- ter ab -- ich hab dir noch etwas schrifftliches von ihrem Abschiede versprochen, weil ichs dir mündlich nicht sagen konnte --
Wiße also, mein lieber Junge, daß ich ihr kurz eh sie starb, unser Liebesgeheimniß entdeckt habe -- ich habe vor der Minute gezittert, da es hieße: Vollbracht -- nachdem ich ihr aber unser Geheimnis gesagt hatte, zitterte ich auch für ihre Beßerung -- Ists nicht gut, daß ichs ihr gesagt habe? -- Sie häts doch im Himmel erfahren, und denn hätt sie Ursach gehabt, es mir zu verdencken, wenn dies Wort im Himmel nicht verboten ist -- Was weiß ich -- ich dacht es wäre unrecht, sie ohn dies Geheimnis sterben zu lassen -- O lieber Junge, welchen Seegen hat sie über uns aus- gesprochen. Sie war schon lange wie todt,
hatte
nen, meinen Vater aber nie, nie unſern Va- ter. Der meinige iſt er, weils Gott hat ha- ben wollen, warum ſolſt du dich aber mit ihm beſchweren? Gott verzeihe mirs, wenn ich hiedurch dem vierten Gebot zu nahe trete — du haſt mich als Mann druͤber losgeſprochen und die Grenzen abgemeßen „Bis dahin und weiter nicht„ Als Paſtor mußt du dieſen Losſpruch noch beſtaͤtigen und vollfuͤhren Amen. Wieder von unſrer Mut- ter ab — ich hab dir noch etwas ſchrifftliches von ihrem Abſchiede verſprochen, weil ichs dir muͤndlich nicht ſagen konnte —
Wiße alſo, mein lieber Junge, daß ich ihr kurz eh ſie ſtarb, unſer Liebesgeheimniß entdeckt habe — ich habe vor der Minute gezittert, da es hieße: Vollbracht — nachdem ich ihr aber unſer Geheimnis geſagt hatte, zitterte ich auch fuͤr ihre Beßerung — Iſts nicht gut, daß ichs ihr geſagt habe? — Sie haͤts doch im Himmel erfahren, und denn haͤtt ſie Urſach gehabt, es mir zu verdencken, wenn dies Wort im Himmel nicht verboten iſt — Was weiß ich — ich dacht es waͤre unrecht, ſie ohn dies Geheimnis ſterben zu laſſen — O lieber Junge, welchen Seegen hat ſie uͤber uns aus- geſprochen. Sie war ſchon lange wie todt,
hatte
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nen, meinen Vater aber nie, nie unſern Va-
ter. Der meinige iſt er, weils Gott hat ha-
ben wollen, warum ſolſt du dich aber mit
ihm beſchweren? Gott verzeihe mirs, wenn
ich hiedurch dem vierten Gebot zu nahe
trete — du haſt mich als Mann druͤber
losgeſprochen und die Grenzen abgemeßen
„Bis dahin und weiter nicht„ Als Paſtor
mußt du dieſen Losſpruch noch beſtaͤtigen und
vollfuͤhren Amen. Wieder von unſrer Mut-
ter ab — ich hab dir noch etwas ſchrifftliches
von ihrem Abſchiede verſprochen, weil ichs dir
muͤndlich nicht ſagen konnte —
Wiße alſo, mein lieber Junge, daß ich ihr
kurz eh ſie ſtarb, unſer Liebesgeheimniß entdeckt
habe — ich habe vor der Minute gezittert,
da es hieße: Vollbracht — nachdem ich ihr
aber unſer Geheimnis geſagt hatte, zitterte
ich auch fuͤr ihre Beßerung — Iſts nicht
gut, daß ichs ihr geſagt habe? — Sie haͤts
doch im Himmel erfahren, und denn haͤtt ſie
Urſach gehabt, es mir zu verdencken, wenn dies
Wort im Himmel nicht verboten iſt — Was
weiß ich — ich dacht es waͤre unrecht, ſie ohn
dies Geheimnis ſterben zu laſſen — O lieber
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 248. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/260>, abgerufen am 23.11.2024.
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