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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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und wolte dein seeliger Grosvater wohl oder
übel, er mußte den Kopf schütteln. Zum
deutlichen Nein konnte sie es nicht bringen --
Das war ein Fersenstich für deinen Vater.
Er war gekommen, einen Salz einen ewigen
Bund
zu machen, und nun zerriß er alles aufs
schierste. Starckes Laufs,
ohne Schnauben
oder Drehen, ohne den Staub von seinen
Füßen zu schütteln,
ohne das Wasser glum
zu machen, zu reden aus Ezechiel zwey-
und dreyßig, Vers zwey, ging er verstummt
von seiner Schehrerin von dannen. Man
sah was er litte, und gern hätt' ich ihm hülf-
liche Hand geleistet. Der Abschied war kalt
und warm, saur süß, und weg war er.

Dein seliger Grosvater hielt groß von
deinem Vater und liebte ihn zu sehr, als
daß er so ganz golaßen dabey bleiben sollen.
Es war dein Grosvater ein grundgelehrter
Mann, der aber außer der Kirche nur blos
in seinem Studirstübchen Potentat war, und
es auch nur hier seyn wolte, obgleich deine
seelige Grosmutter auch hier zuweilen ihr
Licht leuchten lies, wowider er selbst nichts
hatte. Was ich von seltenen Fragen und
Antworten weiß: ist von ihr. Sie hatte hie-
von ein Naturaliencabinet, das nicht gemein

war.

und wolte dein ſeeliger Grosvater wohl oder
uͤbel, er mußte den Kopf ſchuͤtteln. Zum
deutlichen Nein konnte ſie es nicht bringen —
Das war ein Ferſenſtich fuͤr deinen Vater.
Er war gekommen, einen Salz einen ewigen
Bund
zu machen, und nun zerriß er alles aufs
ſchierſte. Starckes Laufs,
ohne Schnauben
oder Drehen, ohne den Staub von ſeinen
Fuͤßen zu ſchuͤtteln,
ohne das Waſſer glum
zu machen, zu reden aus Ezechiel zwey-
und dreyßig, Vers zwey, ging er verſtummt
von ſeiner Schehrerin von dannen. Man
ſah was er litte, und gern haͤtt’ ich ihm huͤlf-
liche Hand geleiſtet. Der Abſchied war kalt
und warm, ſaur ſuͤß, und weg war er.

Dein ſeliger Grosvater hielt groß von
deinem Vater und liebte ihn zu ſehr, als
daß er ſo ganz golaßen dabey bleiben ſollen.
Es war dein Grosvater ein grundgelehrter
Mann, der aber außer der Kirche nur blos
in ſeinem Studirſtuͤbchen Potentat war, und
es auch nur hier ſeyn wolte, obgleich deine
ſeelige Grosmutter auch hier zuweilen ihr
Licht leuchten lies, wowider er ſelbſt nichts
hatte. Was ich von ſeltenen Fragen und
Antworten weiß: iſt von ihr. Sie hatte hie-
von ein Naturaliencabinet, das nicht gemein

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[262/0274] und wolte dein ſeeliger Grosvater wohl oder uͤbel, er mußte den Kopf ſchuͤtteln. Zum deutlichen Nein konnte ſie es nicht bringen — Das war ein Ferſenſtich fuͤr deinen Vater. Er war gekommen, einen Salz einen ewigen Bund zu machen, und nun zerriß er alles aufs ſchierſte. Starckes Laufs, ohne Schnauben oder Drehen, ohne den Staub von ſeinen Fuͤßen zu ſchuͤtteln, ohne das Waſſer glum zu machen, zu reden aus Ezechiel zwey- und dreyßig, Vers zwey, ging er verſtummt von ſeiner Schehrerin von dannen. Man ſah was er litte, und gern haͤtt’ ich ihm huͤlf- liche Hand geleiſtet. Der Abſchied war kalt und warm, ſaur ſuͤß, und weg war er. Dein ſeliger Grosvater hielt groß von deinem Vater und liebte ihn zu ſehr, als daß er ſo ganz golaßen dabey bleiben ſollen. Es war dein Grosvater ein grundgelehrter Mann, der aber außer der Kirche nur blos in ſeinem Studirſtuͤbchen Potentat war, und es auch nur hier ſeyn wolte, obgleich deine ſeelige Grosmutter auch hier zuweilen ihr Licht leuchten lies, wowider er ſelbſt nichts hatte. Was ich von ſeltenen Fragen und Antworten weiß: iſt von ihr. Sie hatte hie- von ein Naturaliencabinet, das nicht gemein war.

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 262. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/274>, abgerufen am 24.11.2024.