Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

Bild:
<< vorherige Seite
wie ein Geitziger seinen Kasten, bewahrt.
Der sein Leben lieb hat --
Pastor und es eben darum verliert.
Herr. v. G. Ich würde, wenn der Mensch
an der Seele kranck ist, die Kur des Leibes,
und wenn er am Leibe hinfällig ist, die See-
lenkur vorschlagen. Diese sympathetische
Mittel sind nicht zu verachten.
Pastor Wo aber die Aezte?
Frau v. W. zur Frau v. G. Wollen Sie
meiner Kleinen erlauben, den Sallat anzu-
richten?
Frau v. G. Wenn ich meine Schwieger-
tochter nicht bemühe
Die Kleine schritt ohne Umstände zu Wercke.
Frau v. W. Das strengste Augenmaaß und
Händegewicht, so ich kenne, Oel, Eßig, Salz --
Jeder Blick, jeder Griff trift. Sie schnei-
det alles ohne Elle. Sie mißt kein Band. --
Herr v. G. Wir wollen, um Sie auf die
Probe zu stellen, alle Augen auf Sie rich-
ten, ich wette Sie ärgert sich, und giebt zu
viel Eßig. --
Das Fräulein v. W. lächelte bey diesem examine
rigoroso
ohne aus der Faßung zu gleiten. Der
Sallat erhielt allgemeinen Beifall. Der Bra-
ten ward hinterher gegessen, wie erwiesen
war
wie ein Geitziger ſeinen Kaſten, bewahrt.
Der ſein Leben lieb hat —
Paſtor und es eben darum verliert.
Herr. v. G. Ich wuͤrde, wenn der Menſch
an der Seele kranck iſt, die Kur des Leibes,
und wenn er am Leibe hinfaͤllig iſt, die See-
lenkur vorſchlagen. Dieſe ſympathetiſche
Mittel ſind nicht zu verachten.
Paſtor Wo aber die Aezte?
Frau v. W. zur Frau v. G. Wollen Sie
meiner Kleinen erlauben, den Sallat anzu-
richten?
Frau v. G. Wenn ich meine Schwieger-
tochter nicht bemuͤhe
Die Kleine ſchritt ohne Umſtaͤnde zu Wercke.
Frau v. W. Das ſtrengſte Augenmaaß und
Haͤndegewicht, ſo ich kenne, Oel, Eßig, Salz —
Jeder Blick, jeder Griff trift. Sie ſchnei-
det alles ohne Elle. Sie mißt kein Band. —
Herr v. G. Wir wollen, um Sie auf die
Probe zu ſtellen, alle Augen auf Sie rich-
ten, ich wette Sie aͤrgert ſich, und giebt zu
viel Eßig. —
Das Fraͤulein v. W. laͤchelte bey dieſem examine
rigoroſo
ohne aus der Faßung zu gleiten. Der
Sallat erhielt allgemeinen Beifall. Der Bra-
ten ward hinterher gegeſſen, wie erwieſen
war
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp>
            <p><pb facs="#f0514" n="500"/>
wie ein Geitziger &#x017F;einen Ka&#x017F;ten, bewahrt.<lb/>
Der &#x017F;ein Leben lieb hat &#x2014;</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#fr">Pa&#x017F;tor</hi> </speaker>
            <p>und es eben darum verliert.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#fr">Herr. v. G.</hi> </speaker>
            <p>Ich wu&#x0364;rde, wenn der Men&#x017F;ch<lb/>
an der Seele kranck i&#x017F;t, die Kur des Leibes,<lb/>
und wenn er am Leibe hinfa&#x0364;llig i&#x017F;t, die See-<lb/>
lenkur vor&#x017F;chlagen. Die&#x017F;e &#x017F;ympatheti&#x017F;che<lb/>
Mittel &#x017F;ind nicht zu verachten.</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#fr">Pa&#x017F;tor</hi> </speaker>
            <p>Wo aber die Aezte?</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#fr">Frau v. W. zur Frau v. G.</hi> </speaker>
            <p>Wollen Sie<lb/>
meiner Kleinen erlauben, den Sallat anzu-<lb/>
richten?</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#fr">Frau v. G.</hi> </speaker>
            <p>Wenn ich meine Schwieger-<lb/>
tochter nicht bemu&#x0364;he</p>
          </sp><lb/>
          <stage>Die Kleine &#x017F;chritt ohne Um&#x017F;ta&#x0364;nde zu Wercke.</stage><lb/>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#fr">Frau v. W.</hi> </speaker>
            <p>Das &#x017F;treng&#x017F;te Augenmaaß und<lb/>
Ha&#x0364;ndegewicht, &#x017F;o ich kenne, Oel, Eßig, Salz &#x2014;<lb/>
Jeder Blick, jeder Griff trift. Sie &#x017F;chnei-<lb/>
det alles ohne Elle. Sie mißt kein Band. &#x2014;</p>
          </sp><lb/>
          <sp>
            <speaker> <hi rendition="#fr">Herr v. G.</hi> </speaker>
            <p>Wir wollen, um Sie auf die<lb/>
Probe zu &#x017F;tellen, alle Augen auf Sie rich-<lb/>
ten, ich wette Sie a&#x0364;rgert &#x017F;ich, und giebt zu<lb/>
viel Eßig. &#x2014;</p>
          </sp><lb/>
          <stage>Das Fra&#x0364;ulein v. W. la&#x0364;chelte bey die&#x017F;em <hi rendition="#aq">examine<lb/>
rigoro&#x017F;o</hi> ohne aus der Faßung zu gleiten. Der<lb/>
Sallat erhielt allgemeinen Beifall. Der Bra-<lb/>
ten ward hinterher gege&#x017F;&#x017F;en, <hi rendition="#fr">wie erwie&#x017F;en</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">war</hi></fw><lb/></stage>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[500/0514] wie ein Geitziger ſeinen Kaſten, bewahrt. Der ſein Leben lieb hat — Paſtor und es eben darum verliert. Herr. v. G. Ich wuͤrde, wenn der Menſch an der Seele kranck iſt, die Kur des Leibes, und wenn er am Leibe hinfaͤllig iſt, die See- lenkur vorſchlagen. Dieſe ſympathetiſche Mittel ſind nicht zu verachten. Paſtor Wo aber die Aezte? Frau v. W. zur Frau v. G. Wollen Sie meiner Kleinen erlauben, den Sallat anzu- richten? Frau v. G. Wenn ich meine Schwieger- tochter nicht bemuͤhe Die Kleine ſchritt ohne Umſtaͤnde zu Wercke. Frau v. W. Das ſtrengſte Augenmaaß und Haͤndegewicht, ſo ich kenne, Oel, Eßig, Salz — Jeder Blick, jeder Griff trift. Sie ſchnei- det alles ohne Elle. Sie mißt kein Band. — Herr v. G. Wir wollen, um Sie auf die Probe zu ſtellen, alle Augen auf Sie rich- ten, ich wette Sie aͤrgert ſich, und giebt zu viel Eßig. — Das Fraͤulein v. W. laͤchelte bey dieſem examine rigoroſo ohne aus der Faßung zu gleiten. Der Sallat erhielt allgemeinen Beifall. Der Bra- ten ward hinterher gegeſſen, wie erwieſen war

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/514
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 500. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/514>, abgerufen am 21.11.2024.