Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778."Ich weiß, daß dieses Lied einem armen "Was ist Nothzucht liebe Mutter?" Esther (*) Leipzig 1632. D
„Ich weiß, daß dieſes Lied einem armen „Was iſt Nothzucht liebe Mutter?„ Eſther (*) Leipzig 1632. D
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„Ich weiß, daß dieſes Lied einem armen
Suͤnder zugeſchrieben wird, der in Ham-
burg wegen begangener Rothzuͤchtigung eines
neunjaͤhrigen Maͤdchens enthauptet worden;
allein außerdem, daß dieſer arme Suͤnder
Docktor in der Medicin geweſen; ſo glaub
ich auch die ganze armen Suͤnder Geſchichte
nicht. Es iſt vielmehr dieſes Lied eine Meſ-
ſerſpize von den geiſtlichen Liedern des Si-
mon Graf die er unterm ſchoͤnen Titel Geiſt-
liches edles Herzpulwer in drei Theilen her-
ausgegeben hat (*) und denn am Ende liebes
Kind ſind wir alle arme Suͤnder — „allein
„wir haben nicht alle ein neunjaͤhriges Maͤd-
chen genothzuͤchtiget„ ſind aber alle in Suͤn-
den empfangen und geboren.
„Was iſt Nothzucht liebe Mutter?„
Nothzucht mein Kind! ſagte meine Mutter,
und ich war voll Erwartung der Dinge die
kommen ſolten — iſt Nothzucht. Leg
dein Feyrkleid an, ſtreu Puder auf dein
Haupt und wenn keiner verhanden iſt Wai-
zenmehl und ſieh! heute wie man dem thut,
den deine Mutter ehren will aus dem Buche
Eſther
(*) Leipzig 1632.
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Zitationshilfe: | Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 47. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/55>, abgerufen am 16.07.2024. |