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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778.

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ich sah, was meine Mutter sagte und oft!
oft! hab ich mein Licht so ausbrennen laßen,
um dieses Fest zu wiederholen.

Meine Mutter legte die Hände sobald
alles aus war auf mich, um mich priesterlich
zu seegnen. Wir weinten beide -- Nach einer
Weile fing sie an (ich glaub es sind alles die-
ses Brodsamen die von ihrem reich besetzten
Tisch fielen, Stücke von der verunglückten
Rede) "die Lobwürdigste Fürstin Henriette
"Louise Marggräfin zu Brandenburg lies sich
"dies Lied vorsingen, und obgleich alles um
"sie herum weinte, starb sie doch ohne Ach
"und Weh sanft und seelig zu Onolzbach im
"Jahr Christi 1650 ihres Alters sieben und
"zwanzig Jahr. Gott! laß es nur ein
"Stündlein und nicht eine ganze Stunde
"seyn, wenn wir heimfahren aus diesem
"Elend!" Wir brachten die Folianten zu
Hause und meine Mutter sang ohne zu be-
stimmen obs auf Folianten oder aufs Kupfer-
stich oder auf alle papierne Monumente und
Denkzettel gezielt wäre

Man trägt eins nach dem andern hin
wohl aus den Augen und aus dem Sinn
die Welt vergisset unser bald
sey jung oder alt
auch unsrer Ehren mannigfalt

Seyd

ich ſah, was meine Mutter ſagte und oft!
oft! hab ich mein Licht ſo ausbrennen laßen,
um dieſes Feſt zu wiederholen.

Meine Mutter legte die Haͤnde ſobald
alles aus war auf mich, um mich prieſterlich
zu ſeegnen. Wir weinten beide — Nach einer
Weile fing ſie an (ich glaub es ſind alles die-
ſes Brodſamen die von ihrem reich beſetzten
Tiſch fielen, Stuͤcke von der verungluͤckten
Rede) „die Lobwuͤrdigſte Fuͤrſtin Henriette
„Louiſe Marggraͤfin zu Brandenburg lies ſich
„dies Lied vorſingen, und obgleich alles um
„ſie herum weinte, ſtarb ſie doch ohne Ach
„und Weh ſanft und ſeelig zu Onolzbach im
„Jahr Chriſti 1650 ihres Alters ſieben und
„zwanzig Jahr. Gott! laß es nur ein
„Stuͤndlein und nicht eine ganze Stunde
„ſeyn, wenn wir heimfahren aus dieſem
„Elend!„ Wir brachten die Folianten zu
Hauſe und meine Mutter ſang ohne zu be-
ſtimmen obs auf Folianten oder aufs Kupfer-
ſtich oder auf alle papierne Monumente und
Denkzettel gezielt waͤre

Man traͤgt eins nach dem andern hin
wohl aus den Augen und aus dem Sinn
die Welt vergiſſet unſer bald
ſey jung oder alt
auch unſrer Ehren mannigfalt

Seyd
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[52/0060] ich ſah, was meine Mutter ſagte und oft! oft! hab ich mein Licht ſo ausbrennen laßen, um dieſes Feſt zu wiederholen. Meine Mutter legte die Haͤnde ſobald alles aus war auf mich, um mich prieſterlich zu ſeegnen. Wir weinten beide — Nach einer Weile fing ſie an (ich glaub es ſind alles die- ſes Brodſamen die von ihrem reich beſetzten Tiſch fielen, Stuͤcke von der verungluͤckten Rede) „die Lobwuͤrdigſte Fuͤrſtin Henriette „Louiſe Marggraͤfin zu Brandenburg lies ſich „dies Lied vorſingen, und obgleich alles um „ſie herum weinte, ſtarb ſie doch ohne Ach „und Weh ſanft und ſeelig zu Onolzbach im „Jahr Chriſti 1650 ihres Alters ſieben und „zwanzig Jahr. Gott! laß es nur ein „Stuͤndlein und nicht eine ganze Stunde „ſeyn, wenn wir heimfahren aus dieſem „Elend!„ Wir brachten die Folianten zu Hauſe und meine Mutter ſang ohne zu be- ſtimmen obs auf Folianten oder aufs Kupfer- ſtich oder auf alle papierne Monumente und Denkzettel gezielt waͤre Man traͤgt eins nach dem andern hin wohl aus den Augen und aus dem Sinn die Welt vergiſſet unſer bald ſey jung oder alt auch unſrer Ehren mannigfalt Seyd

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 1. Berlin, 1778, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe01_1778/60>, abgerufen am 24.11.2024.