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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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es einen intreßirt. Das best' ist, sich selbst
herausdenken, nicht bey Hand und Lehrbü-
chern, sondern bey seinem Genie in die Schule
gehen und ihm Folge leisten, und die Lo-
gik dem natürlichen Gange seines selbst eige-
nen Geistes, so wie die Moral seinem Ge-
wißen, zu verdanken zu haben! Wohl dem,
der sich von allem entkleiden kann, was nicht
er selbst (das letzte Hemde nicht ausgenom-
men) ist! Wohl dem, der seine Willkühr
dem Gesetz der Wahrheit und der Tugend
unterwirft, wohl dem, der Wesen vom
Schein, Schatten vom Licht absondert! Men-
schenfurcht, Menschenehre und den ganzen un-
würdigen Troß von Vorurtheilen, sie mögen
gleich die höchste Stuffe des menschlichen Le-
bens und ihre achtzig erreicht haben, und
mit dem regierenden Hause in Einverständ-
niß leben, vom Hauptpastor kanonisirt, und
vom Profeßore Philosophiae ordinario als ein
Anhang dem Catechismus der Vernunft bey-
gebunden seyn, für das hält, was sie sind
-- Menschensatzungen und Tand! -- --
Wohl --

Alles rationale zusammen genommen,
heißt Metaphysik. Sie ist die Seele der
Philosophie. Die Methapysik enthält Urtheil

des

es einen intreßirt. Das beſt’ iſt, ſich ſelbſt
herausdenken, nicht bey Hand und Lehrbuͤ-
chern, ſondern bey ſeinem Genie in die Schule
gehen und ihm Folge leiſten, und die Lo-
gik dem natuͤrlichen Gange ſeines ſelbſt eige-
nen Geiſtes, ſo wie die Moral ſeinem Ge-
wißen, zu verdanken zu haben! Wohl dem,
der ſich von allem entkleiden kann, was nicht
er ſelbſt (das letzte Hemde nicht ausgenom-
men) iſt! Wohl dem, der ſeine Willkuͤhr
dem Geſetz der Wahrheit und der Tugend
unterwirft, wohl dem, der Weſen vom
Schein, Schatten vom Licht abſondert! Men-
ſchenfurcht, Menſchenehre und den ganzen un-
wuͤrdigen Troß von Vorurtheilen, ſie moͤgen
gleich die hoͤchſte Stuffe des menſchlichen Le-
bens und ihre achtzig erreicht haben, und
mit dem regierenden Hauſe in Einverſtaͤnd-
niß leben, vom Hauptpaſtor kanoniſirt, und
vom Profeßore Philoſophiae ordinario als ein
Anhang dem Catechismus der Vernunft bey-
gebunden ſeyn, fuͤr das haͤlt, was ſie ſind
— Menſchenſatzungen und Tand! — —
Wohl —

Alles rationale zuſammen genommen,
heißt Metaphyſik. Sie iſt die Seele der
Philoſophie. Die Methapyſik enthaͤlt Urtheil

des
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[244/0252] es einen intreßirt. Das beſt’ iſt, ſich ſelbſt herausdenken, nicht bey Hand und Lehrbuͤ- chern, ſondern bey ſeinem Genie in die Schule gehen und ihm Folge leiſten, und die Lo- gik dem natuͤrlichen Gange ſeines ſelbſt eige- nen Geiſtes, ſo wie die Moral ſeinem Ge- wißen, zu verdanken zu haben! Wohl dem, der ſich von allem entkleiden kann, was nicht er ſelbſt (das letzte Hemde nicht ausgenom- men) iſt! Wohl dem, der ſeine Willkuͤhr dem Geſetz der Wahrheit und der Tugend unterwirft, wohl dem, der Weſen vom Schein, Schatten vom Licht abſondert! Men- ſchenfurcht, Menſchenehre und den ganzen un- wuͤrdigen Troß von Vorurtheilen, ſie moͤgen gleich die hoͤchſte Stuffe des menſchlichen Le- bens und ihre achtzig erreicht haben, und mit dem regierenden Hauſe in Einverſtaͤnd- niß leben, vom Hauptpaſtor kanoniſirt, und vom Profeßore Philoſophiae ordinario als ein Anhang dem Catechismus der Vernunft bey- gebunden ſeyn, fuͤr das haͤlt, was ſie ſind — Menſchenſatzungen und Tand! — — Wohl — Alles rationale zuſammen genommen, heißt Metaphyſik. Sie iſt die Seele der Philoſophie. Die Methapyſik enthaͤlt Urtheil des

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 244. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/252>, abgerufen am 22.11.2024.