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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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fahrs war: Seht da, Kinder! So viel Lich-
ter, so viel Mädels, die ich euch unentgeld-
lich laße; indessen will ich wohlmeynend an-
räthig seyn, daß sich jeder eins oder zwey
aussondre, und die andern fahren lasse. Sonst
geht es Euch wie mir! Diese, jene, dort,
hier, die, da, disseits, jenseits, links, rechts,
kurz, in all den Häusern, die ihr seht, sind
Mädchen, die den ganzen ausgeschlagenen
Tag, von früh bis in die sinkende Nacht, im
Fenster liegen und liebäugeln, die guten Din-
ger! Man sieht ihnen den Verdruß an, daß
sie nicht Mittag und Abend am Fenster hal-
ten können! -- Ihr könnt es nicht glauben,
wie die Mädchen unsrer Landsmannschaft
treu, hold und gewärtig sind. Ein Präsent-
chen, und ihr habt das ganze Spiel gewon-
nen. -- Glaubt mir, die all zusammen, wo
ihr Licht seht, waren mein! Sie sahen mich
so steif und fest an, als ob sie mich mit den
Augen faßen wolten! Die guten Dinger!
und ich sahe sie all zusammen so, (der Him-
mel weiß, wie mein Aug' auf diese Art aus-
fiel,) daß jede glaubte, ich sähe nur sie an!
Ich regierte hier wie Sultan, hol mich der
Teufel! nur daß jedes Fenster glaubte, es
hätte mein Schnupftuch. -- Die guten Din-

ger!
Zweiter Th. R

fahrs war: Seht da, Kinder! So viel Lich-
ter, ſo viel Maͤdels, die ich euch unentgeld-
lich laße; indeſſen will ich wohlmeynend an-
raͤthig ſeyn, daß ſich jeder eins oder zwey
ausſondre, und die andern fahren laſſe. Sonſt
geht es Euch wie mir! Dieſe, jene, dort,
hier, die, da, diſſeits, jenſeits, links, rechts,
kurz, in all den Haͤuſern, die ihr ſeht, ſind
Maͤdchen, die den ganzen ausgeſchlagenen
Tag, von fruͤh bis in die ſinkende Nacht, im
Fenſter liegen und liebaͤugeln, die guten Din-
ger! Man ſieht ihnen den Verdruß an, daß
ſie nicht Mittag und Abend am Fenſter hal-
ten koͤnnen! — Ihr koͤnnt es nicht glauben,
wie die Maͤdchen unſrer Landsmannſchaft
treu, hold und gewaͤrtig ſind. Ein Praͤſent-
chen, und ihr habt das ganze Spiel gewon-
nen. — Glaubt mir, die all zuſammen, wo
ihr Licht ſeht, waren mein! Sie ſahen mich
ſo ſteif und feſt an, als ob ſie mich mit den
Augen faßen wolten! Die guten Dinger!
und ich ſahe ſie all zuſammen ſo, (der Him-
mel weiß, wie mein Aug’ auf dieſe Art aus-
fiel,) daß jede glaubte, ich ſaͤhe nur ſie an!
Ich regierte hier wie Sultan, hol mich der
Teufel! nur daß jedes Fenſter glaubte, es
haͤtte mein Schnupftuch. — Die guten Din-

ger!
Zweiter Th. R
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[257/0265] fahrs war: Seht da, Kinder! So viel Lich- ter, ſo viel Maͤdels, die ich euch unentgeld- lich laße; indeſſen will ich wohlmeynend an- raͤthig ſeyn, daß ſich jeder eins oder zwey ausſondre, und die andern fahren laſſe. Sonſt geht es Euch wie mir! Dieſe, jene, dort, hier, die, da, diſſeits, jenſeits, links, rechts, kurz, in all den Haͤuſern, die ihr ſeht, ſind Maͤdchen, die den ganzen ausgeſchlagenen Tag, von fruͤh bis in die ſinkende Nacht, im Fenſter liegen und liebaͤugeln, die guten Din- ger! Man ſieht ihnen den Verdruß an, daß ſie nicht Mittag und Abend am Fenſter hal- ten koͤnnen! — Ihr koͤnnt es nicht glauben, wie die Maͤdchen unſrer Landsmannſchaft treu, hold und gewaͤrtig ſind. Ein Praͤſent- chen, und ihr habt das ganze Spiel gewon- nen. — Glaubt mir, die all zuſammen, wo ihr Licht ſeht, waren mein! Sie ſahen mich ſo ſteif und feſt an, als ob ſie mich mit den Augen faßen wolten! Die guten Dinger! und ich ſahe ſie all zuſammen ſo, (der Him- mel weiß, wie mein Aug’ auf dieſe Art aus- fiel,) daß jede glaubte, ich ſaͤhe nur ſie an! Ich regierte hier wie Sultan, hol mich der Teufel! nur daß jedes Fenſter glaubte, es haͤtte mein Schnupftuch. — Die guten Din- ger! Zweiter Th. R

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 257. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/265>, abgerufen am 22.11.2024.