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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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"ich bin krank, komm deinen Vater sehen,
"denn vielleicht stirbt er, damit er dich
"segne. --"

Das war der abscheuliche Inhalt eines
Briefes, den ein Mann schreiben konnte, in
dessen Mark Gichtgift verborgen lag, das oft,
eh' er sichs versah, aufgährte! Der mit fey-
erlichen Gott anrufenden Blicken geschworen
hatte. -- O Herrmann, konntest du so mit
dem väterlichen Segen spotten, und so mit
dem Tode? und so mit Eyden?

Mit diesem Brief' ein sehr gemeines
Fuhrwerk, um alles desto glaubwürdiger zu
belägen -- und die Sache desto klüglicher zu
machen. Man wolte durch diesen Einfall den
vorigen zu plumpen Plan ausputzen, und in
einem elenden Zimmer Schildereyen auf-
schlagen. --

Mine schrieb sehr kalt an ihren Va-
ter, bedaurete seine Zufälle, kommen würde
sie nicht, die Ursachen müßten ihm erin-
nerlich seyn, sie hoff' er würde sein Verspre-
chen erfüllen, und hiemit: leben Sie wohl! --

Dieser Brief machte dem Herrmann na-
türlich sehr viele Mühe, um sich herauszu-
winden; denn er hatt' aller seiner Betheu-
rungen unerachtet, auf den ersten gegensei-

tigen
„ich bin krank, komm deinen Vater ſehen,
„denn vielleicht ſtirbt er, damit er dich
„ſegne. —„

Das war der abſcheuliche Inhalt eines
Briefes, den ein Mann ſchreiben konnte, in
deſſen Mark Gichtgift verborgen lag, das oft,
eh’ er ſichs verſah, aufgaͤhrte! Der mit fey-
erlichen Gott anrufenden Blicken geſchworen
hatte. — O Herrmann, konnteſt du ſo mit
dem vaͤterlichen Segen ſpotten, und ſo mit
dem Tode? und ſo mit Eyden?

Mit dieſem Brief’ ein ſehr gemeines
Fuhrwerk, um alles deſto glaubwuͤrdiger zu
belaͤgen — und die Sache deſto kluͤglicher zu
machen. Man wolte durch dieſen Einfall den
vorigen zu plumpen Plan ausputzen, und in
einem elenden Zimmer Schildereyen auf-
ſchlagen. —

Mine ſchrieb ſehr kalt an ihren Va-
ter, bedaurete ſeine Zufaͤlle, kommen wuͤrde
ſie nicht, die Urſachen muͤßten ihm erin-
nerlich ſeyn, ſie hoff’ er wuͤrde ſein Verſpre-
chen erfuͤllen, und hiemit: leben Sie wohl! —

Dieſer Brief machte dem Herrmann na-
tuͤrlich ſehr viele Muͤhe, um ſich herauszu-
winden; denn er hatt’ aller ſeiner Betheu-
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[324/0332] „ich bin krank, komm deinen Vater ſehen, „denn vielleicht ſtirbt er, damit er dich „ſegne. —„ Das war der abſcheuliche Inhalt eines Briefes, den ein Mann ſchreiben konnte, in deſſen Mark Gichtgift verborgen lag, das oft, eh’ er ſichs verſah, aufgaͤhrte! Der mit fey- erlichen Gott anrufenden Blicken geſchworen hatte. — O Herrmann, konnteſt du ſo mit dem vaͤterlichen Segen ſpotten, und ſo mit dem Tode? und ſo mit Eyden? Mit dieſem Brief’ ein ſehr gemeines Fuhrwerk, um alles deſto glaubwuͤrdiger zu belaͤgen — und die Sache deſto kluͤglicher zu machen. Man wolte durch dieſen Einfall den vorigen zu plumpen Plan ausputzen, und in einem elenden Zimmer Schildereyen auf- ſchlagen. — Mine ſchrieb ſehr kalt an ihren Va- ter, bedaurete ſeine Zufaͤlle, kommen wuͤrde ſie nicht, die Urſachen muͤßten ihm erin- nerlich ſeyn, ſie hoff’ er wuͤrde ſein Verſpre- chen erfuͤllen, und hiemit: leben Sie wohl! — Dieſer Brief machte dem Herrmann na- tuͤrlich ſehr viele Muͤhe, um ſich herauszu- winden; denn er hatt’ aller ſeiner Betheu- rungen unerachtet, auf den erſten gegenſei- tigen

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/332>, abgerufen am 22.11.2024.