Paris und andern Orten essen die Schäfchen aus der Hand. Nur ganz zuletzt in Kö- nigsberg hab' ich Ihnen ein Mädchen -- mündlich mehr! Einen so langen Brief hab' ich, seitdem ich schreiben kann, nicht ge- schrieben. Wär Minchen nicht der Inhalt; so müßte mich der Teufel plagen, so viel zu schreiben. Das Testamentsfräulein soll bey meiner Seel keinen über sechs Reihen besitzen. Haben Sie nicht was guts von Liebesbrief- steller? damit ich draus ein Paar Briefe für die S. abschreiben kann. Ich hab' aus vie- len Gründen, und auch darum, an Sie ge- schrieben, weil ich dich kenne du verzagter argwöhnscher Hund! Nun hast du doch was schriftliches in der Hand, und kannst mich vor allen Gerichten knäbeln. Neu ists bey alledem, daß meine Testamentsbraut die Courtage für Minchen bezahlt. Glaubt mir Herrmann! ich meyn' es ehrlich mit Minen. Man wird von Tag zu Tag älter, und muß solide denken. -- Wenn der Pastor uns, S. und mich, traut; laß Mine dabey stehen. Der Testamentsfräulein geb' ich zwar die Hand, denn das bringt die Ceremonie so mit; aber Minen will ich ein ganzes Aug voll Jas schenken, und hol mich der Teufel,
ich
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Paris und andern Orten eſſen die Schaͤfchen aus der Hand. Nur ganz zuletzt in Koͤ- nigsberg hab’ ich Ihnen ein Maͤdchen — muͤndlich mehr! Einen ſo langen Brief hab’ ich, ſeitdem ich ſchreiben kann, nicht ge- ſchrieben. Waͤr Minchen nicht der Inhalt; ſo muͤßte mich der Teufel plagen, ſo viel zu ſchreiben. Das Teſtamentsfraͤulein ſoll bey meiner Seel keinen uͤber ſechs Reihen beſitzen. Haben Sie nicht was guts von Liebesbrief- ſteller? damit ich draus ein Paar Briefe fuͤr die S. abſchreiben kann. Ich hab’ aus vie- len Gruͤnden, und auch darum, an Sie ge- ſchrieben, weil ich dich kenne du verzagter argwoͤhnſcher Hund! Nun haſt du doch was ſchriftliches in der Hand, und kannſt mich vor allen Gerichten knaͤbeln. Neu iſts bey alledem, daß meine Teſtamentsbraut die Courtage fuͤr Minchen bezahlt. Glaubt mir Herrmann! ich meyn’ es ehrlich mit Minen. Man wird von Tag zu Tag aͤlter, und muß ſolide denken. — Wenn der Paſtor uns, S. und mich, traut; laß Mine dabey ſtehen. Der Teſtamentsfraͤulein geb’ ich zwar die Hand, denn das bringt die Ceremonie ſo mit; aber Minen will ich ein ganzes Aug voll Jas ſchenken, und hol mich der Teufel,
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Paris und andern Orten eſſen die Schaͤfchen
aus der Hand. Nur ganz zuletzt in Koͤ-
nigsberg hab’ ich Ihnen ein Maͤdchen —
muͤndlich mehr! Einen ſo langen Brief hab’
ich, ſeitdem ich ſchreiben kann, nicht ge-
ſchrieben. Waͤr Minchen nicht der Inhalt;
ſo muͤßte mich der Teufel plagen, ſo viel zu
ſchreiben. Das Teſtamentsfraͤulein ſoll bey
meiner Seel keinen uͤber ſechs Reihen beſitzen.
Haben Sie nicht was guts von Liebesbrief-
ſteller? damit ich draus ein Paar Briefe fuͤr
die S. abſchreiben kann. Ich hab’ aus vie-
len Gruͤnden, und auch darum, an Sie ge-
ſchrieben, weil ich dich kenne du verzagter
argwoͤhnſcher Hund! Nun haſt du doch was
ſchriftliches in der Hand, und kannſt mich
vor allen Gerichten knaͤbeln. Neu iſts bey
alledem, daß meine Teſtamentsbraut die
Courtage fuͤr Minchen bezahlt. Glaubt mir
Herrmann! ich meyn’ es ehrlich mit Minen.
Man wird von Tag zu Tag aͤlter, und muß
ſolide denken. — Wenn der Paſtor uns, S.
und mich, traut; laß Mine dabey ſtehen.
Der Teſtamentsfraͤulein geb’ ich zwar die
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 343. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/351>, abgerufen am 22.11.2024.
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