kannte, und daß er in Königsberg mein Beichtvater wäre, so wie er es in L -- von Minen gewesen.
Ich darf, nach diesem Umstande, es meinen Lesern nicht näher legen, daß dieser Bruder eben der königliche Rath, der Men- schenleser, war, mit einer ofnen, weit of- nen Stirn, schwarzem Haar, und einem Aug', in dem man ihn zwar im Kleinen, al- lein doch ganz sahe, und dessen Abendgesell- schaften aus einem Officier, einem Collegen, einem Prediger, einem Professor, und mir bestanden.
Der königliche Rath -- hatte nicht nö- thig, mich zu erfragen. Er ließ mir sagen, daß er gern den Abend mit mir theilen möchte. Ich kam, und fand nicht den Collegen, den Prediger und Professor, sondern blos ihn! -- Mit einer Klugheit, die ihres gleichen nicht hat, bracht er mich auf meine Liebe, wovon sein Bruder ihm, wiewohl nur ge- rade so viel, als ihm höchst nöthig zu seinem Auftrage war, entdeckt hatte! Ich wuste wo ich war. -- Deutlich vermuthet' ich aus ei- nigen Stellen unsers Gesprächs, daß der kö- nigliche Rath von meiner Geschicht' unter- richtet war. Das Vierteljahr, und noch
viele
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kannte, und daß er in Koͤnigsberg mein Beichtvater waͤre, ſo wie er es in L — von Minen geweſen.
Ich darf, nach dieſem Umſtande, es meinen Leſern nicht naͤher legen, daß dieſer Bruder eben der koͤnigliche Rath, der Men- ſchenleſer, war, mit einer ofnen, weit of- nen Stirn, ſchwarzem Haar, und einem Aug’, in dem man ihn zwar im Kleinen, al- lein doch ganz ſahe, und deſſen Abendgeſell- ſchaften aus einem Officier, einem Collegen, einem Prediger, einem Profeſſor, und mir beſtanden.
Der koͤnigliche Rath — hatte nicht noͤ- thig, mich zu erfragen. Er ließ mir ſagen, daß er gern den Abend mit mir theilen moͤchte. Ich kam, und fand nicht den Collegen, den Prediger und Profeſſor, ſondern blos ihn! — Mit einer Klugheit, die ihres gleichen nicht hat, bracht er mich auf meine Liebe, wovon ſein Bruder ihm, wiewohl nur ge- rade ſo viel, als ihm hoͤchſt noͤthig zu ſeinem Auftrage war, entdeckt hatte! Ich wuſte wo ich war. — Deutlich vermuthet’ ich aus ei- nigen Stellen unſers Geſpraͤchs, daß der koͤ- nigliche Rath von meiner Geſchicht’ unter- richtet war. Das Vierteljahr, und noch
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kannte, und daß er in Koͤnigsberg mein
Beichtvater waͤre, ſo wie er es in L — von
Minen geweſen.
Ich darf, nach dieſem Umſtande, es
meinen Leſern nicht naͤher legen, daß dieſer
Bruder eben der koͤnigliche Rath, der Men-
ſchenleſer, war, mit einer ofnen, weit of-
nen Stirn, ſchwarzem Haar, und einem
Aug’, in dem man ihn zwar im Kleinen, al-
lein doch ganz ſahe, und deſſen Abendgeſell-
ſchaften aus einem Officier, einem Collegen,
einem Prediger, einem Profeſſor, und mir
beſtanden.
Der koͤnigliche Rath — hatte nicht noͤ-
thig, mich zu erfragen. Er ließ mir ſagen,
daß er gern den Abend mit mir theilen moͤchte.
Ich kam, und fand nicht den Collegen, den
Prediger und Profeſſor, ſondern blos ihn!
— Mit einer Klugheit, die ihres gleichen
nicht hat, bracht er mich auf meine Liebe,
wovon ſein Bruder ihm, wiewohl nur ge-
rade ſo viel, als ihm hoͤchſt noͤthig zu ſeinem
Auftrage war, entdeckt hatte! Ich wuſte wo
ich war. — Deutlich vermuthet’ ich aus ei-
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 517. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/527>, abgerufen am 22.11.2024.
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