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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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eine Glatze bekommt und blätterlos wird. --
Laßt ihn, er ist mit mir verwandt. Er heißt
Caspar. Und wenn ich mit dem rechten
Caspar im Himmel zusammen komme, will
ich es seinem Milchbruder erzählen, daß der
Baum noch vor dem väterlichen Hause stehe.
Ich weine nicht mehr *).


Der Krieger ist gefallen, doch fiel er?
Nein, er sank. Wer fält, hat das Herz ver-
loren, und man braucht das Herz bis auf den
lezten Lebenshauch. Er sank! Allmählig kam
er zur Erde. Hört es, Krieger, die mit ihm
lebtet und nach ihm leben werdet. Nicht
der Feind, nicht der Feind, sondern der Tod
hat ihn übermannt. Unser Held hatte den
lezten Schlag. Den Krieger schlug er, der
ihm den Todesschlag gab, und der fiel, aber
unser Held nicht. Unser -- sank. Die
Sonne geht allmählig unter. Seht ihn,
wie langsam er sich zum Staube neigt. Zum
Staube, ein Held. Kommt! Kommt! Laßt
uns unter sein schwindelndes Haupt einen

bemo-
*) Dieses Stück war Gretchen, des Predigers Toch-
ter in L --, Liebling. Sie besaß es, wie sie
sich zu mir ausdrückte, schriftlich und münd-
lich. Sie hatt' es abgeschrieben und wußt' es
auswendig, -- Das gute Mädchen fand etwas
ähnliches von der mütterlichen Linde drinn. -- --
O o 3

eine Glatze bekommt und blaͤtterlos wird. —
Laßt ihn, er iſt mit mir verwandt. Er heißt
Caſpar. Und wenn ich mit dem rechten
Caſpar im Himmel zuſammen komme, will
ich es ſeinem Milchbruder erzaͤhlen, daß der
Baum noch vor dem vaͤterlichen Hauſe ſtehe.
Ich weine nicht mehr *).


Der Krieger iſt gefallen, doch fiel er?
Nein, er ſank. Wer faͤlt, hat das Herz ver-
loren, und man braucht das Herz bis auf den
lezten Lebenshauch. Er ſank! Allmaͤhlig kam
er zur Erde. Hoͤrt es, Krieger, die mit ihm
lebtet und nach ihm leben werdet. Nicht
der Feind, nicht der Feind, ſondern der Tod
hat ihn uͤbermannt. Unſer Held hatte den
lezten Schlag. Den Krieger ſchlug er, der
ihm den Todesſchlag gab, und der fiel, aber
unſer Held nicht. Unſer — ſank. Die
Sonne geht allmaͤhlig unter. Seht ihn,
wie langſam er ſich zum Staube neigt. Zum
Staube, ein Held. Kommt! Kommt! Laßt
uns unter ſein ſchwindelndes Haupt einen

bemo-
*) Dieſes Stuͤck war Gretchen, des Predigers Toch-
ter in L —, Liebling. Sie beſaß es, wie ſie
ſich zu mir ausdruͤckte, ſchriftlich und muͤnd-
lich. Sie hatt’ es abgeſchrieben und wußt’ es
auswendig, — Das gute Maͤdchen fand etwas
aͤhnliches von der muͤtterlichen Linde drinn. — —
O o 3
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[581/0593] eine Glatze bekommt und blaͤtterlos wird. — Laßt ihn, er iſt mit mir verwandt. Er heißt Caſpar. Und wenn ich mit dem rechten Caſpar im Himmel zuſammen komme, will ich es ſeinem Milchbruder erzaͤhlen, daß der Baum noch vor dem vaͤterlichen Hauſe ſtehe. Ich weine nicht mehr *). Der Krieger iſt gefallen, doch fiel er? Nein, er ſank. Wer faͤlt, hat das Herz ver- loren, und man braucht das Herz bis auf den lezten Lebenshauch. Er ſank! Allmaͤhlig kam er zur Erde. Hoͤrt es, Krieger, die mit ihm lebtet und nach ihm leben werdet. Nicht der Feind, nicht der Feind, ſondern der Tod hat ihn uͤbermannt. Unſer Held hatte den lezten Schlag. Den Krieger ſchlug er, der ihm den Todesſchlag gab, und der fiel, aber unſer Held nicht. Unſer — ſank. Die Sonne geht allmaͤhlig unter. Seht ihn, wie langſam er ſich zum Staube neigt. Zum Staube, ein Held. Kommt! Kommt! Laßt uns unter ſein ſchwindelndes Haupt einen bemo- *) Dieſes Stuͤck war Gretchen, des Predigers Toch- ter in L —, Liebling. Sie beſaß es, wie ſie ſich zu mir ausdruͤckte, ſchriftlich und muͤnd- lich. Sie hatt’ es abgeſchrieben und wußt’ es auswendig, — Das gute Maͤdchen fand etwas aͤhnliches von der muͤtterlichen Linde drinn. — — O o 3

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 581. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/593>, abgerufen am 21.11.2024.