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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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die Ehre, seine kleine Braut gerettet zu ha-
ben. Er lies mich merken, daß im Hof-
dorf' ein schmuckes Mädchen wäre, so wie
Fräulein v. W. wie er sich ausdrückt' in die-
sem Jammerthal nicht werden würde, und
wenn Herr v. W. nicht ein Gut hätte, das
er ihm gleich, ohne sich selbst zu entblößen,
nach ritterlich überwundenen academischen
Jahren überlaßen könnte; so würd' er, aus-
ser dem schmucken Mädchen im Hofdorfe,
schon eine Frau finden. Ich sprach viel von
der guten Gemüthsart der Kleinen, und der
edlen Gemüthsart ihrer Mutter; allein dies
schien ihm gegen das Gut, das er nach über-
wundenen Universitätsjahren zu bejagen ge-
dächte, eine unbedeutende Kleinigkeit zu
seyn.

Obgleich der Vorfall mit Lorchen mir
eben keinen glücklichen Erfolg über eine Pre-
digt erwarten lies, die ich meinem künftigen
Kirchenpatron zu halten entschloßen war;
so wolt' ich doch nicht alle Hofnung aufgeben.
Meine Leser wißen schon, daß ich während
dem Anlegen auf die Bekehrung meines jetzi-
gen Reisegefehrten und künftigen Gönners
gezielt hatte, und wer hält nicht gern eine
Predigt, die er im Concept hat?

Bruder,

die Ehre, ſeine kleine Braut gerettet zu ha-
ben. Er lies mich merken, daß im Hof-
dorf’ ein ſchmuckes Maͤdchen waͤre, ſo wie
Fraͤulein v. W. wie er ſich ausdruͤckt’ in die-
ſem Jammerthal nicht werden wuͤrde, und
wenn Herr v. W. nicht ein Gut haͤtte, das
er ihm gleich, ohne ſich ſelbſt zu entbloͤßen,
nach ritterlich uͤberwundenen academiſchen
Jahren uͤberlaßen koͤnnte; ſo wuͤrd’ er, auſ-
ſer dem ſchmucken Maͤdchen im Hofdorfe,
ſchon eine Frau finden. Ich ſprach viel von
der guten Gemuͤthsart der Kleinen, und der
edlen Gemuͤthsart ihrer Mutter; allein dies
ſchien ihm gegen das Gut, das er nach uͤber-
wundenen Univerſitaͤtsjahren zu bejagen ge-
daͤchte, eine unbedeutende Kleinigkeit zu
ſeyn.

Obgleich der Vorfall mit Lorchen mir
eben keinen gluͤcklichen Erfolg uͤber eine Pre-
digt erwarten lies, die ich meinem kuͤnftigen
Kirchenpatron zu halten entſchloßen war;
ſo wolt’ ich doch nicht alle Hofnung aufgeben.
Meine Leſer wißen ſchon, daß ich waͤhrend
dem Anlegen auf die Bekehrung meines jetzi-
gen Reiſegefehrten und kuͤnftigen Goͤnners
gezielt hatte, und wer haͤlt nicht gern eine
Predigt, die er im Concept hat?

Bruder,
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[58/0064] die Ehre, ſeine kleine Braut gerettet zu ha- ben. Er lies mich merken, daß im Hof- dorf’ ein ſchmuckes Maͤdchen waͤre, ſo wie Fraͤulein v. W. wie er ſich ausdruͤckt’ in die- ſem Jammerthal nicht werden wuͤrde, und wenn Herr v. W. nicht ein Gut haͤtte, das er ihm gleich, ohne ſich ſelbſt zu entbloͤßen, nach ritterlich uͤberwundenen academiſchen Jahren uͤberlaßen koͤnnte; ſo wuͤrd’ er, auſ- ſer dem ſchmucken Maͤdchen im Hofdorfe, ſchon eine Frau finden. Ich ſprach viel von der guten Gemuͤthsart der Kleinen, und der edlen Gemuͤthsart ihrer Mutter; allein dies ſchien ihm gegen das Gut, das er nach uͤber- wundenen Univerſitaͤtsjahren zu bejagen ge- daͤchte, eine unbedeutende Kleinigkeit zu ſeyn. Obgleich der Vorfall mit Lorchen mir eben keinen gluͤcklichen Erfolg uͤber eine Pre- digt erwarten lies, die ich meinem kuͤnftigen Kirchenpatron zu halten entſchloßen war; ſo wolt’ ich doch nicht alle Hofnung aufgeben. Meine Leſer wißen ſchon, daß ich waͤhrend dem Anlegen auf die Bekehrung meines jetzi- gen Reiſegefehrten und kuͤnftigen Goͤnners gezielt hatte, und wer haͤlt nicht gern eine Predigt, die er im Concept hat? Bruder,

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 58. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/64>, abgerufen am 23.11.2024.