sitzt höchstens eine Stund' am Tisch. Wer schläft aber nicht gern seine sieben Stunden?
Manche Blüthe, die schon angesetzt hat, fällt ab, weil ein böser Junge, indem er nach einem Vogel wirft, die kernfrische Blüte trift. Viele vergeuden ihre Jugendkräfte, und sind Lebensdurchbringer -- -- Wie der Baum fält, so bleibt er auch liegen! Sorget nicht für den andern Morgen, sonst verlieret ihr den heutigen und den folgenden Tag, und wer weiß, ist nicht der Tag, da ihr am mei- sten für den folgenden sorget, eu'r jüngster, eu'r lezter Tag! --
Hiemit verlassen wir dieses Grab! Gewiß, Freunde, ein denkwürdiges Grab! -- Flieg vorbey, du Geyer und Habicht, und wenn du in diese kalte Gegend, (wo der D. Luther gewiß an Holz in der vierten Bitte gedacht hätte, wenn er in L -- Organist gewesen,) wenn, sag' ich, du in diese kalte Gegend dich verirren soltest, auch du, Adler! -- und all ihr unheilige Vögel! allein ihr heilige, Nach- tigall! Lerche! und Schwalbe! setzt euch auf dies Grab, wärs auch nur, weil Christen- leute Minen das Geleit gegeben und an ihre Brust geschlagen und gebetet:
Was
Zweiter Th. T t
ſitzt hoͤchſtens eine Stund’ am Tiſch. Wer ſchlaͤft aber nicht gern ſeine ſieben Stunden?
Manche Bluͤthe, die ſchon angeſetzt hat, faͤllt ab, weil ein boͤſer Junge, indem er nach einem Vogel wirft, die kernfriſche Bluͤte trift. Viele vergeuden ihre Jugendkraͤfte, und ſind Lebensdurchbringer — — Wie der Baum faͤlt, ſo bleibt er auch liegen! Sorget nicht fuͤr den andern Morgen, ſonſt verlieret ihr den heutigen und den folgenden Tag, und wer weiß, iſt nicht der Tag, da ihr am mei- ſten fuͤr den folgenden ſorget, eu’r juͤngſter, eu’r lezter Tag! —
Hiemit verlaſſen wir dieſes Grab! Gewiß, Freunde, ein denkwuͤrdiges Grab! — Flieg vorbey, du Geyer und Habicht, und wenn du in dieſe kalte Gegend, (wo der D. Luther gewiß an Holz in der vierten Bitte gedacht haͤtte, wenn er in L — Organiſt geweſen,) wenn, ſag’ ich, du in dieſe kalte Gegend dich verirren ſolteſt, auch du, Adler! — und all ihr unheilige Voͤgel! allein ihr heilige, Nach- tigall! Lerche! und Schwalbe! ſetzt euch auf dies Grab, waͤrs auch nur, weil Chriſten- leute Minen das Geleit gegeben und an ihre Bruſt geſchlagen und gebetet:
Was
Zweiter Th. T t
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ſitzt hoͤchſtens eine Stund’ am Tiſch. Wer
ſchlaͤft aber nicht gern ſeine ſieben Stunden?
Manche Bluͤthe, die ſchon angeſetzt hat,
faͤllt ab, weil ein boͤſer Junge, indem er nach
einem Vogel wirft, die kernfriſche Bluͤte trift.
Viele vergeuden ihre Jugendkraͤfte, und ſind
Lebensdurchbringer — — Wie der Baum
faͤlt, ſo bleibt er auch liegen! Sorget nicht
fuͤr den andern Morgen, ſonſt verlieret ihr
den heutigen und den folgenden Tag, und
wer weiß, iſt nicht der Tag, da ihr am mei-
ſten fuͤr den folgenden ſorget, eu’r juͤngſter,
eu’r lezter Tag! —
Hiemit verlaſſen wir dieſes Grab! Gewiß,
Freunde, ein denkwuͤrdiges Grab! — Flieg
vorbey, du Geyer und Habicht, und wenn
du in dieſe kalte Gegend, (wo der D. Luther
gewiß an Holz in der vierten Bitte gedacht
haͤtte, wenn er in L — Organiſt geweſen,)
wenn, ſag’ ich, du in dieſe kalte Gegend dich
verirren ſolteſt, auch du, Adler! — und all
ihr unheilige Voͤgel! allein ihr heilige, Nach-
tigall! Lerche! und Schwalbe! ſetzt euch auf
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 657. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/671>, abgerufen am 24.11.2024.
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