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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779.

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von der Gemüthsart der Menschen. Der
Standpunkt thut bey Seel und Leib viel, sehr
viel! alles! -- Die misantropische Laune,
wolt er fortfahren, da ihm wieder sein
Sohn und das Fräulein Lorchen einfiel. --
Diesmal aber, wie mich dünkt, zum Vor-
theil meines Reisegefehrten. --

Es ward von der Donquichotterie und
den Windmühlen und verfluchten Schlößern
in der Liebe gesprochen. Jede Lüge, ward
bemerkt, hat was richtiges in sich, sonst
würd sie kein Mensch anhören und ausste-
hen können. (Meine Mutter nahm hier-
aus den Beweis, daß es am Ende Gespen-
ster gäbe.) Die Feenmärchen wurden ana-
tomirt, und die Naturtheilchen abgesondert.

Wo ist, ward gefragt, ein feu'rfangen-
der Jüngling, der nicht bis ins ein und
zwanzigste Jahr wünscht, daß der Vater sei-
ner Schönen abbrennen möchte, um die Ge-
liebte aus dem Feuer zu retten? Es sind
ihm diese Lebensgüter
(wie meine Mutter singen würde)

eine Hand
blanker Sand,
Kummer der Gemüther.
Nackt
E 3

von der Gemuͤthsart der Menſchen. Der
Standpunkt thut bey Seel und Leib viel, ſehr
viel! alles! — Die miſantropiſche Laune,
wolt er fortfahren, da ihm wieder ſein
Sohn und das Fraͤulein Lorchen einfiel. —
Diesmal aber, wie mich duͤnkt, zum Vor-
theil meines Reiſegefehrten. —

Es ward von der Donquichotterie und
den Windmuͤhlen und verfluchten Schloͤßern
in der Liebe geſprochen. Jede Luͤge, ward
bemerkt, hat was richtiges in ſich, ſonſt
wuͤrd ſie kein Menſch anhoͤren und ausſte-
hen koͤnnen. (Meine Mutter nahm hier-
aus den Beweis, daß es am Ende Geſpen-
ſter gaͤbe.) Die Feenmaͤrchen wurden ana-
tomirt, und die Naturtheilchen abgeſondert.

Wo iſt, ward gefragt, ein feu’rfangen-
der Juͤngling, der nicht bis ins ein und
zwanzigſte Jahr wuͤnſcht, daß der Vater ſei-
ner Schoͤnen abbrennen moͤchte, um die Ge-
liebte aus dem Feuer zu retten? Es ſind
ihm dieſe Lebensguͤter
(wie meine Mutter ſingen wuͤrde)

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blanker Sand,
Kummer der Gemuͤther.
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[69/0075] von der Gemuͤthsart der Menſchen. Der Standpunkt thut bey Seel und Leib viel, ſehr viel! alles! — Die miſantropiſche Laune, wolt er fortfahren, da ihm wieder ſein Sohn und das Fraͤulein Lorchen einfiel. — Diesmal aber, wie mich duͤnkt, zum Vor- theil meines Reiſegefehrten. — Es ward von der Donquichotterie und den Windmuͤhlen und verfluchten Schloͤßern in der Liebe geſprochen. Jede Luͤge, ward bemerkt, hat was richtiges in ſich, ſonſt wuͤrd ſie kein Menſch anhoͤren und ausſte- hen koͤnnen. (Meine Mutter nahm hier- aus den Beweis, daß es am Ende Geſpen- ſter gaͤbe.) Die Feenmaͤrchen wurden ana- tomirt, und die Naturtheilchen abgeſondert. Wo iſt, ward gefragt, ein feu’rfangen- der Juͤngling, der nicht bis ins ein und zwanzigſte Jahr wuͤnſcht, daß der Vater ſei- ner Schoͤnen abbrennen moͤchte, um die Ge- liebte aus dem Feuer zu retten? Es ſind ihm dieſe Lebensguͤter (wie meine Mutter ſingen wuͤrde) eine Hand blanker Sand, Kummer der Gemuͤther. Nackt E 3

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 2. Berlin, 1779, S. 69. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe02_1779/75>, abgerufen am 23.11.2024.