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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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da sie rief, daß sie Strahlen aus ihren Au-
gen warf. Die Augenbraunen giengen so
schnell in die Höhe, als wenn man Fenster-
vorhänge durch Schnellfedern zieht. Ein
Romanheld würde die Neugierde seiner Leser
und Leserinnen noch wenigstens ein paar Sei-
ten erhitzen, und ihnen alsdenn einen Labe-
trunk geben, so ungesund es gleich ist, in vol-
ler Hitze zu trinken. Ich sage gerade zu:
die Krippenritterin, verstoßen,
verworfen
von ihrem Ehemann, und im
Begrif, irgendwo den Tod zu suchen, Gott-
lob, setzte sie hinzu, da sie diesen Umstand er-
zählte, daß der Tod mich ohne mein Verdienst
und Würdigkeit bey Ew. Hochgebohrnen in
Empfang nehmen will. Ich bitte, fiel der
Graf ein, Hochgebohrnen weg. -- -- Hier
zu Lande sind wir nur schriftlich Hochgebohr-
ne. Ich dachte bey dieser Gelegenheit an den
Ordensengel und die Wapen und die Feder-
büsche. Dieser Eingrif setzte die Curlände-
rin in eine kleine Unordnung. Nach einigem
Stillstande fuhr sie fort. So ein schönes
rendez-vous war ich vom Tode nicht erwar-
tend. Sie dankte dem Grafen mit einem
Blick, daß ich völlig einsahe, wie viel sie mit
ihrem Auge vermochte. --

Ich

da ſie rief, daß ſie Strahlen aus ihren Au-
gen warf. Die Augenbraunen giengen ſo
ſchnell in die Hoͤhe, als wenn man Fenſter-
vorhaͤnge durch Schnellfedern zieht. Ein
Romanheld wuͤrde die Neugierde ſeiner Leſer
und Leſerinnen noch wenigſtens ein paar Sei-
ten erhitzen, und ihnen alsdenn einen Labe-
trunk geben, ſo ungeſund es gleich iſt, in vol-
ler Hitze zu trinken. Ich ſage gerade zu:
die Krippenritterin, verſtoßen,
verworfen
von ihrem Ehemann, und im
Begrif, irgendwo den Tod zu ſuchen, Gott-
lob, ſetzte ſie hinzu, da ſie dieſen Umſtand er-
zaͤhlte, daß der Tod mich ohne mein Verdienſt
und Wuͤrdigkeit bey Ew. Hochgebohrnen in
Empfang nehmen will. Ich bitte, fiel der
Graf ein, Hochgebohrnen weg. — — Hier
zu Lande ſind wir nur ſchriftlich Hochgebohr-
ne. Ich dachte bey dieſer Gelegenheit an den
Ordensengel und die Wapen und die Feder-
buͤſche. Dieſer Eingrif ſetzte die Curlaͤnde-
rin in eine kleine Unordnung. Nach einigem
Stillſtande fuhr ſie fort. So ein ſchoͤnes
rendez-vous war ich vom Tode nicht erwar-
tend. Sie dankte dem Grafen mit einem
Blick, daß ich voͤllig einſahe, wie viel ſie mit
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[107/0113] da ſie rief, daß ſie Strahlen aus ihren Au- gen warf. Die Augenbraunen giengen ſo ſchnell in die Hoͤhe, als wenn man Fenſter- vorhaͤnge durch Schnellfedern zieht. Ein Romanheld wuͤrde die Neugierde ſeiner Leſer und Leſerinnen noch wenigſtens ein paar Sei- ten erhitzen, und ihnen alsdenn einen Labe- trunk geben, ſo ungeſund es gleich iſt, in vol- ler Hitze zu trinken. Ich ſage gerade zu: die Krippenritterin, verſtoßen, verworfen von ihrem Ehemann, und im Begrif, irgendwo den Tod zu ſuchen, Gott- lob, ſetzte ſie hinzu, da ſie dieſen Umſtand er- zaͤhlte, daß der Tod mich ohne mein Verdienſt und Wuͤrdigkeit bey Ew. Hochgebohrnen in Empfang nehmen will. Ich bitte, fiel der Graf ein, Hochgebohrnen weg. — — Hier zu Lande ſind wir nur ſchriftlich Hochgebohr- ne. Ich dachte bey dieſer Gelegenheit an den Ordensengel und die Wapen und die Feder- buͤſche. Dieſer Eingrif ſetzte die Curlaͤnde- rin in eine kleine Unordnung. Nach einigem Stillſtande fuhr ſie fort. So ein ſchoͤnes rendez-vous war ich vom Tode nicht erwar- tend. Sie dankte dem Grafen mit einem Blick, daß ich voͤllig einſahe, wie viel ſie mit ihrem Auge vermochte. — Ich

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 107. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/113>, abgerufen am 04.12.2024.