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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

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gab dem Prediger nicht undeutlich zu verste-
hen, daß, wenn er sich nicht länger aufhal-
ten könne oder wolle, er ihm keine Bitte in
den Weg legen würde. Jeder, setzte der
Graf hinzu, hat sein Päkchen --

ich! sagte der Prediger, und konnte nicht
mehr --

beim ich, Punctum? fragte der Graf.

Ich werde diesen Jüngling nicht ver-
laßen --

auch ich, sagte der Graf, nicht verlaßen
noch versäumen.

Gott, wenn er stürbe!

Nun, wenn er stürbe?

Er kann nicht sterben --

wenn er unsterblich ist.

Gott!

Gevatter! Entweder glaubt ihr Herren
nicht, was ihr lehrt, oder was ist das Sicht-
bare gegen das Unsichtbare? Das Gegen-
wärtige gegen das Zukünftige? Zeit gegen
Ewigkeit? Ists denn nicht eine schöne Sa-
che um die Hofnung? und der Genuß?

Freylich, der Himmel wird anders ge-
noßen, als Dinge der Erde. Der Erdenge-
nus gebiehret den Tod, den Ekel! --

Der

gab dem Prediger nicht undeutlich zu verſte-
hen, daß, wenn er ſich nicht laͤnger aufhal-
ten koͤnne oder wolle, er ihm keine Bitte in
den Weg legen wuͤrde. Jeder, ſetzte der
Graf hinzu, hat ſein Paͤkchen —

ich! ſagte der Prediger, und konnte nicht
mehr —

beim ich, Punctum? fragte der Graf.

Ich werde dieſen Juͤngling nicht ver-
laßen —

auch ich, ſagte der Graf, nicht verlaßen
noch verſaͤumen.

Gott, wenn er ſtuͤrbe!

Nun, wenn er ſtuͤrbe?

Er kann nicht ſterben —

wenn er unſterblich iſt.

Gott!

Gevatter! Entweder glaubt ihr Herren
nicht, was ihr lehrt, oder was iſt das Sicht-
bare gegen das Unſichtbare? Das Gegen-
waͤrtige gegen das Zukuͤnftige? Zeit gegen
Ewigkeit? Iſts denn nicht eine ſchoͤne Sa-
che um die Hofnung? und der Genuß?

Freylich, der Himmel wird anders ge-
noßen, als Dinge der Erde. Der Erdenge-
nus gebiehret den Tod, den Ekel! —

Der
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[142/0148] gab dem Prediger nicht undeutlich zu verſte- hen, daß, wenn er ſich nicht laͤnger aufhal- ten koͤnne oder wolle, er ihm keine Bitte in den Weg legen wuͤrde. Jeder, ſetzte der Graf hinzu, hat ſein Paͤkchen — ich! ſagte der Prediger, und konnte nicht mehr — beim ich, Punctum? fragte der Graf. Ich werde dieſen Juͤngling nicht ver- laßen — auch ich, ſagte der Graf, nicht verlaßen noch verſaͤumen. Gott, wenn er ſtuͤrbe! Nun, wenn er ſtuͤrbe? Er kann nicht ſterben — wenn er unſterblich iſt. Gott! Gevatter! Entweder glaubt ihr Herren nicht, was ihr lehrt, oder was iſt das Sicht- bare gegen das Unſichtbare? Das Gegen- waͤrtige gegen das Zukuͤnftige? Zeit gegen Ewigkeit? Iſts denn nicht eine ſchoͤne Sa- che um die Hofnung? und der Genuß? Freylich, der Himmel wird anders ge- noßen, als Dinge der Erde. Der Erdenge- nus gebiehret den Tod, den Ekel! — Der

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/148>, abgerufen am 28.11.2024.