und Weib. Ein Leib sind sie. Eins sind sie. Gott hat sie zusammen gefügt, und was Gott zusammenfügt, soll der Mensch nicht scheiden. Eine Handvoll Erde ist eine Handvoll Welt. Schaudre nicht vor der Verwesung. Das Waizenkorn fault, und wird ein hundertfälti- ger Halm. Alles muß sterben, was zum Licht und Leben herausbrechen soll. Dies Erdenall, dieser Erdenball, hat alles, was schön und gut ist, erzeugt und ernährt. Er ist das Herz, unter dem jedes gelegen, die Brust, die jedes gesogen! -- Die Erde ist des Herrn. Fast sollte man glauben, daß es des lieben Gottes Lustschlos, sein Sanssouci, sey, so gut ists auf ihr, oder so gut könnt es auf ihr seyn. -- Nimm doch diesen Staub in die Hand, vor dem du bebst. Es ist Bein von deinem Bein. Aus Erde sind unsre Windeln und unser Leichentuch. Wir werden, was wir waren. Die Goldkörner, die lezten Kör- pertheilchen, das eigentliche Saatgetreyde, ist aufgespeichert, und wird zu seiner Zeit schon vom lieben Gott wieder ausgestreuet werden, auf einen schönen Acker. Die Natur ist das perpetuum mobile, sie steht nicht still. Sie würkt Leben im Tode, Tod im Leben schön durch einander, daß es eine Lust ist anzusehen,
dem,
und Weib. Ein Leib ſind ſie. Eins ſind ſie. Gott hat ſie zuſammen gefuͤgt, und was Gott zuſammenfuͤgt, ſoll der Menſch nicht ſcheiden. Eine Handvoll Erde iſt eine Handvoll Welt. Schaudre nicht vor der Verweſung. Das Waizenkorn fault, und wird ein hundertfaͤlti- ger Halm. Alles muß ſterben, was zum Licht und Leben herausbrechen ſoll. Dies Erdenall, dieſer Erdenball, hat alles, was ſchoͤn und gut iſt, erzeugt und ernaͤhrt. Er iſt das Herz, unter dem jedes gelegen, die Bruſt, die jedes geſogen! — Die Erde iſt des Herrn. Faſt ſollte man glauben, daß es des lieben Gottes Luſtſchlos, ſein Sansſouci, ſey, ſo gut iſts auf ihr, oder ſo gut koͤnnt es auf ihr ſeyn. — Nimm doch dieſen Staub in die Hand, vor dem du bebſt. Es iſt Bein von deinem Bein. Aus Erde ſind unſre Windeln und unſer Leichentuch. Wir werden, was wir waren. Die Goldkoͤrner, die lezten Koͤr- pertheilchen, das eigentliche Saatgetreyde, iſt aufgeſpeichert, und wird zu ſeiner Zeit ſchon vom lieben Gott wieder ausgeſtreuet werden, auf einen ſchoͤnen Acker. Die Natur iſt das perpetuum mobile, ſie ſteht nicht ſtill. Sie wuͤrkt Leben im Tode, Tod im Leben ſchoͤn durch einander, daß es eine Luſt iſt anzuſehen,
dem,
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und Weib. Ein Leib ſind ſie. Eins ſind ſie.
Gott hat ſie zuſammen gefuͤgt, und was Gott
zuſammenfuͤgt, ſoll der Menſch nicht ſcheiden.
Eine Handvoll Erde iſt eine Handvoll Welt.
Schaudre nicht vor der Verweſung. Das
Waizenkorn fault, und wird ein hundertfaͤlti-
ger Halm. Alles muß ſterben, was zum
Licht und Leben herausbrechen ſoll. Dies
Erdenall, dieſer Erdenball, hat alles, was
ſchoͤn und gut iſt, erzeugt und ernaͤhrt. Er
iſt das Herz, unter dem jedes gelegen, die
Bruſt, die jedes geſogen! — Die Erde iſt
des Herrn. Faſt ſollte man glauben, daß es
des lieben Gottes Luſtſchlos, ſein Sansſouci,
ſey, ſo gut iſts auf ihr, oder ſo gut koͤnnt es
auf ihr ſeyn. — Nimm doch dieſen Staub in
die Hand, vor dem du bebſt. Es iſt Bein von
deinem Bein. Aus Erde ſind unſre Windeln
und unſer Leichentuch. Wir werden, was
wir waren. Die Goldkoͤrner, die lezten Koͤr-
pertheilchen, das eigentliche Saatgetreyde, iſt
aufgeſpeichert, und wird zu ſeiner Zeit ſchon
vom lieben Gott wieder ausgeſtreuet werden,
auf einen ſchoͤnen Acker. Die Natur iſt das
perpetuum mobile, ſie ſteht nicht ſtill. Sie
wuͤrkt Leben im Tode, Tod im Leben ſchoͤn
durch einander, daß es eine Luſt iſt anzuſehen,
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 192. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/198>, abgerufen am 22.11.2024.
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