Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781.

Bild:
<< vorherige Seite

Gott hat uns in dieser Welt den Weg ge-
bahnt, zu werden, was wir geworden, und
in jener wird er, der Herr und Vater über
alles, was Kinder heißt im Himmel und auf
Erden, uns nicht verlaßen! --

Dies ist die Zuversicht, die ich durch den
habe, der dem Tode die Macht genommen,
und das Leben und ein unvergängliches We-
sen ans Licht bracht, durchs Evangelium.
Wir besitzen des Himmelreichs Schlüssel, zu
binden und zu lösen, wo der Philosoph Lücken
findet, und nicht aus, nicht ein weiß. Ueber-
haupt weiß er nichts. Einer ist unter ihnen
wider den andern. Der ist ein Plato, der
ein Aristoteles, der ein Redner, der ein So-
phist. Sophisten sind Taschenspieler, und
Redner sind Schmeichler. Wahre Weisheit
wohnt nicht in geschmückten Gärten von
Kunstworten, sondern in dem friedlichen Thal
der kindlichen Aufrichtigkeit. -- Darum
schilt ein Weiser den andern. Sie haben un-
ter sich Katoliken, Protestanten, Muselmän-
ner und Gott weiß, was mehr! Je, nachdem
jedem der Kopf steht, je, nachdem will er es
auch vom Auditorio. Dieser spricht von der
Mutter Gottes, der Jungfrau Maria, der
grundgütigen Natur, und von guten Wer-

ken,

Gott hat uns in dieſer Welt den Weg ge-
bahnt, zu werden, was wir geworden, und
in jener wird er, der Herr und Vater uͤber
alles, was Kinder heißt im Himmel und auf
Erden, uns nicht verlaßen! —

Dies iſt die Zuverſicht, die ich durch den
habe, der dem Tode die Macht genommen,
und das Leben und ein unvergaͤngliches We-
ſen ans Licht bracht, durchs Evangelium.
Wir beſitzen des Himmelreichs Schluͤſſel, zu
binden und zu loͤſen, wo der Philoſoph Luͤcken
findet, und nicht aus, nicht ein weiß. Ueber-
haupt weiß er nichts. Einer iſt unter ihnen
wider den andern. Der iſt ein Plato, der
ein Ariſtoteles, der ein Redner, der ein So-
phiſt. Sophiſten ſind Taſchenſpieler, und
Redner ſind Schmeichler. Wahre Weisheit
wohnt nicht in geſchmuͤckten Gaͤrten von
Kunſtworten, ſondern in dem friedlichen Thal
der kindlichen Aufrichtigkeit. — Darum
ſchilt ein Weiſer den andern. Sie haben un-
ter ſich Katoliken, Proteſtanten, Muſelmaͤn-
ner und Gott weiß, was mehr! Je, nachdem
jedem der Kopf ſteht, je, nachdem will er es
auch vom Auditorio. Dieſer ſpricht von der
Mutter Gottes, der Jungfrau Maria, der
grundguͤtigen Natur, und von guten Wer-

ken,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0227" n="221"/>
Gott hat uns in die&#x017F;er Welt den Weg ge-<lb/>
bahnt, zu werden, was wir geworden, und<lb/>
in jener wird er, der Herr und Vater u&#x0364;ber<lb/>
alles, was Kinder heißt im Himmel und auf<lb/>
Erden, uns nicht verlaßen! &#x2014;</p><lb/>
        <p>Dies i&#x017F;t die Zuver&#x017F;icht, die ich durch den<lb/>
habe, der dem Tode die Macht genommen,<lb/>
und das Leben und ein unverga&#x0364;ngliches We-<lb/>
&#x017F;en ans Licht bracht, durchs Evangelium.<lb/>
Wir be&#x017F;itzen des Himmelreichs Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el, zu<lb/>
binden und zu lo&#x0364;&#x017F;en, wo der Philo&#x017F;oph Lu&#x0364;cken<lb/>
findet, und nicht aus, nicht ein weiß. Ueber-<lb/>
haupt weiß er nichts. Einer i&#x017F;t unter ihnen<lb/>
wider den andern. Der i&#x017F;t ein Plato, der<lb/>
ein Ari&#x017F;toteles, der ein Redner, der ein So-<lb/>
phi&#x017F;t. Sophi&#x017F;ten &#x017F;ind Ta&#x017F;chen&#x017F;pieler, und<lb/>
Redner &#x017F;ind Schmeichler. Wahre Weisheit<lb/>
wohnt nicht in ge&#x017F;chmu&#x0364;ckten Ga&#x0364;rten von<lb/>
Kun&#x017F;tworten, &#x017F;ondern in dem friedlichen Thal<lb/>
der kindlichen Aufrichtigkeit. &#x2014; Darum<lb/>
&#x017F;chilt ein Wei&#x017F;er den andern. Sie haben un-<lb/>
ter &#x017F;ich Katoliken, Prote&#x017F;tanten, Mu&#x017F;elma&#x0364;n-<lb/>
ner und Gott weiß, was mehr! Je, nachdem<lb/>
jedem der Kopf &#x017F;teht, je, nachdem will er es<lb/>
auch vom Auditorio. Die&#x017F;er &#x017F;pricht von der<lb/>
Mutter Gottes, der Jungfrau Maria, der<lb/>
grundgu&#x0364;tigen Natur, und von guten Wer-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">ken,</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[221/0227] Gott hat uns in dieſer Welt den Weg ge- bahnt, zu werden, was wir geworden, und in jener wird er, der Herr und Vater uͤber alles, was Kinder heißt im Himmel und auf Erden, uns nicht verlaßen! — Dies iſt die Zuverſicht, die ich durch den habe, der dem Tode die Macht genommen, und das Leben und ein unvergaͤngliches We- ſen ans Licht bracht, durchs Evangelium. Wir beſitzen des Himmelreichs Schluͤſſel, zu binden und zu loͤſen, wo der Philoſoph Luͤcken findet, und nicht aus, nicht ein weiß. Ueber- haupt weiß er nichts. Einer iſt unter ihnen wider den andern. Der iſt ein Plato, der ein Ariſtoteles, der ein Redner, der ein So- phiſt. Sophiſten ſind Taſchenſpieler, und Redner ſind Schmeichler. Wahre Weisheit wohnt nicht in geſchmuͤckten Gaͤrten von Kunſtworten, ſondern in dem friedlichen Thal der kindlichen Aufrichtigkeit. — Darum ſchilt ein Weiſer den andern. Sie haben un- ter ſich Katoliken, Proteſtanten, Muſelmaͤn- ner und Gott weiß, was mehr! Je, nachdem jedem der Kopf ſteht, je, nachdem will er es auch vom Auditorio. Dieſer ſpricht von der Mutter Gottes, der Jungfrau Maria, der grundguͤtigen Natur, und von guten Wer- ken,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/227
Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 221. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/227>, abgerufen am 10.05.2024.