der Rede zu treffen, zu copieren, war unmög- lich -- ich liebe, fuhr der Prediger fort, eine genaue Bindung der Perioden, eine gewiße Baukunst im Vortrage, und so viel Fenster wie möglich in jedem Stock. Zwar halte ich es für keine Sünde wider den heiligen Geist. --
Da waren wir wieder, wo mich der gute Prediger hin haben wollte. Er wiederholte mir Plan und Ausführung, Geist und Aus- druck, versicherte alles Eckigte in den Perio- den, was nicht schon gerundet und abgeschlif- fen wäre, noch runden und abschleifen zu wollen. Was meynen Sie, fragt' er mich, ob ich das Register laße? und zur Nutzan- wendung noch ein ob? noch die critische Fra- ge: ob sein Bruder, der Königliche Rath, sich nicht über die Zuschrift kreuzen und seg- nen würde? Ohne Vorrede, sagte der Pa- stor, laß ichs nicht. Es ist nicht gut, daß das Buch allein sey. -- Die Vorrede, sagte mein Vater, ist der erste Eingang, wo Bitte, Gebet, Fürbitte und Danksagung vorkommt, damit der Autor ein geruhiges und stilles Le- ben führen möge, in aller Gottseligkeit und Ehrbarkeit. --
Zur
der Rede zu treffen, zu copieren, war unmoͤg- lich — ich liebe, fuhr der Prediger fort, eine genaue Bindung der Perioden, eine gewiße Baukunſt im Vortrage, und ſo viel Fenſter wie moͤglich in jedem Stock. Zwar halte ich es fuͤr keine Suͤnde wider den heiligen Geiſt. —
Da waren wir wieder, wo mich der gute Prediger hin haben wollte. Er wiederholte mir Plan und Ausfuͤhrung, Geiſt und Aus- druck, verſicherte alles Eckigte in den Perio- den, was nicht ſchon gerundet und abgeſchlif- fen waͤre, noch runden und abſchleifen zu wollen. Was meynen Sie, fragt’ er mich, ob ich das Regiſter laße? und zur Nutzan- wendung noch ein ob? noch die critiſche Fra- ge: ob ſein Bruder, der Koͤnigliche Rath, ſich nicht uͤber die Zuſchrift kreuzen und ſeg- nen wuͤrde? Ohne Vorrede, ſagte der Pa- ſtor, laß ichs nicht. Es iſt nicht gut, daß das Buch allein ſey. — Die Vorrede, ſagte mein Vater, iſt der erſte Eingang, wo Bitte, Gebet, Fuͤrbitte und Dankſagung vorkommt, damit der Autor ein geruhiges und ſtilles Le- ben fuͤhren moͤge, in aller Gottſeligkeit und Ehrbarkeit. —
Zur
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der Rede zu treffen, zu copieren, war unmoͤg-
lich — ich liebe, fuhr der Prediger fort, eine
genaue Bindung der Perioden, eine gewiße
Baukunſt im Vortrage, und ſo viel Fenſter
wie moͤglich in jedem Stock. Zwar halte
ich es fuͤr keine Suͤnde wider den heiligen
Geiſt. —
Da waren wir wieder, wo mich der gute
Prediger hin haben wollte. Er wiederholte
mir Plan und Ausfuͤhrung, Geiſt und Aus-
druck, verſicherte alles Eckigte in den Perio-
den, was nicht ſchon gerundet und abgeſchlif-
fen waͤre, noch runden und abſchleifen zu
wollen. Was meynen Sie, fragt’ er mich,
ob ich das Regiſter laße? und zur Nutzan-
wendung noch ein ob? noch die critiſche Fra-
ge: ob ſein Bruder, der Koͤnigliche Rath,
ſich nicht uͤber die Zuſchrift kreuzen und ſeg-
nen wuͤrde? Ohne Vorrede, ſagte der Pa-
ſtor, laß ichs nicht. Es iſt nicht gut, daß
das Buch allein ſey. — Die Vorrede, ſagte
mein Vater, iſt der erſte Eingang, wo Bitte,
Gebet, Fuͤrbitte und Dankſagung vorkommt,
damit der Autor ein geruhiges und ſtilles Le-
ben fuͤhren moͤge, in aller Gottſeligkeit und
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 234. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/240>, abgerufen am 18.12.2024.
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