Wechsel; allein ich bat meine Mutter, sich nach der Aufnahme dieses Geldes zu erkun- digen, da ich hierüber dem lieben Gott un- mittelbare Rechnung abzulegen hätte. Er! der ehrliche Alte, war schon seit drey Wochen zur Ruhe eingegangen in jene selge Wohnun- gen, wo ihn kein Pachtunglück und kein Con- trakt, der ohne den lieben Gott gemacht ward, und kein W. R. J. V. R. W. mehr drücken konnte. Seine Frau lebte noch, zählte bis zehn, noch mehr, sagte sie, als ob das Geld unter ihren Händen sich mehrte. Sie sprach für den Geber Segen, gab das ungezählte Geld und die gezählten zehn, Einem ihrer Nachbaren zum Aufheben, und starb. -- -- Der Tod war ihr lieber, als hundert Pisto- len. Der Sohn, der Amtsgeschäfte halber seinem Vater nicht das letzte Geleite geben können, kam zum mütterlichen Begräbnis. Solten ihn wohl die hundert Pistolen dazu vermocht haben? Meine Mutter versicherte mir, daß der Leidtragende Herr Sohn nicht aufhören können, Gottes wunderbare Füh- rung zu verherrlichen! -- Das dacht' ich wohl, und meine Leser mit mir, daß er diese hundert Pistolen nicht ohn' ein Kirchengebet einstreichen würde -- ich wünsche wohl zu
bekom-
Wechſel; allein ich bat meine Mutter, ſich nach der Aufnahme dieſes Geldes zu erkun- digen, da ich hieruͤber dem lieben Gott un- mittelbare Rechnung abzulegen haͤtte. Er! der ehrliche Alte, war ſchon ſeit drey Wochen zur Ruhe eingegangen in jene ſelge Wohnun- gen, wo ihn kein Pachtungluͤck und kein Con- trakt, der ohne den lieben Gott gemacht ward, und kein W. R. J. V. R. W. mehr druͤcken konnte. Seine Frau lebte noch, zaͤhlte bis zehn, noch mehr, ſagte ſie, als ob das Geld unter ihren Haͤnden ſich mehrte. Sie ſprach fuͤr den Geber Segen, gab das ungezaͤhlte Geld und die gezaͤhlten zehn, Einem ihrer Nachbaren zum Aufheben, und ſtarb. — — Der Tod war ihr lieber, als hundert Piſto- len. Der Sohn, der Amtsgeſchaͤfte halber ſeinem Vater nicht das letzte Geleite geben koͤnnen, kam zum muͤtterlichen Begraͤbnis. Solten ihn wohl die hundert Piſtolen dazu vermocht haben? Meine Mutter verſicherte mir, daß der Leidtragende Herr Sohn nicht aufhoͤren koͤnnen, Gottes wunderbare Fuͤh- rung zu verherrlichen! — Das dacht’ ich wohl, und meine Leſer mit mir, daß er dieſe hundert Piſtolen nicht ohn’ ein Kirchengebet einſtreichen wuͤrde — ich wuͤnſche wohl zu
bekom-
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0368"n="360"/>
Wechſel; allein ich bat meine Mutter, ſich<lb/>
nach der Aufnahme dieſes Geldes zu erkun-<lb/>
digen, da ich hieruͤber dem lieben Gott un-<lb/>
mittelbare Rechnung abzulegen haͤtte. Er!<lb/>
der ehrliche Alte, war ſchon ſeit drey Wochen<lb/>
zur Ruhe eingegangen in jene ſelge Wohnun-<lb/>
gen, wo ihn kein Pachtungluͤck und kein Con-<lb/>
trakt, der ohne den lieben Gott gemacht ward,<lb/>
und kein W. R. J. V. R. W. mehr druͤcken<lb/>
konnte. Seine Frau lebte noch, zaͤhlte bis<lb/>
zehn, noch mehr, ſagte ſie, als ob das Geld<lb/>
unter ihren Haͤnden ſich mehrte. Sie ſprach<lb/>
fuͤr den Geber Segen, gab das ungezaͤhlte<lb/>
Geld und die gezaͤhlten zehn, Einem ihrer<lb/>
Nachbaren zum Aufheben, und ſtarb. ——<lb/>
Der Tod war ihr lieber, als hundert Piſto-<lb/>
len. Der Sohn, der Amtsgeſchaͤfte halber<lb/>ſeinem Vater nicht das letzte Geleite geben<lb/>
koͤnnen, kam zum muͤtterlichen Begraͤbnis.<lb/>
Solten ihn wohl die hundert Piſtolen dazu<lb/>
vermocht haben? Meine Mutter verſicherte<lb/>
mir, daß der Leidtragende Herr Sohn nicht<lb/>
aufhoͤren koͤnnen, Gottes wunderbare Fuͤh-<lb/>
rung zu verherrlichen! — Das dacht’ ich<lb/>
wohl, und meine Leſer mit mir, daß er dieſe<lb/>
hundert Piſtolen nicht ohn’ ein Kirchengebet<lb/>
einſtreichen wuͤrde — ich wuͤnſche wohl zu<lb/><fwplace="bottom"type="catch">bekom-</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[360/0368]
Wechſel; allein ich bat meine Mutter, ſich
nach der Aufnahme dieſes Geldes zu erkun-
digen, da ich hieruͤber dem lieben Gott un-
mittelbare Rechnung abzulegen haͤtte. Er!
der ehrliche Alte, war ſchon ſeit drey Wochen
zur Ruhe eingegangen in jene ſelge Wohnun-
gen, wo ihn kein Pachtungluͤck und kein Con-
trakt, der ohne den lieben Gott gemacht ward,
und kein W. R. J. V. R. W. mehr druͤcken
konnte. Seine Frau lebte noch, zaͤhlte bis
zehn, noch mehr, ſagte ſie, als ob das Geld
unter ihren Haͤnden ſich mehrte. Sie ſprach
fuͤr den Geber Segen, gab das ungezaͤhlte
Geld und die gezaͤhlten zehn, Einem ihrer
Nachbaren zum Aufheben, und ſtarb. — —
Der Tod war ihr lieber, als hundert Piſto-
len. Der Sohn, der Amtsgeſchaͤfte halber
ſeinem Vater nicht das letzte Geleite geben
koͤnnen, kam zum muͤtterlichen Begraͤbnis.
Solten ihn wohl die hundert Piſtolen dazu
vermocht haben? Meine Mutter verſicherte
mir, daß der Leidtragende Herr Sohn nicht
aufhoͤren koͤnnen, Gottes wunderbare Fuͤh-
rung zu verherrlichen! — Das dacht’ ich
wohl, und meine Leſer mit mir, daß er dieſe
hundert Piſtolen nicht ohn’ ein Kirchengebet
einſtreichen wuͤrde — ich wuͤnſche wohl zu
bekom-
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 360. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/368>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.