hinzu. Warum der Anstoß bey einem Uni- versalwort, das fast in allen Sprachen ein und daßelbe bedeutet? Sack, sagt' ich dem Grafen nach, Dramas, weinerliche Lustspiele, würden wahre natürlich warme Lebensdarstel- lung seyn, wenn das Ende nicht lustig und der Anfang traurig wäre. Links und rechts, bald so, bald anders, müste es seyn, das wär' ein Leben! -- Lust und Trauerspiele wä- ren dann Kunst, jene Naturstücke, nicht wahr? fragte der Graf den Gevatter Prediger; allein dieser schüttelte blos mit dem Kopf, weil von Lust und Trauerspielen die Rede war, auf die sich der Gevatter so wenig, als auf die wei- nerliche Lustspiele, kunstgerecht verstand. -- Die Alten agirten beym Begräbnis das Le- ben, so wie sie bey allem, was ihnen gros, erbaulich, göttlich war -- agirten. Es lag vielleicht ein hoher Sinn in ihrer Begräbnis- methode, wo Lust und Unlust zusammen wa- ren und wechselten wunderlich. Sie lasen den wahren Lebenslauf des Verstorbenen oh- ne Tropen und Figuren. Ihre Begräbnisse waren Leichenpredigt, Leichengesang, für die umher giengen. Seht da das Leben! seht! seht! faßt euch, wenn der Tod es fordert. Laßt Leben und Tod aus einem Stück seyn,
und
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hinzu. Warum der Anſtoß bey einem Uni- verſalwort, das faſt in allen Sprachen ein und daßelbe bedeutet? Sack, ſagt’ ich dem Grafen nach, Dramas, weinerliche Luſtſpiele, wuͤrden wahre natuͤrlich warme Lebensdarſtel- lung ſeyn, wenn das Ende nicht luſtig und der Anfang traurig waͤre. Links und rechts, bald ſo, bald anders, muͤſte es ſeyn, das waͤr’ ein Leben! — Luſt und Trauerſpiele waͤ- ren dann Kunſt, jene Naturſtuͤcke, nicht wahr? fragte der Graf den Gevatter Prediger; allein dieſer ſchuͤttelte blos mit dem Kopf, weil von Luſt und Trauerſpielen die Rede war, auf die ſich der Gevatter ſo wenig, als auf die wei- nerliche Luſtſpiele, kunſtgerecht verſtand. — Die Alten agirten beym Begraͤbnis das Le- ben, ſo wie ſie bey allem, was ihnen gros, erbaulich, goͤttlich war — agirten. Es lag vielleicht ein hoher Sinn in ihrer Begraͤbnis- methode, wo Luſt und Unluſt zuſammen wa- ren und wechſelten wunderlich. Sie laſen den wahren Lebenslauf des Verſtorbenen oh- ne Tropen und Figuren. Ihre Begraͤbniſſe waren Leichenpredigt, Leichengeſang, fuͤr die umher giengen. Seht da das Leben! ſeht! ſeht! faßt euch, wenn der Tod es fordert. Laßt Leben und Tod aus einem Stuͤck ſeyn,
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hinzu. Warum der Anſtoß bey einem Uni-
verſalwort, das faſt in allen Sprachen ein
und daßelbe bedeutet? Sack, ſagt’ ich dem
Grafen nach, Dramas, weinerliche Luſtſpiele,
wuͤrden wahre natuͤrlich warme Lebensdarſtel-
lung ſeyn, wenn das Ende nicht luſtig und
der Anfang traurig waͤre. Links und rechts,
bald ſo, bald anders, muͤſte es ſeyn, das
waͤr’ ein Leben! — Luſt und Trauerſpiele waͤ-
ren dann Kunſt, jene Naturſtuͤcke, nicht wahr?
fragte der Graf den Gevatter Prediger; allein
dieſer ſchuͤttelte blos mit dem Kopf, weil von
Luſt und Trauerſpielen die Rede war, auf die
ſich der Gevatter ſo wenig, als auf die wei-
nerliche Luſtſpiele, kunſtgerecht verſtand. —
Die Alten agirten beym Begraͤbnis das Le-
ben, ſo wie ſie bey allem, was ihnen gros,
erbaulich, goͤttlich war — agirten. Es lag
vielleicht ein hoher Sinn in ihrer Begraͤbnis-
methode, wo Luſt und Unluſt zuſammen wa-
ren und wechſelten wunderlich. Sie laſen
den wahren Lebenslauf des Verſtorbenen oh-
ne Tropen und Figuren. Ihre Begraͤbniſſe
waren Leichenpredigt, Leichengeſang, fuͤr die
umher giengen. Seht da das Leben! ſeht!
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,1. Berlin, 1781, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0301_1781/45>, abgerufen am 09.11.2024.
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