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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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So! so! sagte sie, So! reißts hier! hier!
Licht! rief sie. Der Vorhang ward wegge-
zogen, sie sahe Licht. Grün, grün, fieng sie
an, Frühling! so schönes Grün, als das
Taufwassergrün, und noch schöner! Kein
Fußwasserplatz daneben! alles gleich schön!
Oft reckte sie beyde Hände aus. Paradies! --
rief sie. Sie ward wieder stille, lies sich ein
Krucifix dahinsetzen, wo der Vorhang zer-
rissen war. Sie sah es starr an. Verlangte
es näher, drückt' es an ihr Herz, mit den
Worten, die sie ungewöhnlich vernehmlich
aussprach:

Wenn ich einmahl soll scheiden,
O scheide nicht von mir!
Soll Todesangst ich leiden,
O scheide nicht von mir!
und wenn am allerbängsten
mir rings ums Herz wird seyn;
reiß du mich aus den Aengsten,
Kraft deiner Angst und Pein!

Sie fiel wieder ohnmächtig ein -- Was ist
die Uhr, fragte sie die Pastorin, und sie ver-
sicherte, daß ihr keine Frage empfindlicher ge-
wesen. Vier? Bald! -- Sie hielt sich fest
am Krucifix, das sie sich hatte reichen lassen --

Ihre
H 3

So! ſo! ſagte ſie, So! reißts hier! hier!
Licht! rief ſie. Der Vorhang ward wegge-
zogen, ſie ſahe Licht. Gruͤn, gruͤn, fieng ſie
an, Fruͤhling! ſo ſchoͤnes Gruͤn, als das
Taufwaſſergruͤn, und noch ſchoͤner! Kein
Fußwaſſerplatz daneben! alles gleich ſchoͤn!
Oft reckte ſie beyde Haͤnde aus. Paradies! —
rief ſie. Sie ward wieder ſtille, lies ſich ein
Krucifix dahinſetzen, wo der Vorhang zer-
riſſen war. Sie ſah es ſtarr an. Verlangte
es naͤher, druͤckt’ es an ihr Herz, mit den
Worten, die ſie ungewoͤhnlich vernehmlich
ausſprach:

Wenn ich einmahl ſoll ſcheiden,
O ſcheide nicht von mir!
Soll Todesangſt ich leiden,
O ſcheide nicht von mir!
und wenn am allerbaͤngſten
mir rings ums Herz wird ſeyn;
reiß du mich aus den Aengſten,
Kraft deiner Angſt und Pein!

Sie fiel wieder ohnmaͤchtig ein — Was iſt
die Uhr, fragte ſie die Paſtorin, und ſie ver-
ſicherte, daß ihr keine Frage empfindlicher ge-
weſen. Vier? Bald! — Sie hielt ſich feſt
am Krucifix, das ſie ſich hatte reichen laſſen —

Ihre
H 3
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[117/0123] So! ſo! ſagte ſie, So! reißts hier! hier! Licht! rief ſie. Der Vorhang ward wegge- zogen, ſie ſahe Licht. Gruͤn, gruͤn, fieng ſie an, Fruͤhling! ſo ſchoͤnes Gruͤn, als das Taufwaſſergruͤn, und noch ſchoͤner! Kein Fußwaſſerplatz daneben! alles gleich ſchoͤn! Oft reckte ſie beyde Haͤnde aus. Paradies! — rief ſie. Sie ward wieder ſtille, lies ſich ein Krucifix dahinſetzen, wo der Vorhang zer- riſſen war. Sie ſah es ſtarr an. Verlangte es naͤher, druͤckt’ es an ihr Herz, mit den Worten, die ſie ungewoͤhnlich vernehmlich ausſprach: Wenn ich einmahl ſoll ſcheiden, O ſcheide nicht von mir! Soll Todesangſt ich leiden, O ſcheide nicht von mir! und wenn am allerbaͤngſten mir rings ums Herz wird ſeyn; reiß du mich aus den Aengſten, Kraft deiner Angſt und Pein! Sie fiel wieder ohnmaͤchtig ein — Was iſt die Uhr, fragte ſie die Paſtorin, und ſie ver- ſicherte, daß ihr keine Frage empfindlicher ge- weſen. Vier? Bald! — Sie hielt ſich feſt am Krucifix, das ſie ſich hatte reichen laſſen — Ihre H 3

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 117. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/123>, abgerufen am 24.11.2024.