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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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Fußstapfen. Es giebt eine doppelte Theokra-
tie, die eine würde körperlich, die andere gei-
stisch zu nehmen seyn. Was ist glaublicher,
als daß die Menschen über kurz oder lang zu
allgemeinen Weltgesetzen kommen werden, wo
jedem Staat sein bescheiden Theil angewiesen
ist, und wo, wenn der eine weiter gehen will,
er alle übrige vereinigte Staaten wider sich
hat. Dies verbesserte Völkerrecht, möcht' es
doch bald kommen! Wie weit näher wären
wir alsdenn schon dem Ende des Vater un-
sers, als jetzo! Man könnte von dieser kör-
perlichen Theokratie von dieser Welt Regie-
rungsform sagen: es ist eine Heerde und ein
Hirte; allein auch selbst alsdenn ist noch alles
leiblich! Geistlich wird es seyn, wenn wir
selbst diese allgemeine Weltgesetze nicht mehr
brauchen, wenn der göttliche Codex eintritt,
wenn der Glaube an Gott schon alles in al-
lem ist! -- Um sich die Sache noch begreifli-
cher zu machen, kann man den Redegebrauch
der Theologen beybehalten. So wie die Welt
jezt ist, könnte man sie das Reich der All-
macht nennen. Das Reich der Gnaden wäre
die körperliche Theokratie, wenn die Menschen
anfiengen allgemeine Weltgesetze zu machen,
wohin es gewiß kommen müßte, wenn der ge-

meine
M 4

Fußſtapfen. Es giebt eine doppelte Theokra-
tie, die eine wuͤrde koͤrperlich, die andere gei-
ſtiſch zu nehmen ſeyn. Was iſt glaublicher,
als daß die Menſchen uͤber kurz oder lang zu
allgemeinen Weltgeſetzen kommen werden, wo
jedem Staat ſein beſcheiden Theil angewieſen
iſt, und wo, wenn der eine weiter gehen will,
er alle uͤbrige vereinigte Staaten wider ſich
hat. Dies verbeſſerte Voͤlkerrecht, moͤcht’ es
doch bald kommen! Wie weit naͤher waͤren
wir alsdenn ſchon dem Ende des Vater un-
ſers, als jetzo! Man koͤnnte von dieſer koͤr-
perlichen Theokratie von dieſer Welt Regie-
rungsform ſagen: es iſt eine Heerde und ein
Hirte; allein auch ſelbſt alsdenn iſt noch alles
leiblich! Geiſtlich wird es ſeyn, wenn wir
ſelbſt dieſe allgemeine Weltgeſetze nicht mehr
brauchen, wenn der goͤttliche Codex eintritt,
wenn der Glaube an Gott ſchon alles in al-
lem iſt! — Um ſich die Sache noch begreifli-
cher zu machen, kann man den Redegebrauch
der Theologen beybehalten. So wie die Welt
jezt iſt, koͤnnte man ſie das Reich der All-
macht nennen. Das Reich der Gnaden waͤre
die koͤrperliche Theokratie, wenn die Menſchen
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[183/0189] Fußſtapfen. Es giebt eine doppelte Theokra- tie, die eine wuͤrde koͤrperlich, die andere gei- ſtiſch zu nehmen ſeyn. Was iſt glaublicher, als daß die Menſchen uͤber kurz oder lang zu allgemeinen Weltgeſetzen kommen werden, wo jedem Staat ſein beſcheiden Theil angewieſen iſt, und wo, wenn der eine weiter gehen will, er alle uͤbrige vereinigte Staaten wider ſich hat. Dies verbeſſerte Voͤlkerrecht, moͤcht’ es doch bald kommen! Wie weit naͤher waͤren wir alsdenn ſchon dem Ende des Vater un- ſers, als jetzo! Man koͤnnte von dieſer koͤr- perlichen Theokratie von dieſer Welt Regie- rungsform ſagen: es iſt eine Heerde und ein Hirte; allein auch ſelbſt alsdenn iſt noch alles leiblich! Geiſtlich wird es ſeyn, wenn wir ſelbſt dieſe allgemeine Weltgeſetze nicht mehr brauchen, wenn der goͤttliche Codex eintritt, wenn der Glaube an Gott ſchon alles in al- lem iſt! — Um ſich die Sache noch begreifli- cher zu machen, kann man den Redegebrauch der Theologen beybehalten. So wie die Welt jezt iſt, koͤnnte man ſie das Reich der All- macht nennen. Das Reich der Gnaden waͤre die koͤrperliche Theokratie, wenn die Menſchen anfiengen allgemeine Weltgeſetze zu machen, wohin es gewiß kommen muͤßte, wenn der ge- meine M 4

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 183. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/189>, abgerufen am 24.11.2024.