der Pompadour seiner Zeit, der Theodora, da sie ihm vorrückte, daß sie ihm so manchem seiner Schüler weggeworben, er aber schwer- lich einen, der bey ihr Handgeld genommen, abwendig machen würde! Dein Weg ist breit, der meinige schmal. Dein Weg geht bergab, der meinige bergauf. Die Welt aber vergeht mit ihrer Lust, wer aber den Willen Gottes thut, bleibt in Ewigkeit.
Eine Frau hätt er nicht nehmen sollen, sagte mein Vater.
Eine Xantippe nicht, erwiederte Herr v. G.
Keine! mein Vater.
Sind sie wo alle Xantippen? Die mei- nige hat, ihres schönen darf ich bitten uner- achtet, etwas von ihr.
Die meinige keinen Zug --
Ein so heßlicher Mann, wie Sokrates, fuhr mein Vater fort, ohne dran zu denken, daß Herr v. G -- kein Griechisch verstand, bey dem man fragen konnte: ei Sokratous esti tis simoteros, band es mit zwey Frauen an, war das rathsam? Ein Mann, der zu den Füßen der Diotima die Kunst zu lieben und zu den Füßen der Aspasia die Kunst der arti- gen Beredsamkeit gelernt, mußte sehr leicht
solche
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der Pompadour ſeiner Zeit, der Theodora, da ſie ihm vorruͤckte, daß ſie ihm ſo manchem ſeiner Schuͤler weggeworben, er aber ſchwer- lich einen, der bey ihr Handgeld genommen, abwendig machen wuͤrde! Dein Weg iſt breit, der meinige ſchmal. Dein Weg geht bergab, der meinige bergauf. Die Welt aber vergeht mit ihrer Luſt, wer aber den Willen Gottes thut, bleibt in Ewigkeit.
Eine Frau haͤtt er nicht nehmen ſollen, ſagte mein Vater.
Eine Xantippe nicht, erwiederte Herr v. G.
Keine! mein Vater.
Sind ſie wo alle Xantippen? Die mei- nige hat, ihres ſchoͤnen darf ich bitten uner- achtet, etwas von ihr.
Die meinige keinen Zug —
Ein ſo heßlicher Mann, wie Sokrates, fuhr mein Vater fort, ohne dran zu denken, daß Herr v. G — kein Griechiſch verſtand, bey dem man fragen konnte: ἔι Σωκράτȣς ἐϛί τις σιμώτερος, band es mit zwey Frauen an, war das rathſam? Ein Mann, der zu den Fuͤßen der Diotima die Kunſt zu lieben und zu den Fuͤßen der Aſpaſia die Kunſt der arti- gen Beredſamkeit gelernt, mußte ſehr leicht
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der Pompadour ſeiner Zeit, der Theodora, da
ſie ihm vorruͤckte, daß ſie ihm ſo manchem
ſeiner Schuͤler weggeworben, er aber ſchwer-
lich einen, der bey ihr Handgeld genommen,
abwendig machen wuͤrde! Dein Weg iſt
breit, der meinige ſchmal. Dein Weg geht
bergab, der meinige bergauf. Die Welt aber
vergeht mit ihrer Luſt, wer aber den Willen
Gottes thut, bleibt in Ewigkeit.
Eine Frau haͤtt er nicht nehmen ſollen,
ſagte mein Vater.
Eine Xantippe nicht, erwiederte Herr
v. G.
Keine! mein Vater.
Sind ſie wo alle Xantippen? Die mei-
nige hat, ihres ſchoͤnen darf ich bitten uner-
achtet, etwas von ihr.
Die meinige keinen Zug —
Ein ſo heßlicher Mann, wie Sokrates,
fuhr mein Vater fort, ohne dran zu denken,
daß Herr v. G — kein Griechiſch verſtand,
bey dem man fragen konnte: ἔι Σωκράτȣς ἐϛί
τις σιμώτερος, band es mit zwey Frauen an,
war das rathſam? Ein Mann, der zu den
Fuͤßen der Diotima die Kunſt zu lieben und
zu den Fuͤßen der Aſpaſia die Kunſt der arti-
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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 263. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/269>, abgerufen am 27.11.2024.
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