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Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781.

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es mir mit Thränen erzählt hat, und konnt
ich nicht umhin herzlich mitzuweinen. Was
das Mädel den Tanz bedauret, wozu ich die
Musik bezahle, ist nicht auszusprechen. Habe
Lust, das Protokoll zu zerreissen, und dem
Kinde meinen Namen zu geben. Ob ich das
Protokoll zerrissen zurückbehalten werde,
weiß nicht! -- Wolte das Kindlein Ew.
Wohlehrwürden gottesfürchtig empfohlen
haben, wenn ich unterwegs bleibe. Die
Mutter ist seit gestern so voll Buße, daß
wenn sie nicht etwa eine neue Unthat bereuet,
welches Gott verhüten wolle, sich ein Stein
über sie erbarmen könnte. Bittet Ew. Wohl-
ehrwürden auf allem Fall ihres Kindleins
halber zu grüßen. Hoffe, daß Hannchen,
wenn gleich sies erfährt, bedenken wird,
daß Tanz und Musik zweyerley ist --

-- -- Habe gestern eine Wallfarth mit
meinen beyden Herren zu Fuß gehalten nach
der alten Stadt und deren Kirche, wo der
Sohn des seligen D. Martin Luther Johan-
nes
genannt, begraben liegt. Werden auch
wohl in Ferien nach Mühlhausen, ein Paar
Meilen von hier, reisen, wo seine Tochter
schläft. Man zeigt noch ihre Knochen in

einem

es mir mit Thraͤnen erzaͤhlt hat, und konnt
ich nicht umhin herzlich mitzuweinen. Was
das Maͤdel den Tanz bedauret, wozu ich die
Muſik bezahle, iſt nicht auszuſprechen. Habe
Luſt, das Protokoll zu zerreiſſen, und dem
Kinde meinen Namen zu geben. Ob ich das
Protokoll zerriſſen zuruͤckbehalten werde,
weiß nicht! — Wolte das Kindlein Ew.
Wohlehrwuͤrden gottesfuͤrchtig empfohlen
haben, wenn ich unterwegs bleibe. Die
Mutter iſt ſeit geſtern ſo voll Buße, daß
wenn ſie nicht etwa eine neue Unthat bereuet,
welches Gott verhuͤten wolle, ſich ein Stein
uͤber ſie erbarmen koͤnnte. Bittet Ew. Wohl-
ehrwuͤrden auf allem Fall ihres Kindleins
halber zu gruͤßen. Hoffe, daß Hannchen,
wenn gleich ſies erfaͤhrt, bedenken wird,
daß Tanz und Muſik zweyerley iſt —

— — Habe geſtern eine Wallfarth mit
meinen beyden Herren zu Fuß gehalten nach
der alten Stadt und deren Kirche, wo der
Sohn des ſeligen D. Martin Luther Johan-
nes
genannt, begraben liegt. Werden auch
wohl in Ferien nach Muͤhlhauſen, ein Paar
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[300/0306] es mir mit Thraͤnen erzaͤhlt hat, und konnt ich nicht umhin herzlich mitzuweinen. Was das Maͤdel den Tanz bedauret, wozu ich die Muſik bezahle, iſt nicht auszuſprechen. Habe Luſt, das Protokoll zu zerreiſſen, und dem Kinde meinen Namen zu geben. Ob ich das Protokoll zerriſſen zuruͤckbehalten werde, weiß nicht! — Wolte das Kindlein Ew. Wohlehrwuͤrden gottesfuͤrchtig empfohlen haben, wenn ich unterwegs bleibe. Die Mutter iſt ſeit geſtern ſo voll Buße, daß wenn ſie nicht etwa eine neue Unthat bereuet, welches Gott verhuͤten wolle, ſich ein Stein uͤber ſie erbarmen koͤnnte. Bittet Ew. Wohl- ehrwuͤrden auf allem Fall ihres Kindleins halber zu gruͤßen. Hoffe, daß Hannchen, wenn gleich ſies erfaͤhrt, bedenken wird, daß Tanz und Muſik zweyerley iſt — — — Habe geſtern eine Wallfarth mit meinen beyden Herren zu Fuß gehalten nach der alten Stadt und deren Kirche, wo der Sohn des ſeligen D. Martin Luther Johan- nes genannt, begraben liegt. Werden auch wohl in Ferien nach Muͤhlhauſen, ein Paar Meilen von hier, reiſen, wo ſeine Tochter ſchlaͤft. Man zeigt noch ihre Knochen in einem

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Lebensläufe nach Aufsteigender Linie. Bd. 3,2. Berlin, 1781, S. 300. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_lebenslaeufe0302_1781/306>, abgerufen am 25.11.2024.