Sicherheit, theils wegen der Unschädlichkeit, theils wegen des Wohlgeschmacks, gedient. -- Noch jetzt ist das höchste Ziel der Kochkunst ein Vorzug der Weiber. -- Der Wechsel, den das Weib an seinem eignen Körper er- fuhr, gewöhnte es an die Witterung, und lehrte es so sehr auf die Zeit merken, wie den Unbestand der Witterung überstehen; und so ward durch das Weib vielleicht beides, das Hirtenleben und der Ackerbau, -- erfunden oder zu Stande gebracht? -- Wie viel lässt sich hierüber conjekturiren! Der gemeine Acker- und Gartenbauer räumt dem lieben ge- treuen Erdenvasallen, dem Monde, noch jetzt viel Einfluss auf seine Erzeugnisse ein: er pflanzt seinen Kohl und was Blätter treiben soll, im Vollmonde, und das, wodurch unter der Erde Wurzeln oder Knollen hervorgebracht werden sollen, bei Mondesabnahme. Die Pha- sen des Mondes sind ihm noch Epochen in seinem Wirthschafts-Kalender; und was kann ihn anders auf diese Mondweisheit gebracht haben, als die Weise der Weiber --? Von beiden Hauptnahrungsquellen, dem Hirtenleben
Sicherheit, theils wegen der Unschädlichkeit, theils wegen des Wohlgeschmacks, gedient. — Noch jetzt ist das höchste Ziel der Kochkunst ein Vorzug der Weiber. — Der Wechsel, den das Weib an seinem eignen Körper er- fuhr, gewöhnte es an die Witterung, und lehrte es so sehr auf die Zeit merken, wie den Unbestand der Witterung überstehen; und so ward durch das Weib vielleicht beides, das Hirtenleben und der Ackerbau, — erfunden oder zu Stande gebracht? — Wie viel läſst sich hierüber conjekturiren! Der gemeine Acker- und Gartenbauer räumt dem lieben ge- treuen Erdenvasallen, dem Monde, noch jetzt viel Einfluſs auf seine Erzeugnisse ein: er pflanzt seinen Kohl und was Blätter treiben soll, im Vollmonde, und das, wodurch unter der Erde Wurzeln oder Knollen hervorgebracht werden sollen, bei Mondesabnahme. Die Pha- sen des Mondes sind ihm noch Epochen in seinem Wirthschafts-Kalender; und was kann ihn anders auf diese Mondweisheit gebracht haben, als die Weise der Weiber —? Von beiden Hauptnahrungsquellen, dem Hirtenleben
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><p><pbfacs="#f0101"n="93"/>
Sicherheit, theils wegen der Unschädlichkeit,<lb/>
theils wegen des Wohlgeschmacks, gedient. —<lb/>
Noch jetzt ist das höchste Ziel der Kochkunst<lb/>
ein Vorzug der Weiber. — Der Wechsel,<lb/>
den das Weib an seinem eignen Körper er-<lb/>
fuhr, gewöhnte es an die Witterung, und<lb/>
lehrte es so sehr auf die Zeit merken, wie<lb/>
den Unbestand der Witterung überstehen; und<lb/>
so ward durch das Weib vielleicht beides, das<lb/>
Hirtenleben und der Ackerbau, — erfunden<lb/>
oder zu Stande gebracht? — Wie viel läſst<lb/>
sich hierüber conjekturiren! Der gemeine<lb/>
Acker- und Gartenbauer räumt dem lieben ge-<lb/>
treuen Erdenvasallen, dem Monde, noch jetzt<lb/>
viel Einfluſs auf seine Erzeugnisse ein: er<lb/>
pflanzt seinen Kohl und was Blätter treiben<lb/>
soll, im Vollmonde, und das, wodurch unter<lb/>
der Erde Wurzeln oder Knollen hervorgebracht<lb/>
werden sollen, bei Mondesabnahme. Die Pha-<lb/>
sen des Mondes sind ihm noch Epochen in<lb/>
seinem Wirthschafts-Kalender; und was kann<lb/>
ihn anders auf diese Mondweisheit gebracht<lb/>
haben, als die <hirendition="#i">Weise</hi> der Weiber —? Von<lb/>
beiden Hauptnahrungsquellen, dem Hirtenleben<lb/></p></div></div></body></text></TEI>
[93/0101]
Sicherheit, theils wegen der Unschädlichkeit,
theils wegen des Wohlgeschmacks, gedient. —
Noch jetzt ist das höchste Ziel der Kochkunst
ein Vorzug der Weiber. — Der Wechsel,
den das Weib an seinem eignen Körper er-
fuhr, gewöhnte es an die Witterung, und
lehrte es so sehr auf die Zeit merken, wie
den Unbestand der Witterung überstehen; und
so ward durch das Weib vielleicht beides, das
Hirtenleben und der Ackerbau, — erfunden
oder zu Stande gebracht? — Wie viel läſst
sich hierüber conjekturiren! Der gemeine
Acker- und Gartenbauer räumt dem lieben ge-
treuen Erdenvasallen, dem Monde, noch jetzt
viel Einfluſs auf seine Erzeugnisse ein: er
pflanzt seinen Kohl und was Blätter treiben
soll, im Vollmonde, und das, wodurch unter
der Erde Wurzeln oder Knollen hervorgebracht
werden sollen, bei Mondesabnahme. Die Pha-
sen des Mondes sind ihm noch Epochen in
seinem Wirthschafts-Kalender; und was kann
ihn anders auf diese Mondweisheit gebracht
haben, als die Weise der Weiber —? Von
beiden Hauptnahrungsquellen, dem Hirtenleben
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/101>, abgerufen am 27.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.