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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

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würden, wenn man Männer und Weiber in
den Gang der Natur einlenkte? -- Wie wür-
de sich hier Alles von selbst verstehen! --
Man trachte zuerst nach dem Reiche Gottes
und nach seiner Gerechtigkeit; und in Wahr-
heit, alles Andere wird von selbst zufallen.
Darum Leute im Staat ehren, weil sie in der
Ehe leben, weil sie Kinder, weil sie drei
Kinder haben; darum, weil man die meisten
Kinder hat, zuerst im Rathe votiren -- ist
eben so wunderbar, als die Seele nach dem
Körper messen; und jener General hat sich
mit uns ausgesöhnt, der Specialkarten ver-
warf, und nur Generalkarten wollte, weil er
General war, oder der es nicht begreifen konn-
te, dass man ein grosser Mann seyn und doch
nicht über vier Zoll messen könne. -- Viel-
leicht kommt noch die Zeit, dass man belohnt
wird, weil man essen und trinken oder schla-
fen kann! Mit Volksmenge allein ist dem
Staate nicht gedient, wohl aber mit Bürgern,
die mit der natürlichen Beschaffenheit und
der Grösse desselben in richtigen Verhältnis-
sen stehen, die frei, arbeitsam, wohlhabend

würden, wenn man Männer und Weiber in
den Gang der Natur einlenkte? — Wie wür-
de sich hier Alles von selbst verstehen! —
Man trachte zuerst nach dem Reiche Gottes
und nach seiner Gerechtigkeit; und in Wahr-
heit, alles Andere wird von selbst zufallen.
Darum Leute im Staat ehren, weil sie in der
Ehe leben, weil sie Kinder, weil sie drei
Kinder haben; darum, weil man die meisten
Kinder hat, zuerst im Rathe votiren — ist
eben so wunderbar, als die Seele nach dem
Körper messen; und jener General hat sich
mit uns ausgesöhnt, der Specialkarten ver-
warf, und nur Generalkarten wollte, weil er
General war, oder der es nicht begreifen konn-
te, daſs man ein groſser Mann seyn und doch
nicht über vier Zoll messen könne. — Viel-
leicht kommt noch die Zeit, daſs man belohnt
wird, weil man essen und trinken oder schla-
fen kann! Mit Volksmenge allein ist dem
Staate nicht gedient, wohl aber mit Bürgern,
die mit der natürlichen Beschaffenheit und
der Gröſse desselben in richtigen Verhältnis-
sen stehen, die frei, arbeitsam, wohlhabend

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[175/0183] würden, wenn man Männer und Weiber in den Gang der Natur einlenkte? — Wie wür- de sich hier Alles von selbst verstehen! — Man trachte zuerst nach dem Reiche Gottes und nach seiner Gerechtigkeit; und in Wahr- heit, alles Andere wird von selbst zufallen. Darum Leute im Staat ehren, weil sie in der Ehe leben, weil sie Kinder, weil sie drei Kinder haben; darum, weil man die meisten Kinder hat, zuerst im Rathe votiren — ist eben so wunderbar, als die Seele nach dem Körper messen; und jener General hat sich mit uns ausgesöhnt, der Specialkarten ver- warf, und nur Generalkarten wollte, weil er General war, oder der es nicht begreifen konn- te, daſs man ein groſser Mann seyn und doch nicht über vier Zoll messen könne. — Viel- leicht kommt noch die Zeit, daſs man belohnt wird, weil man essen und trinken oder schla- fen kann! Mit Volksmenge allein ist dem Staate nicht gedient, wohl aber mit Bürgern, die mit der natürlichen Beschaffenheit und der Gröſse desselben in richtigen Verhältnis- sen stehen, die frei, arbeitsam, wohlhabend

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/183>, abgerufen am 21.11.2024.