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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

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Mensch nicht scheiden -- In der Epoche,
welche bei Mädchen etwa bis zum 16ten, und
bei Knaben bis zum 18ten Iahre dauern könn-
te, müssten beide Geschlechter zu den bürger-
lichen Bestimmungen vorbereitet und in Al-
lem, was darauf Beziehung hat, ohne dass man
auf den Geschlechtsunterschied Rücksicht näh-
me, unterrichtet werden. Dass hierbei die
völlige Entwickelung des Menschen nicht auf-
zugeben oder nur bei Seite zu setzen ist, ver-
steht sich von selbst. Würden bei dieser so-
liden Einrichtung nicht mit dem mannbaren
Alter beide Theile ohne Unterschied unbedenk-
lich da hingestellt werden können, wo sie,
dem Staate nützlich zu seyn, Anlage zeigten?
Entwöhnt dem grössten aller Übel, der langen
Weile, die mehr als der Tod zu fürchten ist,
müssten jetzt der Jüngling und das Mädchen Ge-
schäfte angewiesen bekommen, wozu sie mit
Neigung und Geschicklichkeit versehen sind.
Ehre, Rechte und Belohnungen werden als-
dann nicht ein Geschlechts-Prärogativ, son-
dern Folgen des persönlichen Verdienstes.
Weiber, die bisher ein Etwas ohne Namen

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Mensch nicht scheiden — In der Epoche,
welche bei Mädchen etwa bis zum 16ten, und
bei Knaben bis zum 18ten Iahre dauern könn-
te, müſsten beide Geschlechter zu den bürger-
lichen Bestimmungen vorbereitet und in Al-
lem, was darauf Beziehung hat, ohne daſs man
auf den Geschlechtsunterschied Rücksicht näh-
me, unterrichtet werden. Daſs hierbei die
völlige Entwickelung des Menschen nicht auf-
zugeben oder nur bei Seite zu setzen ist, ver-
steht sich von selbst. Würden bei dieser so-
liden Einrichtung nicht mit dem mannbaren
Alter beide Theile ohne Unterschied unbedenk-
lich da hingestellt werden können, wo sie,
dem Staate nützlich zu seyn, Anlage zeigten?
Entwöhnt dem gröſsten aller Übel, der langen
Weile, die mehr als der Tod zu fürchten ist,
müſsten jetzt der Jüngling und das Mädchen Ge-
schäfte angewiesen bekommen, wozu sie mit
Neigung und Geschicklichkeit versehen sind.
Ehre, Rechte und Belohnungen werden als-
dann nicht ein Geschlechts-Prärogativ, son-
dern Folgen des persönlichen Verdienstes.
Weiber, die bisher ein Etwas ohne Namen

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[231/0239] Mensch nicht scheiden — In der Epoche, welche bei Mädchen etwa bis zum 16ten, und bei Knaben bis zum 18ten Iahre dauern könn- te, müſsten beide Geschlechter zu den bürger- lichen Bestimmungen vorbereitet und in Al- lem, was darauf Beziehung hat, ohne daſs man auf den Geschlechtsunterschied Rücksicht näh- me, unterrichtet werden. Daſs hierbei die völlige Entwickelung des Menschen nicht auf- zugeben oder nur bei Seite zu setzen ist, ver- steht sich von selbst. Würden bei dieser so- liden Einrichtung nicht mit dem mannbaren Alter beide Theile ohne Unterschied unbedenk- lich da hingestellt werden können, wo sie, dem Staate nützlich zu seyn, Anlage zeigten? Entwöhnt dem gröſsten aller Übel, der langen Weile, die mehr als der Tod zu fürchten ist, müſsten jetzt der Jüngling und das Mädchen Ge- schäfte angewiesen bekommen, wozu sie mit Neigung und Geschicklichkeit versehen sind. Ehre, Rechte und Belohnungen werden als- dann nicht ein Geschlechts-Prärogativ, son- dern Folgen des persönlichen Verdienstes. Weiber, die bisher ein Etwas ohne Namen P 4

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/239>, abgerufen am 25.11.2024.