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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

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Weib sei nur des Mannes wegen? Wohl,
so wie der Mann des Weibes halben. Hast
du nie ein Weib gesehen, Freund, das bei
liebenswürdiger Einfachheit eine erhabene Grö-
sse verräth? bei voller Publicität und Offen-
heit eine enthaltsame, strenge Zurückhaltung?
-- bei edler Zutraulichkeit forschende Prü-
fung? -- Es legt es nie auf Herzen an, und
doch gewinnt es alle Herzen. Das edle Ab-
sichtlose, das die Poesie behauptet, ist seine
Weise; und wie viel richtet es damit aus!
Sein Blick, der durch die Kirchenschlösser
der Herzen dringt und Alles für und wider
entdeckt; -- seine Kraft, die Alles niederdrückt
und hebt was es will; gleich frei von Freude
wie von Leid, von Furcht und Hoffnung un-
befangen, für den heutigen Tag lebend ohne
Sorgen für den andern Morgen -- wie schnell
und wie umfassend wirksam, zur Selbstherr-
scherin aller Herzen geboren, erhebt dies
Weib zu seinen Freunden, die es durch die
Hoheit seiner Würde zu seinen Untergebenen
machte! Koketterie -- sagst du --? Nun,
so ist Kosmopolitismus Stoicismus -- und die

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Weib sei nur des Mannes wegen? Wohl,
so wie der Mann des Weibes halben. Hast
du nie ein Weib gesehen, Freund, das bei
liebenswürdiger Einfachheit eine erhabene Grö-
ſse verräth? bei voller Publicität und Offen-
heit eine enthaltsame, strenge Zurückhaltung?
— bei edler Zutraulichkeit forschende Prü-
fung? — Es legt es nie auf Herzen an, und
doch gewinnt es alle Herzen. Das edle Ab-
sichtlose, das die Poësie behauptet, ist seine
Weise; und wie viel richtet es damit aus!
Sein Blick, der durch die Kirchenschlösser
der Herzen dringt und Alles für und wider
entdeckt; — seine Kraft, die Alles niederdrückt
und hebt was es will; gleich frei von Freude
wie von Leid, von Furcht und Hoffnung un-
befangen, für den heutigen Tag lebend ohne
Sorgen für den andern Morgen — wie schnell
und wie umfassend wirksam, zur Selbstherr-
scherin aller Herzen geboren, erhebt dies
Weib zu seinen Freunden, die es durch die
Hoheit seiner Würde zu seinen Untergebenen
machte! Koketterie — sagst du —? Nun,
so ist Kosmopolitismus Stoicismus — und die

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[345/0353] Weib sei nur des Mannes wegen? Wohl, so wie der Mann des Weibes halben. Hast du nie ein Weib gesehen, Freund, das bei liebenswürdiger Einfachheit eine erhabene Grö- ſse verräth? bei voller Publicität und Offen- heit eine enthaltsame, strenge Zurückhaltung? — bei edler Zutraulichkeit forschende Prü- fung? — Es legt es nie auf Herzen an, und doch gewinnt es alle Herzen. Das edle Ab- sichtlose, das die Poësie behauptet, ist seine Weise; und wie viel richtet es damit aus! Sein Blick, der durch die Kirchenschlösser der Herzen dringt und Alles für und wider entdeckt; — seine Kraft, die Alles niederdrückt und hebt was es will; gleich frei von Freude wie von Leid, von Furcht und Hoffnung un- befangen, für den heutigen Tag lebend ohne Sorgen für den andern Morgen — wie schnell und wie umfassend wirksam, zur Selbstherr- scherin aller Herzen geboren, erhebt dies Weib zu seinen Freunden, die es durch die Hoheit seiner Würde zu seinen Untergebenen machte! Koketterie — sagst du —? Nun, so ist Kosmopolitismus Stoicismus — und die Y 5

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 345. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/353>, abgerufen am 22.11.2024.