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Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792.

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Rechte oder in der Billigkeit sich gründe?
Ich will nicht glauben. Nicht alles was wir
ungestört leiden, hat die Ehre unsers inwen-
digen Menschen vor sich. Sehet euch um!
ihr werdet finden, dass das meiste Unrecht in
der Welt in dem Bestreben besteht, so zu
handeln, dass es die Mehresten für Recht hal-
ten. Wer kann wohl, ohne eine Gewaltthä-
tigkeit zu begehen, behaupten: die Weiber
müssten einen gewissen Standpunkt auch bei
dem höheren Grade neuerer Cultur und Sit-
tenverbesserung behalten, und sie könnten,
wegen ihrer angebornen Bestimmung als Mit-
glieder der Societät und als Weiber, bis an
den lieben jüngsten Tag nur so weit und nicht
weiter kommen? Unsere Gränzen der Aus-
bildung sollten nicht abgesteckt seyn? nur die
ihrigen wären behügelt? O, du liebe Zeit!
Die relativen Bestimmungen des Weibes in
der Gesellschaft, in so weit es Weib ist --
wer fragt nach diesen? diese sind so ewig,
wie die Bestimmungen des Mannes als Mann.
Allein soll das Weib an Verstand und Willen
stehen bleiben, wenn der Mann Fortschritte

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Rechte oder in der Billigkeit sich gründe?
Ich will nicht glauben. Nicht alles was wir
ungestört leiden, hat die Ehre unsers inwen-
digen Menschen vor sich. Sehet euch um!
ihr werdet finden, daſs das meiste Unrecht in
der Welt in dem Bestreben besteht, so zu
handeln, daſs es die Mehresten für Recht hal-
ten. Wer kann wohl, ohne eine Gewaltthä-
tigkeit zu begehen, behaupten: die Weiber
müſsten einen gewissen Standpunkt auch bei
dem höheren Grade neuerer Cultur und Sit-
tenverbesserung behalten, und sie könnten,
wegen ihrer angebornen Bestimmung als Mit-
glieder der Societät und als Weiber, bis an
den lieben jüngsten Tag nur so weit und nicht
weiter kommen? Unsere Gränzen der Aus-
bildung sollten nicht abgesteckt seyn? nur die
ihrigen wären behügelt? O, du liebe Zeit!
Die relativen Bestimmungen des Weibes in
der Gesellschaft, in so weit es Weib ist —
wer fragt nach diesen? diese sind so ewig,
wie die Bestimmungen des Mannes als Mann.
Allein soll das Weib an Verstand und Willen
stehen bleiben, wenn der Mann Fortschritte

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[407/0415] Rechte oder in der Billigkeit sich gründe? Ich will nicht glauben. Nicht alles was wir ungestört leiden, hat die Ehre unsers inwen- digen Menschen vor sich. Sehet euch um! ihr werdet finden, daſs das meiste Unrecht in der Welt in dem Bestreben besteht, so zu handeln, daſs es die Mehresten für Recht hal- ten. Wer kann wohl, ohne eine Gewaltthä- tigkeit zu begehen, behaupten: die Weiber müſsten einen gewissen Standpunkt auch bei dem höheren Grade neuerer Cultur und Sit- tenverbesserung behalten, und sie könnten, wegen ihrer angebornen Bestimmung als Mit- glieder der Societät und als Weiber, bis an den lieben jüngsten Tag nur so weit und nicht weiter kommen? Unsere Gränzen der Aus- bildung sollten nicht abgesteckt seyn? nur die ihrigen wären behügelt? O, du liebe Zeit! Die relativen Bestimmungen des Weibes in der Gesellschaft, in so weit es Weib ist — wer fragt nach diesen? diese sind so ewig, wie die Bestimmungen des Mannes als Mann. Allein soll das Weib an Verstand und Willen stehen bleiben, wenn der Mann Fortschritte C c 4

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Zitationshilfe: Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 407. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/415>, abgerufen am 24.11.2024.