danken, durch das andere Geschlecht ange- spornt und aufgemuntert zu werden, immer weiter zu kommen, aber nicht Feigenblätter suchen, eure stolze Faulheit zu decken. So bald Weiber Menschen sind und Vernunft ha- ben, sind ihre Geistesanlagen nicht zu be- schränken; am wenigsten können wir hier psychologische Richter seyn, da wir so sehr Parthei sind, und da wir weit besser gelernt haben, unsere Sache zu führen und Schild- knappen der Autorität zu seyn, als das der Natur weit treuer gebliebene andere Geschlecht. Wo es nicht an innerer Kraft fehlt, da ist nur Gelegenheit nöthig, um sie zu äussern; und nur dann, wenn man sich den Vernunft- gebrauch untersagt, kann man sich zur Ab- leugnung jener Wahrheit bringen, dass nicht Alles menschlich gleich sey, was menschlich vernünftig ist. Nur dann, wenn bodenloser Stolz an der Bestimmung des Menschen kün- stelt, entkommen wir der eigentlichen Ausbil- dung der Anlagen unserer Natur, und sie ent- kommt uns. Schade! --
Was für einen Einfluss Erziehung, Klima
danken, durch das andere Geschlecht ange- spornt und aufgemuntert zu werden, immer weiter zu kommen, aber nicht Feigenblätter suchen, eure stolze Faulheit zu decken. So bald Weiber Menschen sind und Vernunft ha- ben, sind ihre Geistesanlagen nicht zu be- schränken; am wenigsten können wir hier psychologische Richter seyn, da wir so sehr Parthei sind, und da wir weit besser gelernt haben, unsere Sache zu führen und Schild- knappen der Autorität zu seyn, als das der Natur weit treuer gebliebene andere Geschlecht. Wo es nicht an innerer Kraft fehlt, da ist nur Gelegenheit nöthig, um sie zu äuſsern; und nur dann, wenn man sich den Vernunft- gebrauch untersagt, kann man sich zur Ab- leugnung jener Wahrheit bringen, daſs nicht Alles menschlich gleich sey, was menschlich vernünftig ist. Nur dann, wenn bodenloser Stolz an der Bestimmung des Menschen kün- stelt, entkommen wir der eigentlichen Ausbil- dung der Anlagen unserer Natur, und sie ent- kommt uns. Schade! —
Was für einen Einfluſs Erziehung, Klima
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0419"n="411"/>
danken, durch das andere Geschlecht ange-<lb/>
spornt und aufgemuntert zu werden, immer<lb/>
weiter zu kommen, aber nicht Feigenblätter<lb/>
suchen, eure stolze Faulheit zu decken. So<lb/>
bald Weiber Menschen sind und Vernunft ha-<lb/>
ben, sind ihre Geistesanlagen nicht zu be-<lb/>
schränken; am wenigsten können <hirendition="#i">wir</hi> hier<lb/>
psychologische Richter seyn, da wir so sehr<lb/>
Parthei sind, und da wir weit besser gelernt<lb/>
haben, unsere Sache zu führen und Schild-<lb/>
knappen der Autorität zu seyn, als das der<lb/>
Natur weit treuer gebliebene andere Geschlecht.<lb/>
Wo es nicht an innerer Kraft fehlt, da ist<lb/>
nur Gelegenheit nöthig, um sie zu äuſsern;<lb/>
und nur dann, wenn man sich den Vernunft-<lb/>
gebrauch untersagt, kann man sich zur Ab-<lb/>
leugnung jener Wahrheit bringen, daſs nicht<lb/>
Alles <hirendition="#i">menschlich gleich</hi> sey, was <hirendition="#i">menschlich<lb/>
vernünftig</hi> ist. Nur dann, wenn bodenloser<lb/>
Stolz an der Bestimmung des Menschen kün-<lb/>
stelt, entkommen wir der eigentlichen Ausbil-<lb/>
dung der Anlagen unserer Natur, und sie ent-<lb/>
kommt uns. Schade! —</p><lb/><p>Was für einen Einfluſs Erziehung, Klima<lb/></p></div></body></text></TEI>
[411/0419]
danken, durch das andere Geschlecht ange-
spornt und aufgemuntert zu werden, immer
weiter zu kommen, aber nicht Feigenblätter
suchen, eure stolze Faulheit zu decken. So
bald Weiber Menschen sind und Vernunft ha-
ben, sind ihre Geistesanlagen nicht zu be-
schränken; am wenigsten können wir hier
psychologische Richter seyn, da wir so sehr
Parthei sind, und da wir weit besser gelernt
haben, unsere Sache zu führen und Schild-
knappen der Autorität zu seyn, als das der
Natur weit treuer gebliebene andere Geschlecht.
Wo es nicht an innerer Kraft fehlt, da ist
nur Gelegenheit nöthig, um sie zu äuſsern;
und nur dann, wenn man sich den Vernunft-
gebrauch untersagt, kann man sich zur Ab-
leugnung jener Wahrheit bringen, daſs nicht
Alles menschlich gleich sey, was menschlich
vernünftig ist. Nur dann, wenn bodenloser
Stolz an der Bestimmung des Menschen kün-
stelt, entkommen wir der eigentlichen Ausbil-
dung der Anlagen unserer Natur, und sie ent-
kommt uns. Schade! —
Was für einen Einfluſs Erziehung, Klima
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Hippel, Theodor Gottlieb von: Über die bürgerliche Verbesserung der Weiber. Berlin, 1792, S. 411. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hippel_weiber_1792/419>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.