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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779.

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als schöne Kunst betrachtet.
tere und Heitere muß die Hauptfarbe seyn; einzelne Partien aber, z. B. Grotten und
Ruinen, können Bäume und Buschwerk von einer dunklern Farbe erfordern. Au-
ßer der Abwechselung, die sich schon in jeder Gattung von Bäumen findet, zeigt sich
bey ihnen noch eine große Verschiedenheit, die sich durch die mannigfaltigen Richtun-
gen der Zweige, durch die stärkere oder geringere Belaubung, durch die Dichtigkeit
oder Dünnigkeit der Blätter, durch das Grüne, Gelbliche, Bräunliche, Röthliche
des Laubes, und die tausendfachen Schattirungen desselben äußert. Nicht weniger
sind in allen Geschlechtern der Pflanzen diese Abänderungen und Mischungen der Far-
ben sichtbar. Die Anordnung der Bäume und Pflanzen nach der Zusammenstim-
mung oder Abweichung ihrer Farben ist in der Macht des Gartenkünstlers. Er
kann durch ihre Anpflanzung und Verbindung eine so vollkommene Malerey, wie nur
irgend der Landschafter, für das Auge hervorbringen; eine Malerey, die in ihrer
Wirkung schneller und bezaubernder, wenn gleich weniger beständig ist. Er kann
durch die sanftesten Gradationen von Verminderung und Erhöhung, von Schatten
und Licht, durch die pikantesten Mischungen und Verschmelzungen der Farben, der
schöpferischen Natur Gemälde vorzeigen, die sie selbst vielleicht nur hie und da in einer
glücklichen Laune bildete. Und er soll hier, was er kann. Wenn sich der Boden
seinen Arbeiten nicht widerspenstig bezeigt, so findet er fast mehr Leichtigkeit, als der
Landschaftmaler; die Farben werden ihm schon mit den Gegenständen überliefert, er
darf nur auswählen und zusammenfügen. Weil aber durch die immer fortschreiten-
den Veränderungen im Pflanzenreich auch seine Farben der Veränderung unterworfen
sind; so hat er viel Ueberlegung anzuwenden, um die Schönheit und Harmonie in
seinen Malereyen wenigstens für einige Monate zu erhalten. Er muß also nicht blos
wahrnehmen, was jetzt ist, sondern auch vorhersehen, was in einem längern oder kür-
zern Zeitraum der angenehmen Jahreszeit, für den er beschäftigt ist, sich ereignen
wird. -- "Was würde einnehmender seyn, als wenn die Tinten des Grüns, wel-
ches verschiedene Bäume uns geben, auf eine verständige Weise so verbunden würden,
daß das Helldunkele dabey eben so genau beobachtet wäre, eben so bezauberte, als in
einem schönen Gemälde? Der Gartenkünstler sollte ein vortrefflicher Maler, oder we-
nigstens vorzüglich mit dem Theil der Malerey vertraut seyn, der in der Kenntniß der
Sympathie der verschiedenen Farben und des verschiedenen Tons einer jeden besteht;
alsdann würde er das Grün mit einander auf eine Art verbinden, die uns ein außer-
ordentliches Vergnügen empfinden ließe." Dies ist das Urtheil eines angesehenen
Architekturlehrers, *) der in seinen Digressionen zur Gartenkunst verständig genug
war, sie nach ihren eigenen Grundsätzen zu richten, und ihre nähere Verwandtschaft
mit der Malerey anzuerkennen.

Auch
*) Essai sur l'Architecture (par M. Laugier) 8. Paris 1753. S. 287.

als ſchoͤne Kunſt betrachtet.
tere und Heitere muß die Hauptfarbe ſeyn; einzelne Partien aber, z. B. Grotten und
Ruinen, koͤnnen Baͤume und Buſchwerk von einer dunklern Farbe erfordern. Au-
ßer der Abwechſelung, die ſich ſchon in jeder Gattung von Baͤumen findet, zeigt ſich
bey ihnen noch eine große Verſchiedenheit, die ſich durch die mannigfaltigen Richtun-
gen der Zweige, durch die ſtaͤrkere oder geringere Belaubung, durch die Dichtigkeit
oder Duͤnnigkeit der Blaͤtter, durch das Gruͤne, Gelbliche, Braͤunliche, Roͤthliche
des Laubes, und die tauſendfachen Schattirungen deſſelben aͤußert. Nicht weniger
ſind in allen Geſchlechtern der Pflanzen dieſe Abaͤnderungen und Miſchungen der Far-
ben ſichtbar. Die Anordnung der Baͤume und Pflanzen nach der Zuſammenſtim-
mung oder Abweichung ihrer Farben iſt in der Macht des Gartenkuͤnſtlers. Er
kann durch ihre Anpflanzung und Verbindung eine ſo vollkommene Malerey, wie nur
irgend der Landſchafter, fuͤr das Auge hervorbringen; eine Malerey, die in ihrer
Wirkung ſchneller und bezaubernder, wenn gleich weniger beſtaͤndig iſt. Er kann
durch die ſanfteſten Gradationen von Verminderung und Erhoͤhung, von Schatten
und Licht, durch die pikanteſten Miſchungen und Verſchmelzungen der Farben, der
ſchoͤpferiſchen Natur Gemaͤlde vorzeigen, die ſie ſelbſt vielleicht nur hie und da in einer
gluͤcklichen Laune bildete. Und er ſoll hier, was er kann. Wenn ſich der Boden
ſeinen Arbeiten nicht widerſpenſtig bezeigt, ſo findet er faſt mehr Leichtigkeit, als der
Landſchaftmaler; die Farben werden ihm ſchon mit den Gegenſtaͤnden uͤberliefert, er
darf nur auswaͤhlen und zuſammenfuͤgen. Weil aber durch die immer fortſchreiten-
den Veraͤnderungen im Pflanzenreich auch ſeine Farben der Veraͤnderung unterworfen
ſind; ſo hat er viel Ueberlegung anzuwenden, um die Schoͤnheit und Harmonie in
ſeinen Malereyen wenigſtens fuͤr einige Monate zu erhalten. Er muß alſo nicht blos
wahrnehmen, was jetzt iſt, ſondern auch vorherſehen, was in einem laͤngern oder kuͤr-
zern Zeitraum der angenehmen Jahreszeit, fuͤr den er beſchaͤftigt iſt, ſich ereignen
wird. — „Was wuͤrde einnehmender ſeyn, als wenn die Tinten des Gruͤns, wel-
ches verſchiedene Baͤume uns geben, auf eine verſtaͤndige Weiſe ſo verbunden wuͤrden,
daß das Helldunkele dabey eben ſo genau beobachtet waͤre, eben ſo bezauberte, als in
einem ſchoͤnen Gemaͤlde? Der Gartenkuͤnſtler ſollte ein vortrefflicher Maler, oder we-
nigſtens vorzuͤglich mit dem Theil der Malerey vertraut ſeyn, der in der Kenntniß der
Sympathie der verſchiedenen Farben und des verſchiedenen Tons einer jeden beſteht;
alsdann wuͤrde er das Gruͤn mit einander auf eine Art verbinden, die uns ein außer-
ordentliches Vergnuͤgen empfinden ließe.“ Dies iſt das Urtheil eines angeſehenen
Architekturlehrers, *) der in ſeinen Digreſſionen zur Gartenkunſt verſtaͤndig genug
war, ſie nach ihren eigenen Grundſaͤtzen zu richten, und ihre naͤhere Verwandtſchaft
mit der Malerey anzuerkennen.

Auch
*) Eſſai ſur l’Architecture (par M. Laugier) 8. Paris 1753. S. 287.
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[151/0165] als ſchoͤne Kunſt betrachtet. tere und Heitere muß die Hauptfarbe ſeyn; einzelne Partien aber, z. B. Grotten und Ruinen, koͤnnen Baͤume und Buſchwerk von einer dunklern Farbe erfordern. Au- ßer der Abwechſelung, die ſich ſchon in jeder Gattung von Baͤumen findet, zeigt ſich bey ihnen noch eine große Verſchiedenheit, die ſich durch die mannigfaltigen Richtun- gen der Zweige, durch die ſtaͤrkere oder geringere Belaubung, durch die Dichtigkeit oder Duͤnnigkeit der Blaͤtter, durch das Gruͤne, Gelbliche, Braͤunliche, Roͤthliche des Laubes, und die tauſendfachen Schattirungen deſſelben aͤußert. Nicht weniger ſind in allen Geſchlechtern der Pflanzen dieſe Abaͤnderungen und Miſchungen der Far- ben ſichtbar. Die Anordnung der Baͤume und Pflanzen nach der Zuſammenſtim- mung oder Abweichung ihrer Farben iſt in der Macht des Gartenkuͤnſtlers. Er kann durch ihre Anpflanzung und Verbindung eine ſo vollkommene Malerey, wie nur irgend der Landſchafter, fuͤr das Auge hervorbringen; eine Malerey, die in ihrer Wirkung ſchneller und bezaubernder, wenn gleich weniger beſtaͤndig iſt. Er kann durch die ſanfteſten Gradationen von Verminderung und Erhoͤhung, von Schatten und Licht, durch die pikanteſten Miſchungen und Verſchmelzungen der Farben, der ſchoͤpferiſchen Natur Gemaͤlde vorzeigen, die ſie ſelbſt vielleicht nur hie und da in einer gluͤcklichen Laune bildete. Und er ſoll hier, was er kann. Wenn ſich der Boden ſeinen Arbeiten nicht widerſpenſtig bezeigt, ſo findet er faſt mehr Leichtigkeit, als der Landſchaftmaler; die Farben werden ihm ſchon mit den Gegenſtaͤnden uͤberliefert, er darf nur auswaͤhlen und zuſammenfuͤgen. Weil aber durch die immer fortſchreiten- den Veraͤnderungen im Pflanzenreich auch ſeine Farben der Veraͤnderung unterworfen ſind; ſo hat er viel Ueberlegung anzuwenden, um die Schoͤnheit und Harmonie in ſeinen Malereyen wenigſtens fuͤr einige Monate zu erhalten. Er muß alſo nicht blos wahrnehmen, was jetzt iſt, ſondern auch vorherſehen, was in einem laͤngern oder kuͤr- zern Zeitraum der angenehmen Jahreszeit, fuͤr den er beſchaͤftigt iſt, ſich ereignen wird. — „Was wuͤrde einnehmender ſeyn, als wenn die Tinten des Gruͤns, wel- ches verſchiedene Baͤume uns geben, auf eine verſtaͤndige Weiſe ſo verbunden wuͤrden, daß das Helldunkele dabey eben ſo genau beobachtet waͤre, eben ſo bezauberte, als in einem ſchoͤnen Gemaͤlde? Der Gartenkuͤnſtler ſollte ein vortrefflicher Maler, oder we- nigſtens vorzuͤglich mit dem Theil der Malerey vertraut ſeyn, der in der Kenntniß der Sympathie der verſchiedenen Farben und des verſchiedenen Tons einer jeden beſteht; alsdann wuͤrde er das Gruͤn mit einander auf eine Art verbinden, die uns ein außer- ordentliches Vergnuͤgen empfinden ließe.“ Dies iſt das Urtheil eines angeſehenen Architekturlehrers, *) der in ſeinen Digreſſionen zur Gartenkunſt verſtaͤndig genug war, ſie nach ihren eigenen Grundſaͤtzen zu richten, und ihre naͤhere Verwandtſchaft mit der Malerey anzuerkennen. Auch *) Eſſai ſur l’Architecture (par M. Laugier) 8. Paris 1753. S. 287.

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779, S. 151. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst1_1779/165>, abgerufen am 24.11.2024.