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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779.

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der Alten und der Neuen.
Spitze; auf der dritten zeigt sich der bedeckte Gang vom Tempel des Theseus, voll-
kommen nach dem Muster des atheniensischen, giebt diesem auch an Größe wenig
nach. Er steht kühn auf dem Gipfel des Berges, und hat mit dem dunkeln Hinter-
grunde eines Tannenwaldes und über den vorne und an den Seiten befindlichen Ab-
hängen ein recht majestätisches Ansehen. Das Haus bekömmt von diesen Anhöhen
ein sehr vortheilhaftes Ansehen; und man kann aus einem jeden Standorte derselben
einige schöne Aussichten entdecken. Stourbridge, eine sehr belebte Stadt, liegt
gleich am Fuße derselben; die Ruinen vom Dudleyschlosse zeigen sich in keiner gro-
ßen Entfernung; das Land ist mit Einwohnern und den Spuren ihres Fleißes ange-
füllt; und ein kleines Stück, das sich von der Gegend, wo die in der Nachbarschaft
verarbeiteten Mineralien gegraben werden, bis über den Horizont herüber verbreitet,
ist ein Beweis des Reichthums, ohne der Schönheit der Landschaft einigen Abbruch
zu thun.

Von den Clenter Bergen sind die Aussichten noch größer. Sie erstrecken sich
auf der einen Seite bis zu den schwarzen Gebirgen in Wallis, welche sich, in einer
langen Linie in einer Entfernung von sechzig (engl.) Meilen, durch die Oeffnung zwi-
schen den rauhen und ungeheuern Malverngebirgen und zwischen der einsamen Spitze
vom Wrekinberge zeigen, die beyde von hier dreyßig Meilen entfernt sind und eben
so weit von einander abstehen. Das Land bestehet aus einer Mischung von Bergen
und Thälern, und ist sehr geschlossen; ausgenommen in einer einzigen Gegend, wo
eine Hayde, die von Erhöhungen, Teichen und verschiedenen andern Gegenständen
eine angenehme Abwechselung erhält, mit einem bearbeiteten Felde, das von jener
umgeben wird, einen vortrefflichen Contrast macht. Von der andern Seite der
Clenter Berge verbreitet sich der Prospect nicht so weit. Der Boden aber ist weit
rauher und unebener. Dennoch ist er an vielen Orten mit großen und schönen Wäl-
dern bedeckt; und die Aussicht erhält von den vielen Landsitzen des Adels und anderer
Standespersonen einen ansehnlichen Vortheil. Weil überdieß die Berge selbst sehr
irregulär sind, so unterbrechen oft große weit vorstehende Vorgebirge die Beschäfti-
gung der Augen, indem sie zugleich die Scene verändern. An andern Orten zeigen
tiefe Thäler, die sich nach und nach in der Landgegend verlieren, die da befindlichen
Gegenstände in einem abwechselnden Lichte. In einer von diesen Tiefen ist ein arti-
ges Bauerhaus unter einem hohen Abhange aufgebauet, welches überdieß auf den
Seiten und im Rücken mit Waldung umringt ist, und die Vorstellung einer Einsie-
deley mitten in einer so offenen und freyen Gegend erregt. Von den darüber befind-
lichen Höhen fällt der ganze Auftritt in die Augen, welcher vorher von den Witch-
berry
-Bergen übersehen werden konnte, sich aber hier über den Park zu Hagley

zeigt,

der Alten und der Neuen.
Spitze; auf der dritten zeigt ſich der bedeckte Gang vom Tempel des Theſeus, voll-
kommen nach dem Muſter des athenienſiſchen, giebt dieſem auch an Groͤße wenig
nach. Er ſteht kuͤhn auf dem Gipfel des Berges, und hat mit dem dunkeln Hinter-
grunde eines Tannenwaldes und uͤber den vorne und an den Seiten befindlichen Ab-
haͤngen ein recht majeſtaͤtiſches Anſehen. Das Haus bekoͤmmt von dieſen Anhoͤhen
ein ſehr vortheilhaftes Anſehen; und man kann aus einem jeden Standorte derſelben
einige ſchoͤne Ausſichten entdecken. Stourbridge, eine ſehr belebte Stadt, liegt
gleich am Fuße derſelben; die Ruinen vom Dudleyſchloſſe zeigen ſich in keiner gro-
ßen Entfernung; das Land iſt mit Einwohnern und den Spuren ihres Fleißes ange-
fuͤllt; und ein kleines Stuͤck, das ſich von der Gegend, wo die in der Nachbarſchaft
verarbeiteten Mineralien gegraben werden, bis uͤber den Horizont heruͤber verbreitet,
iſt ein Beweis des Reichthums, ohne der Schoͤnheit der Landſchaft einigen Abbruch
zu thun.

Von den Clenter Bergen ſind die Ausſichten noch groͤßer. Sie erſtrecken ſich
auf der einen Seite bis zu den ſchwarzen Gebirgen in Wallis, welche ſich, in einer
langen Linie in einer Entfernung von ſechzig (engl.) Meilen, durch die Oeffnung zwi-
ſchen den rauhen und ungeheuern Malverngebirgen und zwiſchen der einſamen Spitze
vom Wrekinberge zeigen, die beyde von hier dreyßig Meilen entfernt ſind und eben
ſo weit von einander abſtehen. Das Land beſtehet aus einer Miſchung von Bergen
und Thaͤlern, und iſt ſehr geſchloſſen; ausgenommen in einer einzigen Gegend, wo
eine Hayde, die von Erhoͤhungen, Teichen und verſchiedenen andern Gegenſtaͤnden
eine angenehme Abwechſelung erhaͤlt, mit einem bearbeiteten Felde, das von jener
umgeben wird, einen vortrefflichen Contraſt macht. Von der andern Seite der
Clenter Berge verbreitet ſich der Proſpect nicht ſo weit. Der Boden aber iſt weit
rauher und unebener. Dennoch iſt er an vielen Orten mit großen und ſchoͤnen Waͤl-
dern bedeckt; und die Ausſicht erhaͤlt von den vielen Landſitzen des Adels und anderer
Standesperſonen einen anſehnlichen Vortheil. Weil uͤberdieß die Berge ſelbſt ſehr
irregulaͤr ſind, ſo unterbrechen oft große weit vorſtehende Vorgebirge die Beſchaͤfti-
gung der Augen, indem ſie zugleich die Scene veraͤndern. An andern Orten zeigen
tiefe Thaͤler, die ſich nach und nach in der Landgegend verlieren, die da befindlichen
Gegenſtaͤnde in einem abwechſelnden Lichte. In einer von dieſen Tiefen iſt ein arti-
ges Bauerhaus unter einem hohen Abhange aufgebauet, welches uͤberdieß auf den
Seiten und im Ruͤcken mit Waldung umringt iſt, und die Vorſtellung einer Einſie-
deley mitten in einer ſo offenen und freyen Gegend erregt. Von den daruͤber befind-
lichen Hoͤhen faͤllt der ganze Auftritt in die Augen, welcher vorher von den Witch-
berry
-Bergen uͤberſehen werden konnte, ſich aber hier uͤber den Park zu Hagley

zeigt,
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[63/0077] der Alten und der Neuen. Spitze; auf der dritten zeigt ſich der bedeckte Gang vom Tempel des Theſeus, voll- kommen nach dem Muſter des athenienſiſchen, giebt dieſem auch an Groͤße wenig nach. Er ſteht kuͤhn auf dem Gipfel des Berges, und hat mit dem dunkeln Hinter- grunde eines Tannenwaldes und uͤber den vorne und an den Seiten befindlichen Ab- haͤngen ein recht majeſtaͤtiſches Anſehen. Das Haus bekoͤmmt von dieſen Anhoͤhen ein ſehr vortheilhaftes Anſehen; und man kann aus einem jeden Standorte derſelben einige ſchoͤne Ausſichten entdecken. Stourbridge, eine ſehr belebte Stadt, liegt gleich am Fuße derſelben; die Ruinen vom Dudleyſchloſſe zeigen ſich in keiner gro- ßen Entfernung; das Land iſt mit Einwohnern und den Spuren ihres Fleißes ange- fuͤllt; und ein kleines Stuͤck, das ſich von der Gegend, wo die in der Nachbarſchaft verarbeiteten Mineralien gegraben werden, bis uͤber den Horizont heruͤber verbreitet, iſt ein Beweis des Reichthums, ohne der Schoͤnheit der Landſchaft einigen Abbruch zu thun. Von den Clenter Bergen ſind die Ausſichten noch groͤßer. Sie erſtrecken ſich auf der einen Seite bis zu den ſchwarzen Gebirgen in Wallis, welche ſich, in einer langen Linie in einer Entfernung von ſechzig (engl.) Meilen, durch die Oeffnung zwi- ſchen den rauhen und ungeheuern Malverngebirgen und zwiſchen der einſamen Spitze vom Wrekinberge zeigen, die beyde von hier dreyßig Meilen entfernt ſind und eben ſo weit von einander abſtehen. Das Land beſtehet aus einer Miſchung von Bergen und Thaͤlern, und iſt ſehr geſchloſſen; ausgenommen in einer einzigen Gegend, wo eine Hayde, die von Erhoͤhungen, Teichen und verſchiedenen andern Gegenſtaͤnden eine angenehme Abwechſelung erhaͤlt, mit einem bearbeiteten Felde, das von jener umgeben wird, einen vortrefflichen Contraſt macht. Von der andern Seite der Clenter Berge verbreitet ſich der Proſpect nicht ſo weit. Der Boden aber iſt weit rauher und unebener. Dennoch iſt er an vielen Orten mit großen und ſchoͤnen Waͤl- dern bedeckt; und die Ausſicht erhaͤlt von den vielen Landſitzen des Adels und anderer Standesperſonen einen anſehnlichen Vortheil. Weil uͤberdieß die Berge ſelbſt ſehr irregulaͤr ſind, ſo unterbrechen oft große weit vorſtehende Vorgebirge die Beſchaͤfti- gung der Augen, indem ſie zugleich die Scene veraͤndern. An andern Orten zeigen tiefe Thaͤler, die ſich nach und nach in der Landgegend verlieren, die da befindlichen Gegenſtaͤnde in einem abwechſelnden Lichte. In einer von dieſen Tiefen iſt ein arti- ges Bauerhaus unter einem hohen Abhange aufgebauet, welches uͤberdieß auf den Seiten und im Ruͤcken mit Waldung umringt iſt, und die Vorſtellung einer Einſie- deley mitten in einer ſo offenen und freyen Gegend erregt. Von den daruͤber befind- lichen Hoͤhen faͤllt der ganze Auftritt in die Augen, welcher vorher von den Witch- berry-Bergen uͤberſehen werden konnte, ſich aber hier uͤber den Park zu Hagley zeigt,

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 1. Leipzig, 1779, S. 63. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst1_1779/77>, abgerufen am 22.11.2024.