Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780.Fünfter Abschnitt. nicht unangenehm seyn, hier in der Beschreibung einiger der berühmtesten Kataraktendie Mannichfaltigkeit ihrer Verzierungen und Zufälligkeiten zu sehen. Der Fall des Flusses Tees nicht weit von Bernard-Castle ist, nach Youngs*) Kein Land ist von der Natur mit so vielen kleinen und großen Wasserfällen und Empfin- *) Reisen durch die nördlichen Provinzen von England, 1 Th. 9 Br. **) Deutsches Musäum, 1778. 8tes St.
Fuͤnfter Abſchnitt. nicht unangenehm ſeyn, hier in der Beſchreibung einiger der beruͤhmteſten Kataraktendie Mannichfaltigkeit ihrer Verzierungen und Zufaͤlligkeiten zu ſehen. Der Fall des Fluſſes Tees nicht weit von Bernard-Caſtle iſt, nach Youngs*) Kein Land iſt von der Natur mit ſo vielen kleinen und großen Waſſerfaͤllen und Empfin- *) Reiſen durch die noͤrdlichen Provinzen von England, 1 Th. 9 Br. **) Deutſches Muſaͤum, 1778. 8tes St.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0124" n="120"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Fuͤnfter Abſchnitt.</hi></fw><lb/> nicht unangenehm ſeyn, hier in der Beſchreibung einiger der beruͤhmteſten Katarakten<lb/> die Mannichfaltigkeit ihrer Verzierungen und Zufaͤlligkeiten zu ſehen.</p><lb/> <p>Der Fall des Fluſſes <hi rendition="#fr">Tees</hi> nicht weit von <hi rendition="#fr">Bernard-Caſtle</hi> iſt, nach <hi rendition="#fr">Youngs</hi><note place="foot" n="*)">Reiſen durch die noͤrdlichen Provinzen von England, 1 Th. 9 Br.</note><lb/> Erzaͤhlung, eine der groͤßten natuͤrlichen Merkwuͤrdigkeiten in <hi rendition="#fr">England</hi>. Der Weg<lb/> fuͤhrt bald zwiſchen reißenden Stroͤmen, bald laͤngſt rauhen Felſen, bald uͤber kahle<lb/> Berge, bald in dem Bette des Fluſſes ſelbſt fort, das die gewaltigen Stroͤme gemacht<lb/> haben. Man faͤngt an den Waſſerfall zu hoͤren, und ſich beynahe dafuͤr zu fuͤrchten.<lb/> Wenn man in die Gegend kommt, wo die <hi rendition="#fr">Tees</hi> auf Felſen herabſtuͤrzt, ſo verhin-<lb/> dert der Wald ſie zu ſehen; aber das Getoͤſe iſt fuͤrchterlich. Der Anblick ſelbſt aber<lb/> iſt in der That praͤchtig; der ganze Strom, der nicht klein iſt, theilt ſich oben durch<lb/> einen in der Mitte liegenden Felſen in zwey Theile, und ſtuͤrzt auf dieſe Art achtzig Fuß<lb/> in einer ſenkrechten Hoͤhe herab. Der Schaum und Staubregen, darin ſich das<lb/> Waſſer aufloͤſet, verurſacht beym Sonnenſchein allemal einen Regenbogen. Der<lb/> Anblick wird noch grauſender, weil zu beyden Seiten hundert Fuß hohe Felſen aufge-<lb/> thuͤrmt ſtehen, woruͤber große Baͤume wild verwachſen ſich heruͤber haͤngen.</p><lb/> <p>Kein Land iſt von der Natur mit ſo vielen kleinen und großen Waſſerfaͤllen und<lb/> Katarakten erfuͤllt, als die <hi rendition="#fr">Schweiz</hi>. In den gebuͤrgigten Gegenden hoͤrt man auf<lb/> allen Seiten Baͤche und Waldſtroͤme rauſchen. Wir uͤbergehen den beruͤhmten<lb/> Rheinfall bey <hi rendition="#fr">Schafhauſen</hi>, der oft beſchrieben und oft gemalt ward. Einer der ſel-<lb/> tenſten Waſſerſtuͤrze iſt unſtreitig der, welcher ſich auf der Nordſeite des <hi rendition="#fr">Gotthards-<lb/> bergs</hi> am Ende des <hi rendition="#fr">Urſeler</hi> Thals befindet. Hier ſcheint, nach der neueſten <hi rendition="#fr">Sul-<lb/> zerſchen</hi> Beſchreibung<note place="foot" n="**)">Deutſches Muſaͤum, 1778. 8tes St.</note>, der Ausgang aus dem Thale unmoͤglich, weil uͤberall ſenkrecht<lb/> in die Hoͤhe ſteigende Felſenberge herumſtehen. Nur die <hi rendition="#fr">Reuß</hi> hat gegen Norden<lb/> ſich einen engen Durchgang zwiſchen hohen Felſen durchgegraben. Weil ſie aber kei-<lb/> ne Ufer hat, und zwiſchen dieſen Felſen als durch einen Canal laͤuft, ſo kann man da<lb/> nicht herauskommen. Daher hat hier ein Weg mitten durch einen an der <hi rendition="#fr">Reuß</hi> ſte-<lb/> henden Felſen durchgehauen werden muͤſſen. Er iſt nur achtzig Schritte lang, gerade ſo<lb/> weit, daß zwey Pferde vor einander vorbey koͤnnen, und ſo hoch, daß der reitende<lb/> Reiſende mit dem Kopfe nicht an das Felſengewoͤlbe anſtoͤßt. In der Mitte iſt eine<lb/> kleine Seitenoͤffnung gegen den Fluß, um dem Gange etwas Licht zu geben. Ein<lb/> groͤßerer Contraſt iſt vielleicht in der Natur nicht zu ſehen, als den hier die bey-<lb/> den Scenen machen, die man diesſeits und jenſeits dieſes nur achtzig Schritte langen<lb/> Durchgangs ſieht. Ehe man durchgeht, befindet man ſich in einem ebenen, mit<lb/> ſchoͤnen Fluren angefuͤllten, ſtillen, ſehr angenehmen Thal, einem Wohnſitz, der die<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Empfin-</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [120/0124]
Fuͤnfter Abſchnitt.
nicht unangenehm ſeyn, hier in der Beſchreibung einiger der beruͤhmteſten Katarakten
die Mannichfaltigkeit ihrer Verzierungen und Zufaͤlligkeiten zu ſehen.
Der Fall des Fluſſes Tees nicht weit von Bernard-Caſtle iſt, nach Youngs *)
Erzaͤhlung, eine der groͤßten natuͤrlichen Merkwuͤrdigkeiten in England. Der Weg
fuͤhrt bald zwiſchen reißenden Stroͤmen, bald laͤngſt rauhen Felſen, bald uͤber kahle
Berge, bald in dem Bette des Fluſſes ſelbſt fort, das die gewaltigen Stroͤme gemacht
haben. Man faͤngt an den Waſſerfall zu hoͤren, und ſich beynahe dafuͤr zu fuͤrchten.
Wenn man in die Gegend kommt, wo die Tees auf Felſen herabſtuͤrzt, ſo verhin-
dert der Wald ſie zu ſehen; aber das Getoͤſe iſt fuͤrchterlich. Der Anblick ſelbſt aber
iſt in der That praͤchtig; der ganze Strom, der nicht klein iſt, theilt ſich oben durch
einen in der Mitte liegenden Felſen in zwey Theile, und ſtuͤrzt auf dieſe Art achtzig Fuß
in einer ſenkrechten Hoͤhe herab. Der Schaum und Staubregen, darin ſich das
Waſſer aufloͤſet, verurſacht beym Sonnenſchein allemal einen Regenbogen. Der
Anblick wird noch grauſender, weil zu beyden Seiten hundert Fuß hohe Felſen aufge-
thuͤrmt ſtehen, woruͤber große Baͤume wild verwachſen ſich heruͤber haͤngen.
Kein Land iſt von der Natur mit ſo vielen kleinen und großen Waſſerfaͤllen und
Katarakten erfuͤllt, als die Schweiz. In den gebuͤrgigten Gegenden hoͤrt man auf
allen Seiten Baͤche und Waldſtroͤme rauſchen. Wir uͤbergehen den beruͤhmten
Rheinfall bey Schafhauſen, der oft beſchrieben und oft gemalt ward. Einer der ſel-
tenſten Waſſerſtuͤrze iſt unſtreitig der, welcher ſich auf der Nordſeite des Gotthards-
bergs am Ende des Urſeler Thals befindet. Hier ſcheint, nach der neueſten Sul-
zerſchen Beſchreibung **), der Ausgang aus dem Thale unmoͤglich, weil uͤberall ſenkrecht
in die Hoͤhe ſteigende Felſenberge herumſtehen. Nur die Reuß hat gegen Norden
ſich einen engen Durchgang zwiſchen hohen Felſen durchgegraben. Weil ſie aber kei-
ne Ufer hat, und zwiſchen dieſen Felſen als durch einen Canal laͤuft, ſo kann man da
nicht herauskommen. Daher hat hier ein Weg mitten durch einen an der Reuß ſte-
henden Felſen durchgehauen werden muͤſſen. Er iſt nur achtzig Schritte lang, gerade ſo
weit, daß zwey Pferde vor einander vorbey koͤnnen, und ſo hoch, daß der reitende
Reiſende mit dem Kopfe nicht an das Felſengewoͤlbe anſtoͤßt. In der Mitte iſt eine
kleine Seitenoͤffnung gegen den Fluß, um dem Gange etwas Licht zu geben. Ein
groͤßerer Contraſt iſt vielleicht in der Natur nicht zu ſehen, als den hier die bey-
den Scenen machen, die man diesſeits und jenſeits dieſes nur achtzig Schritte langen
Durchgangs ſieht. Ehe man durchgeht, befindet man ſich in einem ebenen, mit
ſchoͤnen Fluren angefuͤllten, ſtillen, ſehr angenehmen Thal, einem Wohnſitz, der die
Empfin-
*) Reiſen durch die noͤrdlichen Provinzen von England, 1 Th. 9 Br.
**) Deutſches Muſaͤum, 1778. 8tes St.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |