Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780.Fünfter Abschnitt. bekannten Welt wird das Wasser so hoch in die Luft gespielt als hier, höher als die be-rühmten Wasserkünste zu St. Cloud, zu Herrenhausen und die auf dem Winter- kasten bey Cassel steigen. Einige kochende Quellen werfen eine Wassersäule, die einige Fuß dick ist, weit über hundert Fuß in die Höhe; einige springen nur zu ge- wissen Zeiten, andere beständig. Um einen kleinen Landsee sah Troil*) auf einmal acht verschiedene Quellen, woraus Wasser in die Höhe sprang, und in der klaren Morgenluft einen Dampf verbreitete; eine davon warf beständig eine Wassersäule, die sechs bis acht Fuß dick war, und auf vier und zwanzig Fuß hoch stieg. Bey Gey- ser, nicht weit von Skallholt, einem der bischöflichen Sitze auf Island, fand er, in dem Bezirk einer halben Meile, bis auf funfzig siedende Quellen, wovon die größ- te eine zirkelrunde Röhre von neunzehn Fuß im Durchmesser hatte, die sich oben in ein Becken von neun und funfzig Fuß im Durchmesser endigte, und das Wasser bis zu sechzig Faden in die Höhe warf. Nach dieser Bemerkung glaube ich, daß in einem romantischen Reviere, das In romantischen Gärten verdienen demnach die springenden Wasser eine vorzügli- tes *) Briefe, welche eine 1772 nach Island angestellte Reise betreffen. Aus dem Schwe-
dischen, 8. 1779. 1 und 21. Br. Fuͤnfter Abſchnitt. bekannten Welt wird das Waſſer ſo hoch in die Luft geſpielt als hier, hoͤher als die be-ruͤhmten Waſſerkuͤnſte zu St. Cloud, zu Herrenhauſen und die auf dem Winter- kaſten bey Caſſel ſteigen. Einige kochende Quellen werfen eine Waſſerſaͤule, die einige Fuß dick iſt, weit uͤber hundert Fuß in die Hoͤhe; einige ſpringen nur zu ge- wiſſen Zeiten, andere beſtaͤndig. Um einen kleinen Landſee ſah Troil*) auf einmal acht verſchiedene Quellen, woraus Waſſer in die Hoͤhe ſprang, und in der klaren Morgenluft einen Dampf verbreitete; eine davon warf beſtaͤndig eine Waſſerſaͤule, die ſechs bis acht Fuß dick war, und auf vier und zwanzig Fuß hoch ſtieg. Bey Gey- ſer, nicht weit von Skallholt, einem der biſchoͤflichen Sitze auf Island, fand er, in dem Bezirk einer halben Meile, bis auf funfzig ſiedende Quellen, wovon die groͤß- te eine zirkelrunde Roͤhre von neunzehn Fuß im Durchmeſſer hatte, die ſich oben in ein Becken von neun und funfzig Fuß im Durchmeſſer endigte, und das Waſſer bis zu ſechzig Faden in die Hoͤhe warf. Nach dieſer Bemerkung glaube ich, daß in einem romantiſchen Reviere, das In romantiſchen Gaͤrten verdienen demnach die ſpringenden Waſſer eine vorzuͤgli- tes *) Briefe, welche eine 1772 nach Island angeſtellte Reiſe betreffen. Aus dem Schwe-
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Fuͤnfter Abſchnitt.
bekannten Welt wird das Waſſer ſo hoch in die Luft geſpielt als hier, hoͤher als die be-
ruͤhmten Waſſerkuͤnſte zu St. Cloud, zu Herrenhauſen und die auf dem Winter-
kaſten bey Caſſel ſteigen. Einige kochende Quellen werfen eine Waſſerſaͤule, die
einige Fuß dick iſt, weit uͤber hundert Fuß in die Hoͤhe; einige ſpringen nur zu ge-
wiſſen Zeiten, andere beſtaͤndig. Um einen kleinen Landſee ſah Troil *) auf einmal
acht verſchiedene Quellen, woraus Waſſer in die Hoͤhe ſprang, und in der klaren
Morgenluft einen Dampf verbreitete; eine davon warf beſtaͤndig eine Waſſerſaͤule, die
ſechs bis acht Fuß dick war, und auf vier und zwanzig Fuß hoch ſtieg. Bey Gey-
ſer, nicht weit von Skallholt, einem der biſchoͤflichen Sitze auf Island, fand er,
in dem Bezirk einer halben Meile, bis auf funfzig ſiedende Quellen, wovon die groͤß-
te eine zirkelrunde Roͤhre von neunzehn Fuß im Durchmeſſer hatte, die ſich oben in
ein Becken von neun und funfzig Fuß im Durchmeſſer endigte, und das Waſſer bis
zu ſechzig Faden in die Hoͤhe warf.
Nach dieſer Bemerkung glaube ich, daß in einem romantiſchen Reviere, das
ſich durch ſeltſame und beynahe abentheuerliche Scenen und Zufaͤlligkeiten unterſcheidet,
die Kunſt vornehmlich berechtiget iſt, hochſteigende Waſſerſaͤulen nachzubilden. Sie
ſcheinen hier recht an ihrem Orte zu ſeyn, und helfen die Wirkung ſehr verſtaͤrken.
Man ſieht in einigen Gegenden des Canton Bern auf freyem Felde, oft an dem Fuß
felſigter Hoͤhen, Springbrunnen, die zur Traͤnkung der Herden angelegt ſind, ihren
ſilbernen Stral emporſchießen. Sie ſind da von einer deſto lebhaftern Wirkung, je
weniger man ſie erwartet. Ich habe ſie nie ohne Verwunderung und angenehme
Ueberraſchung erblickt.
In romantiſchen Gaͤrten verdienen demnach die ſpringenden Waſſer eine vorzuͤgli-
che Empfehlung. In andern aber ſcheinen ſie mehr eine entbehrliche Kuͤnſteley, zumal
wenn ſie gehaͤuft werden. In Gegenden von einem einfachen und beſcheidenen Reiz,
in Anlagen von einer laͤndlichen Einfalt wird der Bach oder Waſſerguß ſein Vor-
recht behaupten; ein praͤchtiges Springwaſſer wuͤrde hier mit dem Charakter der uͤbri-
gen Auftritte unvereinbar ſeyn. Doch wollen wir es auch ohne Eigenſinn an einzel-
nen Stellen zulaſſen, wenn es nur mit ſo viel Geſchmack angebracht wird, daß es
nicht beleidigt. So wuͤrde eine maͤßige, mit hellem lebhaften Geplaͤtſcher emporſpie-
lende Fontaine immer eine anmuthige Verzierung in der Mitte eines kleinen mit Blu-
men beſetzten Platzes ſeyn. Man ſieht mit Vergnuͤgen zwiſchen hundert leuchtenden
Farben den weißen kryſtallenen Stral ſich erheben, fallen, und plaͤtſchernd ein leich-
tes
*) Briefe, welche eine 1772 nach Island angeſtellte Reiſe betreffen. Aus dem Schwe-
diſchen, 8. 1779. 1 und 21. Br.
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