Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780.Anhang. Diese Aussicht auf eine so ausgebreitete und freye Wasserfläche zwischen Anhöhen Vornehmlich findet man hier eine Scene der sanften Betrachtung und ländlichen Auf der Hinterseite des Pavillon ist die Aussicht durch einen anliegenden Wald merkt
Anhang. Dieſe Ausſicht auf eine ſo ausgebreitete und freye Waſſerflaͤche zwiſchen Anhoͤhen Vornehmlich findet man hier eine Scene der ſanften Betrachtung und laͤndlichen Auf der Hinterſeite des Pavillon iſt die Ausſicht durch einen anliegenden Wald merkt
<TEI> <text> <body> <div n="2"> <pb facs="#f0158" n="154"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Anhang</hi>.</hi> </fw><lb/> <p>Dieſe Ausſicht auf eine ſo ausgebreitete und freye Waſſerflaͤche zwiſchen Anhoͤhen<lb/> und Waldungen macht das Hauptſtuͤck dieſer Lage aus. Die Klarheit des Waſſers,<lb/> worin ſich der halbe Himmel zu ſpiegeln ſcheint, und die Schoͤnheit der Waͤlder umher,<lb/> die ſich alle in dem Proſpect unterſcheiden, verbreiten von allen Seiten eine ungemeine<lb/> Heiterkeit. Die Ausſicht gewinnt ſelbſt durch die Hoͤhe, von welcher ſie genoſſen wird;<lb/> man ſieht alle Gegenſtaͤnde, die Haupttheile zur Verſchoͤnerung des Ganzen ſind, ſich<lb/> deutlich unterſcheiden; die kleinern verlieren ſich mehr in den Duft der Ferne, nach-<lb/> dem ſie zur Verbindung und Ausfuͤllung, zur Vollendung des Umriſſes des Ganzen<lb/> behuͤlflich geweſen.</p><lb/> <p>Vornehmlich findet man hier eine Scene der ſanften Betrachtung und laͤndlichen<lb/> Ergoͤtzung. Denn das Waſſer und die Waldungen, die in eine gewiſſe Entfernung<lb/> ſich hin verlieren, und doch zur Ueberſicht nahe genug bleiben, floͤßen um ſo mehr Ru-<lb/> he ein, da eine Art von heiliger Stille uͤber ihnen zu ſchweben ſcheint. Eine Waſſer-<lb/> ſcene von einem ſolchen nicht gar zu weiten Umfang und in einer ſolchen Verbindung<lb/> mit Gehoͤlzen hat nichts, das Erſtaunen oder Bewunderung erregte; aber ſie hat eine<lb/> vorzuͤgliche Kraft, die Seele uͤber den gewoͤhnlichen Stand ihrer Empfindung hin-<lb/> auszuheben, und ſie mit ſanftbelebenden Gefuͤhlen zu fuͤllen. Das Ausgedehnte<lb/> und Freye eroͤffnet ſie gleichſam zum Genuß; und die Empfindung ſo ſanfter und ruhiger<lb/> Scenen, deren Einwirkung ſich hier durch ihre Ausbreitung verſtaͤrkt, wird von allen<lb/> Seiten unterhalten. Noch mehr gewinnt die Ausſicht durch die zufaͤlligen Verſchoͤne-<lb/> rungen der Abendſonne, die, indem ſie auf den Anhoͤhen zur Rechten uͤber den Hainen<lb/> und Gebuͤſchen dahin ſinkt, ihre gruͤnen Haͤupter vergoldet, und dieſer Seite des Ge-<lb/> waͤſſers einen milden Glanz zuſtreut, der lieblich auf der ſanftzitternden Fluth ſpielt. In-<lb/> dem der Betrachter den Schimmer des Tages von Farbe zu Farbe verloͤſchen, und den<lb/> aufſteigenden Duft allmaͤhlig die Ferne uͤberdaͤmmern ſieht, ſo nimmt auch das Herz<lb/> Antheil an der beginnenden Ruhe der Natur, kehrt in ſich und fuͤhlet ſich ſelbſt.</p><lb/> <p>Auf der Hinterſeite des Pavillon iſt die Ausſicht durch einen anliegenden Wald<lb/> geſperrt; nur eine einzige ſchmale Oeffnung leitet zwiſchen den Baͤumen den Blick auf<lb/> ein Gewaͤſſer. Dies iſt eine veraͤnderte Scene. Man ſieht, durch den Zwiſchenraum<lb/> in eine jaͤhe Tiefe hinab, einen Strich von einem ganz nahen See, die <hi rendition="#fr">Ukley</hi> genannt,<lb/> und uͤber ihn hin ruhet das Auge auf einem Gehoͤlz, das in dieſem Proſpect das Ufer<lb/> begraͤnzt. Der See iſt weder an Groͤße noch an Schoͤnheit mit dem <hi rendition="#fr">Kellerſee</hi> zu ver-<lb/> gleichen; ſein Umfang iſt klein, und man kann ihn gemaͤchlich in einer Stunde umge-<lb/> hen. Allein ſeine Nachbarſchaft und die Tiefe, worin er von dieſer Anhoͤhe erſcheint,<lb/> machen ihn intereſſant. Eine ſteile Terraſſe, mit Raſenſitzen verziert, laͤßt, indem man<lb/> ſich mehr der Oeffnung naͤhert, den furchtſamen Blick hinabfallen. Unten am Ufer be-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">merkt</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [154/0158]
Anhang.
Dieſe Ausſicht auf eine ſo ausgebreitete und freye Waſſerflaͤche zwiſchen Anhoͤhen
und Waldungen macht das Hauptſtuͤck dieſer Lage aus. Die Klarheit des Waſſers,
worin ſich der halbe Himmel zu ſpiegeln ſcheint, und die Schoͤnheit der Waͤlder umher,
die ſich alle in dem Proſpect unterſcheiden, verbreiten von allen Seiten eine ungemeine
Heiterkeit. Die Ausſicht gewinnt ſelbſt durch die Hoͤhe, von welcher ſie genoſſen wird;
man ſieht alle Gegenſtaͤnde, die Haupttheile zur Verſchoͤnerung des Ganzen ſind, ſich
deutlich unterſcheiden; die kleinern verlieren ſich mehr in den Duft der Ferne, nach-
dem ſie zur Verbindung und Ausfuͤllung, zur Vollendung des Umriſſes des Ganzen
behuͤlflich geweſen.
Vornehmlich findet man hier eine Scene der ſanften Betrachtung und laͤndlichen
Ergoͤtzung. Denn das Waſſer und die Waldungen, die in eine gewiſſe Entfernung
ſich hin verlieren, und doch zur Ueberſicht nahe genug bleiben, floͤßen um ſo mehr Ru-
he ein, da eine Art von heiliger Stille uͤber ihnen zu ſchweben ſcheint. Eine Waſſer-
ſcene von einem ſolchen nicht gar zu weiten Umfang und in einer ſolchen Verbindung
mit Gehoͤlzen hat nichts, das Erſtaunen oder Bewunderung erregte; aber ſie hat eine
vorzuͤgliche Kraft, die Seele uͤber den gewoͤhnlichen Stand ihrer Empfindung hin-
auszuheben, und ſie mit ſanftbelebenden Gefuͤhlen zu fuͤllen. Das Ausgedehnte
und Freye eroͤffnet ſie gleichſam zum Genuß; und die Empfindung ſo ſanfter und ruhiger
Scenen, deren Einwirkung ſich hier durch ihre Ausbreitung verſtaͤrkt, wird von allen
Seiten unterhalten. Noch mehr gewinnt die Ausſicht durch die zufaͤlligen Verſchoͤne-
rungen der Abendſonne, die, indem ſie auf den Anhoͤhen zur Rechten uͤber den Hainen
und Gebuͤſchen dahin ſinkt, ihre gruͤnen Haͤupter vergoldet, und dieſer Seite des Ge-
waͤſſers einen milden Glanz zuſtreut, der lieblich auf der ſanftzitternden Fluth ſpielt. In-
dem der Betrachter den Schimmer des Tages von Farbe zu Farbe verloͤſchen, und den
aufſteigenden Duft allmaͤhlig die Ferne uͤberdaͤmmern ſieht, ſo nimmt auch das Herz
Antheil an der beginnenden Ruhe der Natur, kehrt in ſich und fuͤhlet ſich ſelbſt.
Auf der Hinterſeite des Pavillon iſt die Ausſicht durch einen anliegenden Wald
geſperrt; nur eine einzige ſchmale Oeffnung leitet zwiſchen den Baͤumen den Blick auf
ein Gewaͤſſer. Dies iſt eine veraͤnderte Scene. Man ſieht, durch den Zwiſchenraum
in eine jaͤhe Tiefe hinab, einen Strich von einem ganz nahen See, die Ukley genannt,
und uͤber ihn hin ruhet das Auge auf einem Gehoͤlz, das in dieſem Proſpect das Ufer
begraͤnzt. Der See iſt weder an Groͤße noch an Schoͤnheit mit dem Kellerſee zu ver-
gleichen; ſein Umfang iſt klein, und man kann ihn gemaͤchlich in einer Stunde umge-
hen. Allein ſeine Nachbarſchaft und die Tiefe, worin er von dieſer Anhoͤhe erſcheint,
machen ihn intereſſant. Eine ſteile Terraſſe, mit Raſenſitzen verziert, laͤßt, indem man
ſich mehr der Oeffnung naͤhert, den furchtſamen Blick hinabfallen. Unten am Ufer be-
merkt
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |