Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780.
Anhang. Park bearbeitet werden könnte. Die Wälder, die Haine und Buschwerke geben so vielebesondere Theile und kleinere Gegenden; Grasplätze, Felder, Berge und Thäler sind mit dem herrlichsten See da, der im Mittelpunkt ruhet. Alle diese Gegenden und Natur- scenen würden in Verbindung zu einem Ganzen und in eine harmonische Folge auf ein- ander zu bringen seyn, die eine Reihe sehr starker und interessanter Bewegungen erzeug- te. Für Mannichfaltigkeit der Gegenstände und der Aussichten, für Abwechselung des Hellen mit dem Dunkeln, des Offenen mit dem Verschlossenen hat schon die Natur ge- sorgt; eben sie hat hier Anlagen von der heitersten Gegend bis zur melancholischen zu- bereitet; eben sie hat schon Plätze für die Belustigungen der Fischerey, der Jagd und des Vogelfangs eingerichtet; eben sie hat schon Wildbahnen in der Tiefe angelegt, und Lust- haine auf den Höhen gepflanzt. Nicht leicht hat sie eine Landschaft für einen ausgebrei- teten Park reicher ausgestattet, alles trefflicher vorgearbeitet und angeordnet, als hier, wo die Kunst nur mit mäßigen Kräften zu Hülfe kommen darf. Unter den Wegen, die bald an dem See hinlaufen, bald sich wieder in die Waldungen hinauf verlieren würden, könnten Landwege zur Verbindung der benachbarten Dörfer und zur mehrern Bele- bung der Scenen verstattet werden. Durch eine Bearbeitung der Wälder und durch neue Anpflanzungen könnte die Mannichfaltigkeit noch vermehrt und eine Folge von Gegenden und Auftritten gebildet werden, denen es nie an starken und dauerhaften Ein- drücken fehlte. Diese Veränderung würde das Werk eines nur mäßigen Aufwandes seyn; sie könnte selbst zwischen mehrern Jahren eine angenehme Beschäftigung ver- theilen. Die Kornfelder und Wiesen dürften nicht weichen, und die Wälder nichts von ihrer Nutzbarkeit verlieren. Die ausgehauenen Wege würden vielmehr an manchen Stellen den Bäumen Luft und Freyheit zum Wachsthum verschaffen. Aus dem Ueber- fluß der Waldungen würde Holz zu Tempeln und andern Lustgebäuden geholt; und ei- ne schon vorhandene Ziegelbrennerey lieferte die Steine. Alles wäre in der Nähe. Jetzt hängt der Kellersee mit seinen Anhöhen, Wäldern und übrigen Gegenden III. Beschrei-
Anhang. Park bearbeitet werden koͤnnte. Die Waͤlder, die Haine und Buſchwerke geben ſo vielebeſondere Theile und kleinere Gegenden; Grasplaͤtze, Felder, Berge und Thaͤler ſind mit dem herrlichſten See da, der im Mittelpunkt ruhet. Alle dieſe Gegenden und Natur- ſcenen wuͤrden in Verbindung zu einem Ganzen und in eine harmoniſche Folge auf ein- ander zu bringen ſeyn, die eine Reihe ſehr ſtarker und intereſſanter Bewegungen erzeug- te. Fuͤr Mannichfaltigkeit der Gegenſtaͤnde und der Ausſichten, fuͤr Abwechſelung des Hellen mit dem Dunkeln, des Offenen mit dem Verſchloſſenen hat ſchon die Natur ge- ſorgt; eben ſie hat hier Anlagen von der heiterſten Gegend bis zur melancholiſchen zu- bereitet; eben ſie hat ſchon Plaͤtze fuͤr die Beluſtigungen der Fiſcherey, der Jagd und des Vogelfangs eingerichtet; eben ſie hat ſchon Wildbahnen in der Tiefe angelegt, und Luſt- haine auf den Hoͤhen gepflanzt. Nicht leicht hat ſie eine Landſchaft fuͤr einen ausgebrei- teten Park reicher ausgeſtattet, alles trefflicher vorgearbeitet und angeordnet, als hier, wo die Kunſt nur mit maͤßigen Kraͤften zu Huͤlfe kommen darf. Unter den Wegen, die bald an dem See hinlaufen, bald ſich wieder in die Waldungen hinauf verlieren wuͤrden, koͤnnten Landwege zur Verbindung der benachbarten Doͤrfer und zur mehrern Bele- bung der Scenen verſtattet werden. Durch eine Bearbeitung der Waͤlder und durch neue Anpflanzungen koͤnnte die Mannichfaltigkeit noch vermehrt und eine Folge von Gegenden und Auftritten gebildet werden, denen es nie an ſtarken und dauerhaften Ein- druͤcken fehlte. Dieſe Veraͤnderung wuͤrde das Werk eines nur maͤßigen Aufwandes ſeyn; ſie koͤnnte ſelbſt zwiſchen mehrern Jahren eine angenehme Beſchaͤftigung ver- theilen. Die Kornfelder und Wieſen duͤrften nicht weichen, und die Waͤlder nichts von ihrer Nutzbarkeit verlieren. Die ausgehauenen Wege wuͤrden vielmehr an manchen Stellen den Baͤumen Luft und Freyheit zum Wachsthum verſchaffen. Aus dem Ueber- fluß der Waldungen wuͤrde Holz zu Tempeln und andern Luſtgebaͤuden geholt; und ei- ne ſchon vorhandene Ziegelbrennerey lieferte die Steine. Alles waͤre in der Naͤhe. Jetzt haͤngt der Kellerſee mit ſeinen Anhoͤhen, Waͤldern und uͤbrigen Gegenden III. Beſchrei-
<TEI> <text> <body> <div n="2"> <p><pb facs="#f0160" n="156"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Anhang</hi>.</hi></fw><lb/> Park bearbeitet werden koͤnnte. Die Waͤlder, die Haine und Buſchwerke geben ſo viele<lb/> beſondere Theile und kleinere Gegenden; Grasplaͤtze, Felder, Berge und Thaͤler ſind mit<lb/> dem herrlichſten See da, der im Mittelpunkt ruhet. Alle dieſe Gegenden und Natur-<lb/> ſcenen wuͤrden in Verbindung zu einem Ganzen und in eine harmoniſche Folge auf ein-<lb/> ander zu bringen ſeyn, die eine Reihe ſehr ſtarker und intereſſanter Bewegungen erzeug-<lb/> te. Fuͤr Mannichfaltigkeit der Gegenſtaͤnde und der Ausſichten, fuͤr Abwechſelung des<lb/> Hellen mit dem Dunkeln, des Offenen mit dem Verſchloſſenen hat ſchon die Natur ge-<lb/> ſorgt; eben ſie hat hier Anlagen von der heiterſten Gegend bis zur melancholiſchen zu-<lb/> bereitet; eben ſie hat ſchon Plaͤtze fuͤr die Beluſtigungen der Fiſcherey, der Jagd und des<lb/> Vogelfangs eingerichtet; eben ſie hat ſchon Wildbahnen in der Tiefe angelegt, und Luſt-<lb/> haine auf den Hoͤhen gepflanzt. Nicht leicht hat ſie eine Landſchaft fuͤr einen ausgebrei-<lb/> teten Park reicher ausgeſtattet, alles trefflicher vorgearbeitet und angeordnet, als hier,<lb/> wo die Kunſt nur mit maͤßigen Kraͤften zu Huͤlfe kommen darf. Unter den Wegen, die<lb/> bald an dem See hinlaufen, bald ſich wieder in die Waldungen hinauf verlieren wuͤrden,<lb/> koͤnnten Landwege zur Verbindung der benachbarten Doͤrfer und zur mehrern Bele-<lb/> bung der Scenen verſtattet werden. Durch eine Bearbeitung der Waͤlder und durch<lb/> neue Anpflanzungen koͤnnte die Mannichfaltigkeit noch vermehrt und eine Folge von<lb/> Gegenden und Auftritten gebildet werden, denen es nie an ſtarken und dauerhaften Ein-<lb/> druͤcken fehlte. Dieſe Veraͤnderung wuͤrde das Werk eines nur maͤßigen Aufwandes<lb/> ſeyn; ſie koͤnnte ſelbſt zwiſchen mehrern Jahren eine angenehme Beſchaͤftigung ver-<lb/> theilen. Die Kornfelder und Wieſen duͤrften nicht weichen, und die Waͤlder nichts<lb/> von ihrer Nutzbarkeit verlieren. Die ausgehauenen Wege wuͤrden vielmehr an manchen<lb/> Stellen den Baͤumen Luft und Freyheit zum Wachsthum verſchaffen. Aus dem Ueber-<lb/> fluß der Waldungen wuͤrde Holz zu Tempeln und andern Luſtgebaͤuden geholt; und ei-<lb/> ne ſchon vorhandene Ziegelbrennerey lieferte die Steine. Alles waͤre in der Naͤhe.</p><lb/> <p>Jetzt haͤngt der <hi rendition="#fr">Kellerſee</hi> mit ſeinen Anhoͤhen, Waͤldern und uͤbrigen Gegenden<lb/> nicht weiter als durch die Ausſicht mit dieſem Luſtort zuſammen; nur daß der kleine<lb/> See <hi rendition="#fr">Ukley,</hi> der an der Hinterſeite des Pavillons ſich befindet, ſeinen ihm von den an-<lb/> graͤnzenden Bergen zurinnenden Ueberfluß an Waſſer wieder dem <hi rendition="#fr">Kellerſee</hi> durch den<lb/> oben angefuͤhrten Bach, worin der Waſſerfall veranſtaltet iſt, mittheilt. Durch die<lb/> Anlegung eines Parks aber wuͤrden ſie als Theile eines Ganzen noch weit mehr mit<lb/> einander in Verbindung gebracht werden. Dieſes macht ein weſentliches Stuͤck des<lb/> Unterſchieds zwiſchen einem Park und einem bloßen Luſtort dieſer Art.</p> </div><lb/> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#aq">III.</hi> Beſchrei-</fw><lb/> </body> </text> </TEI> [156/0160]
Anhang.
Park bearbeitet werden koͤnnte. Die Waͤlder, die Haine und Buſchwerke geben ſo viele
beſondere Theile und kleinere Gegenden; Grasplaͤtze, Felder, Berge und Thaͤler ſind mit
dem herrlichſten See da, der im Mittelpunkt ruhet. Alle dieſe Gegenden und Natur-
ſcenen wuͤrden in Verbindung zu einem Ganzen und in eine harmoniſche Folge auf ein-
ander zu bringen ſeyn, die eine Reihe ſehr ſtarker und intereſſanter Bewegungen erzeug-
te. Fuͤr Mannichfaltigkeit der Gegenſtaͤnde und der Ausſichten, fuͤr Abwechſelung des
Hellen mit dem Dunkeln, des Offenen mit dem Verſchloſſenen hat ſchon die Natur ge-
ſorgt; eben ſie hat hier Anlagen von der heiterſten Gegend bis zur melancholiſchen zu-
bereitet; eben ſie hat ſchon Plaͤtze fuͤr die Beluſtigungen der Fiſcherey, der Jagd und des
Vogelfangs eingerichtet; eben ſie hat ſchon Wildbahnen in der Tiefe angelegt, und Luſt-
haine auf den Hoͤhen gepflanzt. Nicht leicht hat ſie eine Landſchaft fuͤr einen ausgebrei-
teten Park reicher ausgeſtattet, alles trefflicher vorgearbeitet und angeordnet, als hier,
wo die Kunſt nur mit maͤßigen Kraͤften zu Huͤlfe kommen darf. Unter den Wegen, die
bald an dem See hinlaufen, bald ſich wieder in die Waldungen hinauf verlieren wuͤrden,
koͤnnten Landwege zur Verbindung der benachbarten Doͤrfer und zur mehrern Bele-
bung der Scenen verſtattet werden. Durch eine Bearbeitung der Waͤlder und durch
neue Anpflanzungen koͤnnte die Mannichfaltigkeit noch vermehrt und eine Folge von
Gegenden und Auftritten gebildet werden, denen es nie an ſtarken und dauerhaften Ein-
druͤcken fehlte. Dieſe Veraͤnderung wuͤrde das Werk eines nur maͤßigen Aufwandes
ſeyn; ſie koͤnnte ſelbſt zwiſchen mehrern Jahren eine angenehme Beſchaͤftigung ver-
theilen. Die Kornfelder und Wieſen duͤrften nicht weichen, und die Waͤlder nichts
von ihrer Nutzbarkeit verlieren. Die ausgehauenen Wege wuͤrden vielmehr an manchen
Stellen den Baͤumen Luft und Freyheit zum Wachsthum verſchaffen. Aus dem Ueber-
fluß der Waldungen wuͤrde Holz zu Tempeln und andern Luſtgebaͤuden geholt; und ei-
ne ſchon vorhandene Ziegelbrennerey lieferte die Steine. Alles waͤre in der Naͤhe.
Jetzt haͤngt der Kellerſee mit ſeinen Anhoͤhen, Waͤldern und uͤbrigen Gegenden
nicht weiter als durch die Ausſicht mit dieſem Luſtort zuſammen; nur daß der kleine
See Ukley, der an der Hinterſeite des Pavillons ſich befindet, ſeinen ihm von den an-
graͤnzenden Bergen zurinnenden Ueberfluß an Waſſer wieder dem Kellerſee durch den
oben angefuͤhrten Bach, worin der Waſſerfall veranſtaltet iſt, mittheilt. Durch die
Anlegung eines Parks aber wuͤrden ſie als Theile eines Ganzen noch weit mehr mit
einander in Verbindung gebracht werden. Dieſes macht ein weſentliches Stuͤck des
Unterſchieds zwiſchen einem Park und einem bloßen Luſtort dieſer Art.
III. Beſchrei-
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/160 |
| Zitationshilfe: | Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780, S. 156. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/160>, abgerufen am 04.12.2024. |
