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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780.

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Zweyter Abschnitt.

Zweyter Abschnitt.
Vom Baumwerk.
1.
Charakteristik des Baumwerks.

Die Gartenkunst weicht in der Eintheilung der Bäume und Sträucher von den
in der Botanik angenommenen Charakteren und Kennzeichen ab. Indem sie
die Geschlechter und Arten des Baumwerks nach den äußerlichen mehr ins Auge fal-
lenden Abänderungen und nach dem verschiedenen Gebrauche, der sich davon in den
Revieren der Gärten machen läßt, beurtheilt, so bringt sie dieselben in eine neue Rang-
ordnung, die von dem innern Verdienste und von den wesentlichen Unterschieden un-
abhängig ist.

Die Bäume und Sträucher, wovon wir hier eine neue gartenmäßige Eintheilung
versuchen, sind zum Theil bey uns in Deutschland einheimisch, zum Theil aus andern
Ländern, besonders aus Nordamerica, unter uns verpflanzt. Diese letztern haben nicht
allein durch die Dauer unter unserm Himmelsstrich, sondern auch durch den schnellen
Wachsthum und durch die Mannichfaltigkeit, die sie unsern Pflanzungen geben, seit ver-
schiedenen Jahren eine wohlgegründete Empfehlung erhalten. Sie vor unsern einheimi-
schen überschätzen, oder sie ganz verachten, würde ein gleich seltsames Vorurtheil seyn. Viel-
leicht ist die Ueberschreitung bisher mehr auf jene, als auf diese Seite hingefallen. Wie
arm würden wir indessen nicht seyn, wenn wir keine Bäume und Gewächse mehr hät-
ten, als das rauhe Germanien in den Tagen des Tacitus besaß, wenn alle Schä-
tze des Pflanzenreichs von uns zurückgefordert würden, womit seit jener Zeit der
Orient, Griechenland, Italien und Frankreich unsre Gärten allmählig berei-
chert haben!

Demnächst schränken wir uns hier auf solche Geschlechter und Arten ein, die
nicht die Wärme und Pflege der Gewächshäuser fordern, die ihre Unterhaltung kost-
bar, weniger allgemein, und selbst weniger ergötzend macht, sondern unsere Winter
in freyer Luft vertragen, zuweilen nur eines beschützenden Standes bedürftig.

1.
Bäume.

Bey der Eintheilung der Bäume, welche die Gartenkunst macht, nimmt sie
auf die Form der Stämme, auf die Beschaffenheit der Zweige sowohl als des Laub-

werks,
Zweyter Abſchnitt.

Zweyter Abſchnitt.
Vom Baumwerk.
1.
Charakteriſtik des Baumwerks.

Die Gartenkunſt weicht in der Eintheilung der Baͤume und Straͤucher von den
in der Botanik angenommenen Charakteren und Kennzeichen ab. Indem ſie
die Geſchlechter und Arten des Baumwerks nach den aͤußerlichen mehr ins Auge fal-
lenden Abaͤnderungen und nach dem verſchiedenen Gebrauche, der ſich davon in den
Revieren der Gaͤrten machen laͤßt, beurtheilt, ſo bringt ſie dieſelben in eine neue Rang-
ordnung, die von dem innern Verdienſte und von den weſentlichen Unterſchieden un-
abhaͤngig iſt.

Die Baͤume und Straͤucher, wovon wir hier eine neue gartenmaͤßige Eintheilung
verſuchen, ſind zum Theil bey uns in Deutſchland einheimiſch, zum Theil aus andern
Laͤndern, beſonders aus Nordamerica, unter uns verpflanzt. Dieſe letztern haben nicht
allein durch die Dauer unter unſerm Himmelsſtrich, ſondern auch durch den ſchnellen
Wachsthum und durch die Mannichfaltigkeit, die ſie unſern Pflanzungen geben, ſeit ver-
ſchiedenen Jahren eine wohlgegruͤndete Empfehlung erhalten. Sie vor unſern einheimi-
ſchen uͤberſchaͤtzen, oder ſie ganz verachten, wuͤrde ein gleich ſeltſames Vorurtheil ſeyn. Viel-
leicht iſt die Ueberſchreitung bisher mehr auf jene, als auf dieſe Seite hingefallen. Wie
arm wuͤrden wir indeſſen nicht ſeyn, wenn wir keine Baͤume und Gewaͤchſe mehr haͤt-
ten, als das rauhe Germanien in den Tagen des Tacitus beſaß, wenn alle Schaͤ-
tze des Pflanzenreichs von uns zuruͤckgefordert wuͤrden, womit ſeit jener Zeit der
Orient, Griechenland, Italien und Frankreich unſre Gaͤrten allmaͤhlig berei-
chert haben!

Demnaͤchſt ſchraͤnken wir uns hier auf ſolche Geſchlechter und Arten ein, die
nicht die Waͤrme und Pflege der Gewaͤchshaͤuſer fordern, die ihre Unterhaltung koſt-
bar, weniger allgemein, und ſelbſt weniger ergoͤtzend macht, ſondern unſere Winter
in freyer Luft vertragen, zuweilen nur eines beſchuͤtzenden Standes beduͤrftig.

1.
Baͤume.

Bey der Eintheilung der Baͤume, welche die Gartenkunſt macht, nimmt ſie
auf die Form der Staͤmme, auf die Beſchaffenheit der Zweige ſowohl als des Laub-

werks,
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[14/0018] Zweyter Abſchnitt. Zweyter Abſchnitt. Vom Baumwerk. 1. Charakteriſtik des Baumwerks. Die Gartenkunſt weicht in der Eintheilung der Baͤume und Straͤucher von den in der Botanik angenommenen Charakteren und Kennzeichen ab. Indem ſie die Geſchlechter und Arten des Baumwerks nach den aͤußerlichen mehr ins Auge fal- lenden Abaͤnderungen und nach dem verſchiedenen Gebrauche, der ſich davon in den Revieren der Gaͤrten machen laͤßt, beurtheilt, ſo bringt ſie dieſelben in eine neue Rang- ordnung, die von dem innern Verdienſte und von den weſentlichen Unterſchieden un- abhaͤngig iſt. Die Baͤume und Straͤucher, wovon wir hier eine neue gartenmaͤßige Eintheilung verſuchen, ſind zum Theil bey uns in Deutſchland einheimiſch, zum Theil aus andern Laͤndern, beſonders aus Nordamerica, unter uns verpflanzt. Dieſe letztern haben nicht allein durch die Dauer unter unſerm Himmelsſtrich, ſondern auch durch den ſchnellen Wachsthum und durch die Mannichfaltigkeit, die ſie unſern Pflanzungen geben, ſeit ver- ſchiedenen Jahren eine wohlgegruͤndete Empfehlung erhalten. Sie vor unſern einheimi- ſchen uͤberſchaͤtzen, oder ſie ganz verachten, wuͤrde ein gleich ſeltſames Vorurtheil ſeyn. Viel- leicht iſt die Ueberſchreitung bisher mehr auf jene, als auf dieſe Seite hingefallen. Wie arm wuͤrden wir indeſſen nicht ſeyn, wenn wir keine Baͤume und Gewaͤchſe mehr haͤt- ten, als das rauhe Germanien in den Tagen des Tacitus beſaß, wenn alle Schaͤ- tze des Pflanzenreichs von uns zuruͤckgefordert wuͤrden, womit ſeit jener Zeit der Orient, Griechenland, Italien und Frankreich unſre Gaͤrten allmaͤhlig berei- chert haben! Demnaͤchſt ſchraͤnken wir uns hier auf ſolche Geſchlechter und Arten ein, die nicht die Waͤrme und Pflege der Gewaͤchshaͤuſer fordern, die ihre Unterhaltung koſt- bar, weniger allgemein, und ſelbſt weniger ergoͤtzend macht, ſondern unſere Winter in freyer Luft vertragen, zuweilen nur eines beſchuͤtzenden Standes beduͤrftig. 1. Baͤume. Bey der Eintheilung der Baͤume, welche die Gartenkunſt macht, nimmt ſie auf die Form der Staͤmme, auf die Beſchaffenheit der Zweige ſowohl als des Laub- werks,

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/18>, abgerufen am 25.11.2024.