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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780.

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Vom Baumwerk.
Bäume, die eine Gruppe bezeichnen, würde jeder eiteln Unternehmung, hier eine
Mehrheit von Charakteren und Wirkungen einzuführen, widersprechen.

[Abbildung]
3.
Hain.

Zwischen Gruppe und Wald steht der Hain in der Mitte. Wenn mehrere
Gruppen an einander gefügt werden, so entsteht ein Hain. Der Wald unterschei-
det sich durch Größe, der Hain durch Schönheit.

Die erste Regel bey dieser Pflanzung geht dahin, daß die Bäume sich nicht zu
weit von einander verlieren, wodurch sie nur eine Sammlung von einzelnen Bäumen,
nicht aber, wie sie sollen, eine ganze Pflanzung ausmachen würden. In ihrer Stel-
lung ist, zur Gewinnung angenehmer Wirkungen für das Auge, Abwechselung bey
einer gewissen Ordnung, jedoch ohne Regelmäßigkeit, ohne eine augenscheinliche
Gleichheit der Abstände, die gegen die Natur ist, zu beobachten. Die Bäume
müssen sich bald enger zusammenziehen, bald sich wieder von einander zerstreuen;
durch ihren Stand und Wuchs bald diese, bald eine andre Figur unter einander
bilden; und unter sich Plätze von mancherley Gestalten bezeichnen; auch in der Form
der äußern Seiten muß Freyheit und Abwechselung herrschen.

Die Verbindung der Bäume muß der Absicht folgen, bald einen dicken Schat-
ten, bald freye Stralen des Lichts, bald einen gebrochenen Sonnenblick, der mit der
Dämmerung streitet und auf dem Boden spielt, zu verschaffen.

Weil der Spaziergang in Hainen sehr angenehm ist, so muß auch dem Boden
die dazu erforderliche Bequemlichkeit nicht fehlen. Es muß Freyheit, überall durch-
zugehen, vorhanden seyn. Ein grüner Weg ist hier schicklicher, als ein mit Sand ge-
füllter und sorgfältig geschmückter Gang. Der Rasen erhält sich hier gerne in seiner

Schön-
E 3

Vom Baumwerk.
Baͤume, die eine Gruppe bezeichnen, wuͤrde jeder eiteln Unternehmung, hier eine
Mehrheit von Charakteren und Wirkungen einzufuͤhren, widerſprechen.

[Abbildung]
3.
Hain.

Zwiſchen Gruppe und Wald ſteht der Hain in der Mitte. Wenn mehrere
Gruppen an einander gefuͤgt werden, ſo entſteht ein Hain. Der Wald unterſchei-
det ſich durch Groͤße, der Hain durch Schoͤnheit.

Die erſte Regel bey dieſer Pflanzung geht dahin, daß die Baͤume ſich nicht zu
weit von einander verlieren, wodurch ſie nur eine Sammlung von einzelnen Baͤumen,
nicht aber, wie ſie ſollen, eine ganze Pflanzung ausmachen wuͤrden. In ihrer Stel-
lung iſt, zur Gewinnung angenehmer Wirkungen fuͤr das Auge, Abwechſelung bey
einer gewiſſen Ordnung, jedoch ohne Regelmaͤßigkeit, ohne eine augenſcheinliche
Gleichheit der Abſtaͤnde, die gegen die Natur iſt, zu beobachten. Die Baͤume
muͤſſen ſich bald enger zuſammenziehen, bald ſich wieder von einander zerſtreuen;
durch ihren Stand und Wuchs bald dieſe, bald eine andre Figur unter einander
bilden; und unter ſich Plaͤtze von mancherley Geſtalten bezeichnen; auch in der Form
der aͤußern Seiten muß Freyheit und Abwechſelung herrſchen.

Die Verbindung der Baͤume muß der Abſicht folgen, bald einen dicken Schat-
ten, bald freye Stralen des Lichts, bald einen gebrochenen Sonnenblick, der mit der
Daͤmmerung ſtreitet und auf dem Boden ſpielt, zu verſchaffen.

Weil der Spaziergang in Hainen ſehr angenehm iſt, ſo muß auch dem Boden
die dazu erforderliche Bequemlichkeit nicht fehlen. Es muß Freyheit, uͤberall durch-
zugehen, vorhanden ſeyn. Ein gruͤner Weg iſt hier ſchicklicher, als ein mit Sand ge-
fuͤllter und ſorgfaͤltig geſchmuͤckter Gang. Der Raſen erhaͤlt ſich hier gerne in ſeiner

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[37/0041] Vom Baumwerk. Baͤume, die eine Gruppe bezeichnen, wuͤrde jeder eiteln Unternehmung, hier eine Mehrheit von Charakteren und Wirkungen einzufuͤhren, widerſprechen. [Abbildung] 3. Hain. Zwiſchen Gruppe und Wald ſteht der Hain in der Mitte. Wenn mehrere Gruppen an einander gefuͤgt werden, ſo entſteht ein Hain. Der Wald unterſchei- det ſich durch Groͤße, der Hain durch Schoͤnheit. Die erſte Regel bey dieſer Pflanzung geht dahin, daß die Baͤume ſich nicht zu weit von einander verlieren, wodurch ſie nur eine Sammlung von einzelnen Baͤumen, nicht aber, wie ſie ſollen, eine ganze Pflanzung ausmachen wuͤrden. In ihrer Stel- lung iſt, zur Gewinnung angenehmer Wirkungen fuͤr das Auge, Abwechſelung bey einer gewiſſen Ordnung, jedoch ohne Regelmaͤßigkeit, ohne eine augenſcheinliche Gleichheit der Abſtaͤnde, die gegen die Natur iſt, zu beobachten. Die Baͤume muͤſſen ſich bald enger zuſammenziehen, bald ſich wieder von einander zerſtreuen; durch ihren Stand und Wuchs bald dieſe, bald eine andre Figur unter einander bilden; und unter ſich Plaͤtze von mancherley Geſtalten bezeichnen; auch in der Form der aͤußern Seiten muß Freyheit und Abwechſelung herrſchen. Die Verbindung der Baͤume muß der Abſicht folgen, bald einen dicken Schat- ten, bald freye Stralen des Lichts, bald einen gebrochenen Sonnenblick, der mit der Daͤmmerung ſtreitet und auf dem Boden ſpielt, zu verſchaffen. Weil der Spaziergang in Hainen ſehr angenehm iſt, ſo muß auch dem Boden die dazu erforderliche Bequemlichkeit nicht fehlen. Es muß Freyheit, uͤberall durch- zugehen, vorhanden ſeyn. Ein gruͤner Weg iſt hier ſchicklicher, als ein mit Sand ge- fuͤllter und ſorgfaͤltig geſchmuͤckter Gang. Der Raſen erhaͤlt ſich hier gerne in ſeiner Schoͤn- E 3

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780, S. 37. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/41>, abgerufen am 09.11.2024.