Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

Vom Baumwerk.
merkungen werden hinreichen, dem Gartenfreund auf die Verschiedenheit der Charakte-
re, deren Haine fähig sind, und auf ihre Entstehung einen Wink zu geben, und ihn zu
Anlagen zu veranlassen, woran bisher noch wenig gedacht ist.

Ob gleichwohl ein Hain so ausgedehnt seyn kann, daß er einen zusammengesetzten
Charakter zuließe: so scheint es doch zur Vermeidung aller Verwirrung besser, ihm
bles einen einfachen Charakter zu geben, um dadurch seine Wirkung mehr bestimmt
und zutreffend zu erhalten. Will man entweder eine längere Folge von Wirkungen
einer Art, oder, welches mehr der Bemühung werth ist, einen Contrast von Wirkun-
gen gewinnen: so wird man diese Absicht in einem Walde, der nach seiner größern
Ausdehnung eine Verschiedenheit der Anlagen zuläßt, zu erreichen suchen.

Die Verzierung eines Hains kann nicht willkührlich seyn, wenn man auf seine
Fähigkeit, einen bestimmten Charakter anzunehmen, achtet. Sie muß aus der Be-
schaffenheit dieses Charakters beurtheilt werden, und auf seine Verstärkung hinwirken.
Blühende Sträucher, hie und da unter den Bäumen hingepflanzt, hohe glänzende Blu-
menarten, feine Gebäude, die einen Lusthain zieren, würden sich schlecht zu einem me-
lancholischen Hain schicken, dem Einsiedeleyen, einzelne bemooste Hütten, Trauerdenk-
mäler, Ruinen und Gräber zukommen.

[Abbildung]

4. Wald.

Vom Baumwerk.
merkungen werden hinreichen, dem Gartenfreund auf die Verſchiedenheit der Charakte-
re, deren Haine faͤhig ſind, und auf ihre Entſtehung einen Wink zu geben, und ihn zu
Anlagen zu veranlaſſen, woran bisher noch wenig gedacht iſt.

Ob gleichwohl ein Hain ſo ausgedehnt ſeyn kann, daß er einen zuſammengeſetzten
Charakter zuließe: ſo ſcheint es doch zur Vermeidung aller Verwirrung beſſer, ihm
bles einen einfachen Charakter zu geben, um dadurch ſeine Wirkung mehr beſtimmt
und zutreffend zu erhalten. Will man entweder eine laͤngere Folge von Wirkungen
einer Art, oder, welches mehr der Bemuͤhung werth iſt, einen Contraſt von Wirkun-
gen gewinnen: ſo wird man dieſe Abſicht in einem Walde, der nach ſeiner groͤßern
Ausdehnung eine Verſchiedenheit der Anlagen zulaͤßt, zu erreichen ſuchen.

Die Verzierung eines Hains kann nicht willkuͤhrlich ſeyn, wenn man auf ſeine
Faͤhigkeit, einen beſtimmten Charakter anzunehmen, achtet. Sie muß aus der Be-
ſchaffenheit dieſes Charakters beurtheilt werden, und auf ſeine Verſtaͤrkung hinwirken.
Bluͤhende Straͤucher, hie und da unter den Baͤumen hingepflanzt, hohe glaͤnzende Blu-
menarten, feine Gebaͤude, die einen Luſthain zieren, wuͤrden ſich ſchlecht zu einem me-
lancholiſchen Hain ſchicken, dem Einſiedeleyen, einzelne bemooſte Huͤtten, Trauerdenk-
maͤler, Ruinen und Graͤber zukommen.

[Abbildung]

4. Wald.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="3">
          <div n="4">
            <p><pb facs="#f0043" n="39"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vom Baumwerk.</hi></fw><lb/>
merkungen werden hinreichen, dem Gartenfreund auf die Ver&#x017F;chiedenheit der Charakte-<lb/>
re, deren Haine fa&#x0364;hig &#x017F;ind, und auf ihre Ent&#x017F;tehung einen Wink zu geben, und ihn zu<lb/>
Anlagen zu veranla&#x017F;&#x017F;en, woran bisher noch wenig gedacht i&#x017F;t.</p><lb/>
            <p>Ob gleichwohl ein Hain &#x017F;o ausgedehnt &#x017F;eyn kann, daß er einen zu&#x017F;ammenge&#x017F;etzten<lb/>
Charakter zuließe: &#x017F;o &#x017F;cheint es doch zur Vermeidung aller Verwirrung be&#x017F;&#x017F;er, ihm<lb/>
bles einen einfachen Charakter zu geben, um dadurch &#x017F;eine Wirkung mehr be&#x017F;timmt<lb/>
und zutreffend zu erhalten. Will man entweder eine la&#x0364;ngere Folge von Wirkungen<lb/>
einer Art, oder, welches mehr der Bemu&#x0364;hung werth i&#x017F;t, einen Contra&#x017F;t von Wirkun-<lb/>
gen gewinnen: &#x017F;o wird man die&#x017F;e Ab&#x017F;icht in einem Walde, der nach &#x017F;einer gro&#x0364;ßern<lb/>
Ausdehnung eine Ver&#x017F;chiedenheit der Anlagen zula&#x0364;ßt, zu erreichen &#x017F;uchen.</p><lb/>
            <p>Die Verzierung eines Hains kann nicht willku&#x0364;hrlich &#x017F;eyn, wenn man auf &#x017F;eine<lb/>
Fa&#x0364;higkeit, einen be&#x017F;timmten Charakter anzunehmen, achtet. Sie muß aus der Be-<lb/>
&#x017F;chaffenheit die&#x017F;es Charakters beurtheilt werden, und auf &#x017F;eine Ver&#x017F;ta&#x0364;rkung hinwirken.<lb/>
Blu&#x0364;hende Stra&#x0364;ucher, hie und da unter den Ba&#x0364;umen hingepflanzt, hohe gla&#x0364;nzende Blu-<lb/>
menarten, feine Geba&#x0364;ude, die einen Lu&#x017F;thain zieren, wu&#x0364;rden &#x017F;ich &#x017F;chlecht zu einem me-<lb/>
lancholi&#x017F;chen Hain &#x017F;chicken, dem Ein&#x017F;iedeleyen, einzelne bemoo&#x017F;te Hu&#x0364;tten, Trauerdenk-<lb/>
ma&#x0364;ler, Ruinen und Gra&#x0364;ber zukommen.</p><lb/>
            <figure/>
          </div>
          <fw place="bottom" type="catch"> <hi rendition="#b">4. Wald.</hi> </fw><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[39/0043] Vom Baumwerk. merkungen werden hinreichen, dem Gartenfreund auf die Verſchiedenheit der Charakte- re, deren Haine faͤhig ſind, und auf ihre Entſtehung einen Wink zu geben, und ihn zu Anlagen zu veranlaſſen, woran bisher noch wenig gedacht iſt. Ob gleichwohl ein Hain ſo ausgedehnt ſeyn kann, daß er einen zuſammengeſetzten Charakter zuließe: ſo ſcheint es doch zur Vermeidung aller Verwirrung beſſer, ihm bles einen einfachen Charakter zu geben, um dadurch ſeine Wirkung mehr beſtimmt und zutreffend zu erhalten. Will man entweder eine laͤngere Folge von Wirkungen einer Art, oder, welches mehr der Bemuͤhung werth iſt, einen Contraſt von Wirkun- gen gewinnen: ſo wird man dieſe Abſicht in einem Walde, der nach ſeiner groͤßern Ausdehnung eine Verſchiedenheit der Anlagen zulaͤßt, zu erreichen ſuchen. Die Verzierung eines Hains kann nicht willkuͤhrlich ſeyn, wenn man auf ſeine Faͤhigkeit, einen beſtimmten Charakter anzunehmen, achtet. Sie muß aus der Be- ſchaffenheit dieſes Charakters beurtheilt werden, und auf ſeine Verſtaͤrkung hinwirken. Bluͤhende Straͤucher, hie und da unter den Baͤumen hingepflanzt, hohe glaͤnzende Blu- menarten, feine Gebaͤude, die einen Luſthain zieren, wuͤrden ſich ſchlecht zu einem me- lancholiſchen Hain ſchicken, dem Einſiedeleyen, einzelne bemooſte Huͤtten, Trauerdenk- maͤler, Ruinen und Graͤber zukommen. [Abbildung] 4. Wald.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/43
Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 2. Leipzig, 1780, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst2_1780/43>, abgerufen am 27.11.2024.