Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.Fünfter Abschnitt. Von Statüen, sehen wir in Deutschland, in so manchen Gärten der Fürsten, eine Menge von leerenVasen aufgestellt, die nichts bedeuten; und noch jetzt sind besonders die Gärten Ita- liens mit phantastischen Spielwerken und seltsamen Spitzfindigkeiten angefüllt. Hier sind nur einige Beyspiele dieser Art aus dem berühmten Garten des großherzoglichen Lustschlosses Pratolino bey Florenz, *) einem Garten, wovon die Italiäner mit Entzücken reden. Man lese und urtheile selbst. Ohne des Riesen zu gedenken, in dessen Bauch sich eine Grotte befindet, noch Bild- *) Aus Jagemanns Briefen über Italien. 2ter Band. 8. 1780. 18ter Br.
Fuͤnfter Abſchnitt. Von Statuͤen, ſehen wir in Deutſchland, in ſo manchen Gaͤrten der Fuͤrſten, eine Menge von leerenVaſen aufgeſtellt, die nichts bedeuten; und noch jetzt ſind beſonders die Gaͤrten Ita- liens mit phantaſtiſchen Spielwerken und ſeltſamen Spitzfindigkeiten angefuͤllt. Hier ſind nur einige Beyſpiele dieſer Art aus dem beruͤhmten Garten des großherzoglichen Luſtſchloſſes Pratolino bey Florenz, *) einem Garten, wovon die Italiaͤner mit Entzuͤcken reden. Man leſe und urtheile ſelbſt. Ohne des Rieſen zu gedenken, in deſſen Bauch ſich eine Grotte befindet, noch Bild- *) Aus Jagemanns Briefen uͤber Italien. 2ter Band. 8. 1780. 18ter Br.
<TEI> <text> <body> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0162" n="152"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Fuͤnfter Abſchnitt. Von Statuͤen,</hi></fw><lb/> ſehen wir in <hi rendition="#fr">Deutſchland,</hi> in ſo manchen Gaͤrten der Fuͤrſten, eine Menge von leeren<lb/> Vaſen aufgeſtellt, die nichts bedeuten; und noch jetzt ſind beſonders die Gaͤrten <hi rendition="#fr">Ita-<lb/> liens</hi> mit phantaſtiſchen Spielwerken und ſeltſamen Spitzfindigkeiten angefuͤllt. Hier<lb/> ſind nur einige Beyſpiele dieſer Art aus dem beruͤhmten Garten des großherzoglichen<lb/> Luſtſchloſſes <hi rendition="#fr">Pratolino</hi> bey <hi rendition="#fr">Florenz,</hi> <note place="foot" n="*)">Aus Jagemanns Briefen uͤber Italien. 2ter Band. 8. 1780. 18ter Br.</note> einem Garten, wovon die <hi rendition="#fr">Italiaͤner</hi> mit<lb/> Entzuͤcken reden. Man leſe und urtheile ſelbſt.</p><lb/> <p>Ohne des Rieſen zu gedenken, in deſſen Bauch ſich eine Grotte befindet, noch<lb/> des <hi rendition="#fr">Jupiters,</hi> deſſen glaͤnzender Donnerkeil Waſſer ſpritzt, verweilen wir zuerſt bey<lb/> den Kuͤnſten der langen Grotten, an der Seite des Schloſſes. Eine davon, mit dem<lb/> Namen <hi rendition="#fr">Galatea</hi> bezeichnet, hat in der Mitte ein ſogenanntes Meer von hellem Waſſer,<lb/> aus welchem ſich Felſen erheben, die mit Corallen und Meerſchnecken bedeckt ſind.<lb/> Unvermuthet erſcheint ein <hi rendition="#fr">Triton,</hi> der auf einer Seemuſchel blaͤſet. Sogleich eroͤff-<lb/> net ſich ein Fels, und <hi rendition="#fr">Galatea</hi> kommt hervor, auf einer vergoldeten Muſchel ſitzend,<lb/> von zween Delphinen gezogen, die aus ihren Rachen Waſſer ausſpeyen. Zwo an-<lb/> dere Muſcheln, aus deren Mitte hohe Waſſerſtrahlen hervorſpritzen, begleiten ſie auf<lb/> beyden Seiten bis ans Ufer. In einer andern Grotte ſiehet man auf großen Waſſer-<lb/> ſchalen zwo erzene Harpyen, die Waſſer ausſpeyen, noch zwo andere, die mit moſai-<lb/> ſcher Arbeit bekleidet ſind, und einen Knaben mit einer Weltkugel, die vom Waſſer<lb/> umgedrehet wird; zu ſeinen Fuͤßen ſind in einem kleinen Teiche Enten, die ſich ins<lb/> Waſſer tauchen und trinken. Eine andere Grotte ſtellt eine Badſtube vor, die rings-<lb/> um mit Spiegeln bedeckt iſt. Indeß man ſich auf allen Seiten erblickt, weicht der<lb/> Boden unter den Fuͤßen, und man wird ganz naß. Faſt in allen Grotten ſind be-<lb/> triegeriſche Sitze an den Waͤnden angebracht; ſetzt man ſich nieder, ſo ſpritzt ein<lb/> Waſſerſtrahl unter den Fuͤßen gerade empor. Weiter ſieht man in den Grotten Schaͤ-<lb/> fer mit ihren Heerden, Waſſermuͤhlen im vollen Gange, kleine Bildſaͤulen, die hin<lb/> und her gehen, ſingende Voͤgel, ein Frauenzimmer, das, mit einem Eimer in der<lb/> Hand, aus einer ſich oͤffnenden Thuͤr hervorkommt, und unter dem Schall eines Du-<lb/> delſacks, den ein naher Hirte blaͤſt, eine Strecke bis zu einem Brunnen fortgeht, wo<lb/> ſie Waſſer ſchoͤpft, worauf ſie ihren Weg zuruͤckkehrt. Man nennt dieſe Dame <hi rendition="#fr">Sa-<lb/> maritana.</hi> Dieſem Kunſtſtuͤcke gegenuͤber iſt eine Feſtung, die von einer großen<lb/> Menge Soldaten von außen beſtuͤrmt und von innen vertheidigt wird. Kanonen und<lb/> Flinten ſpritzen Waſſer aus. Man hoͤrt die Trommel ſchlagen und ein gewaltiges<lb/> Geraͤuſch, alles wird durchs Waſſer in dieſe Bewegung geſetzt. — Unter der Treppe,<lb/> wo man in den Garten von Seiten des Schloſſes hinabſteigt, ſteht in einer Grotte die<lb/> <fw place="bottom" type="catch">Bild-</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [152/0162]
Fuͤnfter Abſchnitt. Von Statuͤen,
ſehen wir in Deutſchland, in ſo manchen Gaͤrten der Fuͤrſten, eine Menge von leeren
Vaſen aufgeſtellt, die nichts bedeuten; und noch jetzt ſind beſonders die Gaͤrten Ita-
liens mit phantaſtiſchen Spielwerken und ſeltſamen Spitzfindigkeiten angefuͤllt. Hier
ſind nur einige Beyſpiele dieſer Art aus dem beruͤhmten Garten des großherzoglichen
Luſtſchloſſes Pratolino bey Florenz, *) einem Garten, wovon die Italiaͤner mit
Entzuͤcken reden. Man leſe und urtheile ſelbſt.
Ohne des Rieſen zu gedenken, in deſſen Bauch ſich eine Grotte befindet, noch
des Jupiters, deſſen glaͤnzender Donnerkeil Waſſer ſpritzt, verweilen wir zuerſt bey
den Kuͤnſten der langen Grotten, an der Seite des Schloſſes. Eine davon, mit dem
Namen Galatea bezeichnet, hat in der Mitte ein ſogenanntes Meer von hellem Waſſer,
aus welchem ſich Felſen erheben, die mit Corallen und Meerſchnecken bedeckt ſind.
Unvermuthet erſcheint ein Triton, der auf einer Seemuſchel blaͤſet. Sogleich eroͤff-
net ſich ein Fels, und Galatea kommt hervor, auf einer vergoldeten Muſchel ſitzend,
von zween Delphinen gezogen, die aus ihren Rachen Waſſer ausſpeyen. Zwo an-
dere Muſcheln, aus deren Mitte hohe Waſſerſtrahlen hervorſpritzen, begleiten ſie auf
beyden Seiten bis ans Ufer. In einer andern Grotte ſiehet man auf großen Waſſer-
ſchalen zwo erzene Harpyen, die Waſſer ausſpeyen, noch zwo andere, die mit moſai-
ſcher Arbeit bekleidet ſind, und einen Knaben mit einer Weltkugel, die vom Waſſer
umgedrehet wird; zu ſeinen Fuͤßen ſind in einem kleinen Teiche Enten, die ſich ins
Waſſer tauchen und trinken. Eine andere Grotte ſtellt eine Badſtube vor, die rings-
um mit Spiegeln bedeckt iſt. Indeß man ſich auf allen Seiten erblickt, weicht der
Boden unter den Fuͤßen, und man wird ganz naß. Faſt in allen Grotten ſind be-
triegeriſche Sitze an den Waͤnden angebracht; ſetzt man ſich nieder, ſo ſpritzt ein
Waſſerſtrahl unter den Fuͤßen gerade empor. Weiter ſieht man in den Grotten Schaͤ-
fer mit ihren Heerden, Waſſermuͤhlen im vollen Gange, kleine Bildſaͤulen, die hin
und her gehen, ſingende Voͤgel, ein Frauenzimmer, das, mit einem Eimer in der
Hand, aus einer ſich oͤffnenden Thuͤr hervorkommt, und unter dem Schall eines Du-
delſacks, den ein naher Hirte blaͤſt, eine Strecke bis zu einem Brunnen fortgeht, wo
ſie Waſſer ſchoͤpft, worauf ſie ihren Weg zuruͤckkehrt. Man nennt dieſe Dame Sa-
maritana. Dieſem Kunſtſtuͤcke gegenuͤber iſt eine Feſtung, die von einer großen
Menge Soldaten von außen beſtuͤrmt und von innen vertheidigt wird. Kanonen und
Flinten ſpritzen Waſſer aus. Man hoͤrt die Trommel ſchlagen und ein gewaltiges
Geraͤuſch, alles wird durchs Waſſer in dieſe Bewegung geſetzt. — Unter der Treppe,
wo man in den Garten von Seiten des Schloſſes hinabſteigt, ſteht in einer Grotte die
Bild-
*) Aus Jagemanns Briefen uͤber Italien. 2ter Band. 8. 1780. 18ter Br.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |