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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.

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und Landhäusern.

Das Runde hat unstreitig in Gebäuden einen sehr angenehmen Eindruck, weil
es ohne alle Winkel einen ununterbrochenen Umkreis beschreibt. Es scheint sich vor-
züglich für kleinere Gebäude, deren Umfang nicht so groß ist, daß das Auge ihn nicht
gleich auf einmal bequem umfassen könnte, zu schicken; indessen hatten die Tempel
des Alterthums, bey ihrer mäßigen Größe, zuweilen diese Form.

Das Viereck hat zur Anlegung der innern Theile mehr Bequemlichkeit; auch
hat es, wie schon bemerkt ist, eine vorzügliche Einfachheit, bey welcher das Auge die
Uebereinstimmung der Außenseiten und die Verhältnisse der Linien gegen einander
leicht wahrnehmen kann. Ein in die Länge gezogenes Viereck aber, wobey das Ge-
bäude um drey und noch mehr mal breiter als tief ist, hat nicht die Regelmäßigkeit
und Einförmigkeit in den Theilen, als ein Quadrat; man sieht es für eine verfehlte
Figur eines Vierecks an; und die Theile der Außenseiten werden zu weit von einander
getrennt. Eine gar zu gedehnte Länge zerstört außerdem noch die Größe des ganzen
Gebäudes.

Bey einem zierlichen oder artigen Landhause wird ein einzelnes Viereck hinrei-
chen. Bey andern Landhäusern, die mehr Raum und Größe erfordern, kann man
das Ganze aus mehr Vierecken zusammensetzen, entweder daß man nach dem ältern
italiänischen Geschmack um die Hauptwohnung noch drey Flügel in ein Viereck her-
umzieht, oder, nach der bessern Abänderung der französischen Architekten, den einen
Flügel wegläßt, welcher der Hauptwohnung (Corps de logis) gegenüber steht. Je-
ne Anordnung hat viel Pracht, zumal wenn das Gebäude aus mehrern Geschossen be-
steht; allein sie hat zugleich ein dunkles und feyerliches Ansehen, das sich besser für
das Ehrwürdige eines Klosters, als für die Freyheit und Heiterkeit eines Lustschlosses
schickt, zumal da alle Aussicht auf den innern Bezirk des Hofes eingeschränkt ist.
Die französische Anordnung stimmt mit dem Charakter eines Lustschlosses und Land-
hauses von einem prächtigen und edlen Charakter mehr überein. Sie fällt bey dem
Eingange mit einer gewissen Pracht und Würde in die Augen, und verstattet zugleich
von allen drey Seiten, am meisten aus der Hauptwohnung und den Enden der bey-
den Flügel, eine freye Aussicht auf den Vorplatz. Nur muß der Eingang mit keiner
hohen Mauer versperrt seyn; er kann ganz offen bleiben, oder er muß, wenn man
Verschließung verlangt, mit einem leichten Gitter im guten Geschmack versehen
werden.

Inzwischen scheint keine Anordnung mit der Freyheit, Schönheit und Anmu-
thigkeit eines Lustschlosses und Landhauses mehr verwandt zu seyn, als diejenige, nach
welcher man der Hauptwohnung zwey mit ihr in einer geraden Linie fortlaufende Flü-
gel giebt. Durch diese Anordnung fällt bey dem Zugange das Gebäude mit seiner

ganzen
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und Landhaͤuſern.

Das Runde hat unſtreitig in Gebaͤuden einen ſehr angenehmen Eindruck, weil
es ohne alle Winkel einen ununterbrochenen Umkreis beſchreibt. Es ſcheint ſich vor-
zuͤglich fuͤr kleinere Gebaͤude, deren Umfang nicht ſo groß iſt, daß das Auge ihn nicht
gleich auf einmal bequem umfaſſen koͤnnte, zu ſchicken; indeſſen hatten die Tempel
des Alterthums, bey ihrer maͤßigen Groͤße, zuweilen dieſe Form.

Das Viereck hat zur Anlegung der innern Theile mehr Bequemlichkeit; auch
hat es, wie ſchon bemerkt iſt, eine vorzuͤgliche Einfachheit, bey welcher das Auge die
Uebereinſtimmung der Außenſeiten und die Verhaͤltniſſe der Linien gegen einander
leicht wahrnehmen kann. Ein in die Laͤnge gezogenes Viereck aber, wobey das Ge-
baͤude um drey und noch mehr mal breiter als tief iſt, hat nicht die Regelmaͤßigkeit
und Einfoͤrmigkeit in den Theilen, als ein Quadrat; man ſieht es fuͤr eine verfehlte
Figur eines Vierecks an; und die Theile der Außenſeiten werden zu weit von einander
getrennt. Eine gar zu gedehnte Laͤnge zerſtoͤrt außerdem noch die Groͤße des ganzen
Gebaͤudes.

Bey einem zierlichen oder artigen Landhauſe wird ein einzelnes Viereck hinrei-
chen. Bey andern Landhaͤuſern, die mehr Raum und Groͤße erfordern, kann man
das Ganze aus mehr Vierecken zuſammenſetzen, entweder daß man nach dem aͤltern
italiaͤniſchen Geſchmack um die Hauptwohnung noch drey Fluͤgel in ein Viereck her-
umzieht, oder, nach der beſſern Abaͤnderung der franzoͤſiſchen Architekten, den einen
Fluͤgel weglaͤßt, welcher der Hauptwohnung (Corps de logis) gegenuͤber ſteht. Je-
ne Anordnung hat viel Pracht, zumal wenn das Gebaͤude aus mehrern Geſchoſſen be-
ſteht; allein ſie hat zugleich ein dunkles und feyerliches Anſehen, das ſich beſſer fuͤr
das Ehrwuͤrdige eines Kloſters, als fuͤr die Freyheit und Heiterkeit eines Luſtſchloſſes
ſchickt, zumal da alle Ausſicht auf den innern Bezirk des Hofes eingeſchraͤnkt iſt.
Die franzoͤſiſche Anordnung ſtimmt mit dem Charakter eines Luſtſchloſſes und Land-
hauſes von einem praͤchtigen und edlen Charakter mehr uͤberein. Sie faͤllt bey dem
Eingange mit einer gewiſſen Pracht und Wuͤrde in die Augen, und verſtattet zugleich
von allen drey Seiten, am meiſten aus der Hauptwohnung und den Enden der bey-
den Fluͤgel, eine freye Ausſicht auf den Vorplatz. Nur muß der Eingang mit keiner
hohen Mauer verſperrt ſeyn; er kann ganz offen bleiben, oder er muß, wenn man
Verſchließung verlangt, mit einem leichten Gitter im guten Geſchmack verſehen
werden.

Inzwiſchen ſcheint keine Anordnung mit der Freyheit, Schoͤnheit und Anmu-
thigkeit eines Luſtſchloſſes und Landhauſes mehr verwandt zu ſeyn, als diejenige, nach
welcher man der Hauptwohnung zwey mit ihr in einer geraden Linie fortlaufende Fluͤ-
gel giebt. Durch dieſe Anordnung faͤllt bey dem Zugange das Gebaͤude mit ſeiner

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[19/0023] und Landhaͤuſern. Das Runde hat unſtreitig in Gebaͤuden einen ſehr angenehmen Eindruck, weil es ohne alle Winkel einen ununterbrochenen Umkreis beſchreibt. Es ſcheint ſich vor- zuͤglich fuͤr kleinere Gebaͤude, deren Umfang nicht ſo groß iſt, daß das Auge ihn nicht gleich auf einmal bequem umfaſſen koͤnnte, zu ſchicken; indeſſen hatten die Tempel des Alterthums, bey ihrer maͤßigen Groͤße, zuweilen dieſe Form. Das Viereck hat zur Anlegung der innern Theile mehr Bequemlichkeit; auch hat es, wie ſchon bemerkt iſt, eine vorzuͤgliche Einfachheit, bey welcher das Auge die Uebereinſtimmung der Außenſeiten und die Verhaͤltniſſe der Linien gegen einander leicht wahrnehmen kann. Ein in die Laͤnge gezogenes Viereck aber, wobey das Ge- baͤude um drey und noch mehr mal breiter als tief iſt, hat nicht die Regelmaͤßigkeit und Einfoͤrmigkeit in den Theilen, als ein Quadrat; man ſieht es fuͤr eine verfehlte Figur eines Vierecks an; und die Theile der Außenſeiten werden zu weit von einander getrennt. Eine gar zu gedehnte Laͤnge zerſtoͤrt außerdem noch die Groͤße des ganzen Gebaͤudes. Bey einem zierlichen oder artigen Landhauſe wird ein einzelnes Viereck hinrei- chen. Bey andern Landhaͤuſern, die mehr Raum und Groͤße erfordern, kann man das Ganze aus mehr Vierecken zuſammenſetzen, entweder daß man nach dem aͤltern italiaͤniſchen Geſchmack um die Hauptwohnung noch drey Fluͤgel in ein Viereck her- umzieht, oder, nach der beſſern Abaͤnderung der franzoͤſiſchen Architekten, den einen Fluͤgel weglaͤßt, welcher der Hauptwohnung (Corps de logis) gegenuͤber ſteht. Je- ne Anordnung hat viel Pracht, zumal wenn das Gebaͤude aus mehrern Geſchoſſen be- ſteht; allein ſie hat zugleich ein dunkles und feyerliches Anſehen, das ſich beſſer fuͤr das Ehrwuͤrdige eines Kloſters, als fuͤr die Freyheit und Heiterkeit eines Luſtſchloſſes ſchickt, zumal da alle Ausſicht auf den innern Bezirk des Hofes eingeſchraͤnkt iſt. Die franzoͤſiſche Anordnung ſtimmt mit dem Charakter eines Luſtſchloſſes und Land- hauſes von einem praͤchtigen und edlen Charakter mehr uͤberein. Sie faͤllt bey dem Eingange mit einer gewiſſen Pracht und Wuͤrde in die Augen, und verſtattet zugleich von allen drey Seiten, am meiſten aus der Hauptwohnung und den Enden der bey- den Fluͤgel, eine freye Ausſicht auf den Vorplatz. Nur muß der Eingang mit keiner hohen Mauer verſperrt ſeyn; er kann ganz offen bleiben, oder er muß, wenn man Verſchließung verlangt, mit einem leichten Gitter im guten Geſchmack verſehen werden. Inzwiſchen ſcheint keine Anordnung mit der Freyheit, Schoͤnheit und Anmu- thigkeit eines Luſtſchloſſes und Landhauſes mehr verwandt zu ſeyn, als diejenige, nach welcher man der Hauptwohnung zwey mit ihr in einer geraden Linie fortlaufende Fluͤ- gel giebt. Durch dieſe Anordnung faͤllt bey dem Zugange das Gebaͤude mit ſeiner ganzen C 2

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780, S. 19. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst3_1780/23>, abgerufen am 23.11.2024.