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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.

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von Landhäusern.
Ufer des Sees ruhen noch verschiedene artige Landhäuser, die auf der einen Seite den
frischen Anblick des Wassers, und auf der andern die kühlen Ueberschattungen der auf-
steigenden Wälder genießen. -- Nicht weit von Friedrichsthal liegt das reizende
Dorf Lyngbye, ebenfalls an einem fischreichen See und an einem niedrigen Walde,
wo das Auge wieder von verschiedenen feinen Landhäusern, die ansehnlichen Familien
zugehören, ergötzt wird.

In Landschaften, die mit allen Schönheiten der Natur so sehr bereichert sind,
dürfte die Kunst nur wenig beytragen, um diese Schönheiten zu erhöhen und zu ver-
vielfältigen, um durch Mannigfaltigkeit der Anpflanzungen und durch Feinheit der
Anlagen, durch ausgewählte und bestimmte Scenen, durch ihre Veredelung mit zu-
stimmenden Gebäuden und andern Gegenständen, neue Schauspiele zur Unterhaltung
des Geschmacks, zur Ergötzung der Einbildungskraft, und zur Erweckung einer Folge
von stärkern und interessanten Empfindungen zu bilden; denn dieß ist das Geschäfte
der schönen Gartenkunst. Man sieht in den Gärten noch hin und wieder die Spuren
der alten symmetrischen Manier; doch hebt sich der bessere Geschmack über sie empor.
Zu Seelust, eine Stunde von Kopenhagen am Strande, ist eine neue Anlage an-
gefangen, die viel verspricht, weil sie mit Geschmack entworfen ist. Allein eine schon
vollendete Pflanzung sieht man zu Bernstorf, [Spaltenumbruch] *) weiter in der Höhe hinauf, in der
nordlichen Gegend der Stadt, eine halbe Meile von ihr entfernt.

Dieses prächtige Landhaus **) vereinigt mit der glücklichsten Lage zugleich die
ganze Schönheit der Architectur, und gehört schon von dieser Seite zu den besten Ge-
bäuden dieser Art. Es steht da auf seiner Anhöhe, mit einer Aussicht, erhaben und
frey, wie der weit umherschauende Blick des Ministers, der hier seine großen Geschäfte
ausführt. Auf der Nordseite des Gebäudes, das am Eingang mit der edlen Inschrift:

Honesto inter labores otio sacrum

bezeichnet ist, verbreitet sich der Prospect über fruchtbare Gefilde hinab zu den herrli-
chen Waldungen des königlichen Thiergartens. Gegen Süden erscheint die Stadt
Kopenhagen mit ihren stolzen Thürmen, mit ihrer Rhede, die mit den Schiffen aller
Nationen angefüllt ist, und mit der weiten Aussicht in das Meer hinaus, das durch
kommende und sich entfernende Segel eine erhabene und immer belebte Scene darstellt.
An die westliche Seite gränzt ein kühler Wald; und auf der östlichen liegt unmittelbar

an
*) Der bekannte Landsitz des Königlichen
Staatsministers, geheimen Raths, Mini-
sters der ausländischen Affairen, Directeurs
der deutschen Kanzeley, Ritters vom Ele-
[Spaltenumbruch] phantenorden, etc. etc. Herrn Grafen von
Bernstorf.
**) Eine Abbildung davon s. im 2ten
Bande dieses Werks, S. 129.

von Landhaͤuſern.
Ufer des Sees ruhen noch verſchiedene artige Landhaͤuſer, die auf der einen Seite den
friſchen Anblick des Waſſers, und auf der andern die kuͤhlen Ueberſchattungen der auf-
ſteigenden Waͤlder genießen. — Nicht weit von Friedrichsthal liegt das reizende
Dorf Lyngbye, ebenfalls an einem fiſchreichen See und an einem niedrigen Walde,
wo das Auge wieder von verſchiedenen feinen Landhaͤuſern, die anſehnlichen Familien
zugehoͤren, ergoͤtzt wird.

In Landſchaften, die mit allen Schoͤnheiten der Natur ſo ſehr bereichert ſind,
duͤrfte die Kunſt nur wenig beytragen, um dieſe Schoͤnheiten zu erhoͤhen und zu ver-
vielfaͤltigen, um durch Mannigfaltigkeit der Anpflanzungen und durch Feinheit der
Anlagen, durch ausgewaͤhlte und beſtimmte Scenen, durch ihre Veredelung mit zu-
ſtimmenden Gebaͤuden und andern Gegenſtaͤnden, neue Schauſpiele zur Unterhaltung
des Geſchmacks, zur Ergoͤtzung der Einbildungskraft, und zur Erweckung einer Folge
von ſtaͤrkern und intereſſanten Empfindungen zu bilden; denn dieß iſt das Geſchaͤfte
der ſchoͤnen Gartenkunſt. Man ſieht in den Gaͤrten noch hin und wieder die Spuren
der alten ſymmetriſchen Manier; doch hebt ſich der beſſere Geſchmack uͤber ſie empor.
Zu Seeluſt, eine Stunde von Kopenhagen am Strande, iſt eine neue Anlage an-
gefangen, die viel verſpricht, weil ſie mit Geſchmack entworfen iſt. Allein eine ſchon
vollendete Pflanzung ſieht man zu Bernstorf, [Spaltenumbruch] *) weiter in der Hoͤhe hinauf, in der
nordlichen Gegend der Stadt, eine halbe Meile von ihr entfernt.

Dieſes praͤchtige Landhaus **) vereinigt mit der gluͤcklichſten Lage zugleich die
ganze Schoͤnheit der Architectur, und gehoͤrt ſchon von dieſer Seite zu den beſten Ge-
baͤuden dieſer Art. Es ſteht da auf ſeiner Anhoͤhe, mit einer Ausſicht, erhaben und
frey, wie der weit umherſchauende Blick des Miniſters, der hier ſeine großen Geſchaͤfte
ausfuͤhrt. Auf der Nordſeite des Gebaͤudes, das am Eingang mit der edlen Inſchrift:

Honeſto inter labores otio ſacrum

bezeichnet iſt, verbreitet ſich der Proſpect uͤber fruchtbare Gefilde hinab zu den herrli-
chen Waldungen des koͤniglichen Thiergartens. Gegen Suͤden erſcheint die Stadt
Kopenhagen mit ihren ſtolzen Thuͤrmen, mit ihrer Rhede, die mit den Schiffen aller
Nationen angefuͤllt iſt, und mit der weiten Ausſicht in das Meer hinaus, das durch
kommende und ſich entfernende Segel eine erhabene und immer belebte Scene darſtellt.
An die weſtliche Seite graͤnzt ein kuͤhler Wald; und auf der oͤſtlichen liegt unmittelbar

an
*) Der bekannte Landſitz des Koͤniglichen
Staatsminiſters, geheimen Raths, Mini-
ſters der auslaͤndiſchen Affairen, Directeurs
der deutſchen Kanzeley, Ritters vom Ele-
[Spaltenumbruch] phantenorden, ꝛc. ꝛc. Herrn Grafen von
Bernſtorf.
**) Eine Abbildung davon ſ. im 2ten
Bande dieſes Werks, S. 129.
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[223/0234] von Landhaͤuſern. Ufer des Sees ruhen noch verſchiedene artige Landhaͤuſer, die auf der einen Seite den friſchen Anblick des Waſſers, und auf der andern die kuͤhlen Ueberſchattungen der auf- ſteigenden Waͤlder genießen. — Nicht weit von Friedrichsthal liegt das reizende Dorf Lyngbye, ebenfalls an einem fiſchreichen See und an einem niedrigen Walde, wo das Auge wieder von verſchiedenen feinen Landhaͤuſern, die anſehnlichen Familien zugehoͤren, ergoͤtzt wird. In Landſchaften, die mit allen Schoͤnheiten der Natur ſo ſehr bereichert ſind, duͤrfte die Kunſt nur wenig beytragen, um dieſe Schoͤnheiten zu erhoͤhen und zu ver- vielfaͤltigen, um durch Mannigfaltigkeit der Anpflanzungen und durch Feinheit der Anlagen, durch ausgewaͤhlte und beſtimmte Scenen, durch ihre Veredelung mit zu- ſtimmenden Gebaͤuden und andern Gegenſtaͤnden, neue Schauſpiele zur Unterhaltung des Geſchmacks, zur Ergoͤtzung der Einbildungskraft, und zur Erweckung einer Folge von ſtaͤrkern und intereſſanten Empfindungen zu bilden; denn dieß iſt das Geſchaͤfte der ſchoͤnen Gartenkunſt. Man ſieht in den Gaͤrten noch hin und wieder die Spuren der alten ſymmetriſchen Manier; doch hebt ſich der beſſere Geſchmack uͤber ſie empor. Zu Seeluſt, eine Stunde von Kopenhagen am Strande, iſt eine neue Anlage an- gefangen, die viel verſpricht, weil ſie mit Geſchmack entworfen iſt. Allein eine ſchon vollendete Pflanzung ſieht man zu Bernstorf, *) weiter in der Hoͤhe hinauf, in der nordlichen Gegend der Stadt, eine halbe Meile von ihr entfernt. Dieſes praͤchtige Landhaus **) vereinigt mit der gluͤcklichſten Lage zugleich die ganze Schoͤnheit der Architectur, und gehoͤrt ſchon von dieſer Seite zu den beſten Ge- baͤuden dieſer Art. Es ſteht da auf ſeiner Anhoͤhe, mit einer Ausſicht, erhaben und frey, wie der weit umherſchauende Blick des Miniſters, der hier ſeine großen Geſchaͤfte ausfuͤhrt. Auf der Nordſeite des Gebaͤudes, das am Eingang mit der edlen Inſchrift: Honeſto inter labores otio ſacrum bezeichnet iſt, verbreitet ſich der Proſpect uͤber fruchtbare Gefilde hinab zu den herrli- chen Waldungen des koͤniglichen Thiergartens. Gegen Suͤden erſcheint die Stadt Kopenhagen mit ihren ſtolzen Thuͤrmen, mit ihrer Rhede, die mit den Schiffen aller Nationen angefuͤllt iſt, und mit der weiten Ausſicht in das Meer hinaus, das durch kommende und ſich entfernende Segel eine erhabene und immer belebte Scene darſtellt. An die weſtliche Seite graͤnzt ein kuͤhler Wald; und auf der oͤſtlichen liegt unmittelbar an *) Der bekannte Landſitz des Koͤniglichen Staatsminiſters, geheimen Raths, Mini- ſters der auslaͤndiſchen Affairen, Directeurs der deutſchen Kanzeley, Ritters vom Ele- phantenorden, ꝛc. ꝛc. Herrn Grafen von Bernſtorf. **) Eine Abbildung davon ſ. im 2ten Bande dieſes Werks, S. 129.

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780, S. 223. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst3_1780/234>, abgerufen am 23.11.2024.