Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.und Landhäusern. Die Säulenordnungen, die zuerst von der Nothwendigkeit eingeführt, und all- Die Säulenlauben, welche die Griechen und Römer so gerne bey ihren mei- quemen
und Landhaͤuſern. Die Saͤulenordnungen, die zuerſt von der Nothwendigkeit eingefuͤhrt, und all- Die Saͤulenlauben, welche die Griechen und Roͤmer ſo gerne bey ihren mei- quemen
<TEI> <text> <body> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <pb facs="#f0027" n="23"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b">und Landhaͤuſern.</hi> </fw><lb/> <p>Die Saͤulenordnungen, die zuerſt von der Nothwendigkeit eingefuͤhrt, und all-<lb/> maͤhlig als Gegenſtaͤnde der Schoͤnheit von dem Geſchmack bearbeitet worden, geben<lb/> nicht nur den Gebaͤuden uͤberhaupt mehr Leben, Zierde und Wuͤrde, ſondern ſie ent-<lb/> halten auch nach Form, Verhaͤltniſſen und Verzierungen einen beſtimmten, ſich un-<lb/> terſcheidenden Charakter. Die korinthiſche, die ein hohes und ſchlankes Anſehen,<lb/> Reichthum von Zierrath, Mannigfaltigkeit und erhabne Pracht hat, wuͤrde ſich am<lb/> beſten zu Reſidenzſchloͤſſern in großen Staͤdten ſchicken. Fuͤr Luſtſchloͤſſer ſcheint ſie<lb/> zu reich und praͤchtig zu ſeyn. Dieſen waͤre vielleicht mehr die roͤmiſche Ordnung zu<lb/> empfehlen, die ebenfalls eine anſehnliche, ſchlanke und ſchoͤne Geſtalt, aber nicht den<lb/> Reichthum der korinthiſchen hat; ihre Pracht iſt mehr gemaͤßigt. Edle Landhaͤuſer<lb/> aber ſcheinen ſich die ioniſche, die zwiſchen dem Ernſt der doriſchen und der hohen<lb/> Schoͤnheit der korinthiſchen in der Mitte ſteht, mit Recht zuzueignen: denn ſie ver-<lb/> bindet mit Einfalt eine beſcheidene Zierlichkeit und eine feine Annehmlichkeit; ihre<lb/> Geſtalt gefaͤllt, ohne zu blenden, und nimmt das Auge mit ihrem ſanften Reiz ein.<lb/> Sie kann ſelbſt an Luſtſchloͤſſern, die aus mehrern Etagen beſtehen, vortheilhaft ange-<lb/> bracht werden, indem ſie alsdann uͤber die doriſche, die wegen ihrer Staͤrke und<lb/> großen Einfachheit dem unterſten Stockwerk zukommt, ſich an dem zweyten Geſchoß<lb/> erhebt, und dem Auge eine angenehme Vergleichung zwiſchen ihrer lebhaftern Anmuth<lb/> und dem ernſthaften Weſen ihrer aͤltern Schweſter verſtattet.</p><lb/> <p>Die Saͤulenlauben, welche die <hi rendition="#fr">Griechen</hi> und <hi rendition="#fr">Roͤmer</hi> ſo gerne bey ihren mei-<lb/> ſten praͤchtigen Gebaͤuden ſowohl zur Bequemlichkeit als auch zur Verſchoͤnerung an-<lb/> brachten, koͤnnen entweder als Theile, welche den Seiten der Hauptwohnung ange-<lb/> haͤngt werden, oder als fuͤr ſich beſtehende Werke, die ein Ganzes ausmachen, be-<lb/> trachtet werden. Wir fuͤhren ſie hier in dem erſten Geſichtspunkte an. Sie ver-<lb/> ſchaffen nicht allein einen vor Regen und Sonnenſtrahl beſchuͤtzten Spaziergang, und<lb/> angenehme Sitze in den Stunden der Ruhe; ſondern geben auch den Gebaͤuden ein<lb/> heiteres und praͤchtiges Anſehen. Sie verſtatten zugleich uͤber ſich offene Gallerien,<lb/> als neue Plaͤtze des Spaziergangs und der erweiterten Ausſicht. Sie ſchicken ſich<lb/> vorzuͤglich fuͤr Luſtſchloͤſſer und Landhaͤuſer von einem praͤchtigen und edlen Charakter;<lb/> fuͤr die mittlern Arten der Villen enthalten ſie zu viel Pracht. Der Raum zwiſchen<lb/> den Saͤulen kann mit Statuͤen, und die Wand mit Gemaͤlden belebt werden. Man<lb/> findet dieſe ſchoͤne Saͤulenlauben bey einigen <hi rendition="#fr">italiaͤniſchen</hi> Landhaͤuſern, beſonders des<lb/><hi rendition="#fr">Palladio.</hi> Doch iſt ihr Gebrauch jetzt ſelbſt in <hi rendition="#fr">Italien</hi> nur ſelten, und in andern<lb/> Laͤndern noch weniger eingefuͤhrt. Es iſt wahr, daß ſie vornehmlich dem waͤrmern<lb/> Klima, unter welchem ſie entſtanden, angemeſſen ſind. Da ſie indeſſen doch ſo viel<lb/> zur Pracht eines Gebaͤudes beytragen, und in den Sommermonaten uͤberall einen be-<lb/> <fw place="bottom" type="catch">quemen</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [23/0027]
und Landhaͤuſern.
Die Saͤulenordnungen, die zuerſt von der Nothwendigkeit eingefuͤhrt, und all-
maͤhlig als Gegenſtaͤnde der Schoͤnheit von dem Geſchmack bearbeitet worden, geben
nicht nur den Gebaͤuden uͤberhaupt mehr Leben, Zierde und Wuͤrde, ſondern ſie ent-
halten auch nach Form, Verhaͤltniſſen und Verzierungen einen beſtimmten, ſich un-
terſcheidenden Charakter. Die korinthiſche, die ein hohes und ſchlankes Anſehen,
Reichthum von Zierrath, Mannigfaltigkeit und erhabne Pracht hat, wuͤrde ſich am
beſten zu Reſidenzſchloͤſſern in großen Staͤdten ſchicken. Fuͤr Luſtſchloͤſſer ſcheint ſie
zu reich und praͤchtig zu ſeyn. Dieſen waͤre vielleicht mehr die roͤmiſche Ordnung zu
empfehlen, die ebenfalls eine anſehnliche, ſchlanke und ſchoͤne Geſtalt, aber nicht den
Reichthum der korinthiſchen hat; ihre Pracht iſt mehr gemaͤßigt. Edle Landhaͤuſer
aber ſcheinen ſich die ioniſche, die zwiſchen dem Ernſt der doriſchen und der hohen
Schoͤnheit der korinthiſchen in der Mitte ſteht, mit Recht zuzueignen: denn ſie ver-
bindet mit Einfalt eine beſcheidene Zierlichkeit und eine feine Annehmlichkeit; ihre
Geſtalt gefaͤllt, ohne zu blenden, und nimmt das Auge mit ihrem ſanften Reiz ein.
Sie kann ſelbſt an Luſtſchloͤſſern, die aus mehrern Etagen beſtehen, vortheilhaft ange-
bracht werden, indem ſie alsdann uͤber die doriſche, die wegen ihrer Staͤrke und
großen Einfachheit dem unterſten Stockwerk zukommt, ſich an dem zweyten Geſchoß
erhebt, und dem Auge eine angenehme Vergleichung zwiſchen ihrer lebhaftern Anmuth
und dem ernſthaften Weſen ihrer aͤltern Schweſter verſtattet.
Die Saͤulenlauben, welche die Griechen und Roͤmer ſo gerne bey ihren mei-
ſten praͤchtigen Gebaͤuden ſowohl zur Bequemlichkeit als auch zur Verſchoͤnerung an-
brachten, koͤnnen entweder als Theile, welche den Seiten der Hauptwohnung ange-
haͤngt werden, oder als fuͤr ſich beſtehende Werke, die ein Ganzes ausmachen, be-
trachtet werden. Wir fuͤhren ſie hier in dem erſten Geſichtspunkte an. Sie ver-
ſchaffen nicht allein einen vor Regen und Sonnenſtrahl beſchuͤtzten Spaziergang, und
angenehme Sitze in den Stunden der Ruhe; ſondern geben auch den Gebaͤuden ein
heiteres und praͤchtiges Anſehen. Sie verſtatten zugleich uͤber ſich offene Gallerien,
als neue Plaͤtze des Spaziergangs und der erweiterten Ausſicht. Sie ſchicken ſich
vorzuͤglich fuͤr Luſtſchloͤſſer und Landhaͤuſer von einem praͤchtigen und edlen Charakter;
fuͤr die mittlern Arten der Villen enthalten ſie zu viel Pracht. Der Raum zwiſchen
den Saͤulen kann mit Statuͤen, und die Wand mit Gemaͤlden belebt werden. Man
findet dieſe ſchoͤne Saͤulenlauben bey einigen italiaͤniſchen Landhaͤuſern, beſonders des
Palladio. Doch iſt ihr Gebrauch jetzt ſelbſt in Italien nur ſelten, und in andern
Laͤndern noch weniger eingefuͤhrt. Es iſt wahr, daß ſie vornehmlich dem waͤrmern
Klima, unter welchem ſie entſtanden, angemeſſen ſind. Da ſie indeſſen doch ſo viel
zur Pracht eines Gebaͤudes beytragen, und in den Sommermonaten uͤberall einen be-
quemen
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