Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 3. Leipzig, 1780.Gartengebäuden. weg von dem Ufer des Sees oder Teiches, etwas über das Wasser hin, vorrücken,und ein Boot oder einen Kahn zur Seite haben, die nach dem Nutzen zugleich eine Art von Verzierung ausmachen. Das Bad zeige sich nicht frey, nicht an einem breiten Spaziergang, nicht auf Es wird kaum einer Bemerkung bedürfen, daß die bisher angeführten Garten- Die gewöhnlichen Namen, die man Gebäuden dieser Art giebt, Pavillons, Gartengebaͤuden. weg von dem Ufer des Sees oder Teiches, etwas uͤber das Waſſer hin, vorruͤcken,und ein Boot oder einen Kahn zur Seite haben, die nach dem Nutzen zugleich eine Art von Verzierung ausmachen. Das Bad zeige ſich nicht frey, nicht an einem breiten Spaziergang, nicht auf Es wird kaum einer Bemerkung beduͤrfen, daß die bisher angefuͤhrten Garten- Die gewoͤhnlichen Namen, die man Gebaͤuden dieſer Art giebt, Pavillons, <TEI> <text> <body> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0043" n="39"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Gartengebaͤuden.</hi></fw><lb/> weg von dem Ufer des Sees oder Teiches, etwas uͤber das Waſſer hin, vorruͤcken,<lb/> und ein Boot oder einen Kahn zur Seite haben, die nach dem Nutzen zugleich eine<lb/> Art von Verzierung ausmachen.</p><lb/> <p>Das Bad zeige ſich nicht frey, nicht an einem breiten Spaziergang, nicht auf<lb/> einem Raſenplatz, wo es von allen Seiten in die Augen faͤllt; die widerſinnigſte An-<lb/> lage, wiewohl man ſie antrifft. Es verberge ſich vor den Blicken der Neubegierde<lb/> in eine Vertiefung, in einen Dickigt; eine milde Ueberſchattung hange herab, und<lb/> nur der ſanfte Strahl der Abendſonne, gegen welche es ſeine ſchoͤnere Lage waͤhlt,<lb/> ſtreue ihm durch die Gebuͤſche eine liebliche Erheiterung zu. Wohlriechende Straͤu-<lb/> cher und Blumen mit ſtarken Duͤften umkraͤnzen ſeine Seiten. Die Architektur ſey<lb/> beſcheiden und ohne allen Prunk. Ein niedriges Dach, wenig Fenſter oder Oeffnung,<lb/> an den innern Waͤnden ſparſame Verzierung. Keine Vorſtellung, wobey ſich die<lb/> Phantaſie gegen die Tugend empoͤrt; nur Bilder voll ſittſamer Unſchuld, oder ein<lb/> Gemaͤlde der einſamen Nymphe, die vor dem Bade im umſchattenden Gebuͤſch ſte-<lb/> hend, ſchuͤchtern in ſich geſchmiegt, vor ſich ſelbſt erroͤthend, die Hand zuruͤckzurufen<lb/> ſcheint, die den Guͤrtel loͤſen ſoll.</p><lb/> <p>Es wird kaum einer Bemerkung beduͤrfen, daß die bisher angefuͤhrten Garten-<lb/> gebaͤude, vornehmlich in ausgedehnten Gaͤrten und Parks, die eine Mannigfaltigkeit<lb/> von Gegenden und Anlagen zulaſſen, Platz haben. Und auch hier werden ſie mit viel<lb/> Ueberlegung und Maͤßigung anzuordnen ſeyn. Denn ein Garten vertraͤgt nicht im-<lb/> mer die Gebaͤude, die ein anderer zu fordern ſcheint. Man muß, ehe man ſie waͤhlt,<lb/> zuerſt auf die Lage, den Charakter und die Einrichtung eines Gartens Ruͤckſicht neh-<lb/> men, und daraus beurtheilen, was ſich fuͤr ihn ſchickt. Kleinere Gaͤrten muͤſſen es<lb/> nicht wagen, die groͤßern in Anſehung des Reichthums der Gebaͤude nachahmen zu<lb/> wollen; denn nichts iſt unertraͤglicher, als einen Platz, der den Schoͤnheiten der Natur<lb/> gewidmet ſeyn ſoll, mit Gegenſtaͤnden der Kunſt uͤberladen zu ſehen. In einem<lb/> Garten von nicht ſehr betraͤchtlichem Umfang koͤnnen drey Gebaͤude ſchon zu viel ſeyn.</p><lb/> <p>Die gewoͤhnlichen Namen, die man Gebaͤuden dieſer Art giebt, Pavillons,<lb/> Luſthaͤuſer, Luſtkabinette, Lauben, und die vornehmlich nur einen Unterſcheid der aͤu-<lb/> ßern Groͤße zu bezeichnen ſcheinen, koͤnnen in dem Weſentlichen ihres Charakters nichts<lb/> aͤndern. Es iſt gleichguͤltig, ob man ein Gebaͤude, das man bey der Jagd braucht,<lb/> wie es oben beſchrieben ward, ein Jagdhaus oder einen Jagdpavillon nennt. Man<lb/> richtet ſich in Sachen, welche die Theorie noch nicht genau beſtimmt hat, vielleicht<lb/> nicht beſtimmen mag, nach dem eingefuͤhrten Sprachgebrauch; und man verſteht und<lb/> wird verſtanden, ohne ſich an die Genauigkeit der Logik und an den Eigenſinn einer<lb/> willkuͤhrlichen Terminologie zu binden.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [39/0043]
Gartengebaͤuden.
weg von dem Ufer des Sees oder Teiches, etwas uͤber das Waſſer hin, vorruͤcken,
und ein Boot oder einen Kahn zur Seite haben, die nach dem Nutzen zugleich eine
Art von Verzierung ausmachen.
Das Bad zeige ſich nicht frey, nicht an einem breiten Spaziergang, nicht auf
einem Raſenplatz, wo es von allen Seiten in die Augen faͤllt; die widerſinnigſte An-
lage, wiewohl man ſie antrifft. Es verberge ſich vor den Blicken der Neubegierde
in eine Vertiefung, in einen Dickigt; eine milde Ueberſchattung hange herab, und
nur der ſanfte Strahl der Abendſonne, gegen welche es ſeine ſchoͤnere Lage waͤhlt,
ſtreue ihm durch die Gebuͤſche eine liebliche Erheiterung zu. Wohlriechende Straͤu-
cher und Blumen mit ſtarken Duͤften umkraͤnzen ſeine Seiten. Die Architektur ſey
beſcheiden und ohne allen Prunk. Ein niedriges Dach, wenig Fenſter oder Oeffnung,
an den innern Waͤnden ſparſame Verzierung. Keine Vorſtellung, wobey ſich die
Phantaſie gegen die Tugend empoͤrt; nur Bilder voll ſittſamer Unſchuld, oder ein
Gemaͤlde der einſamen Nymphe, die vor dem Bade im umſchattenden Gebuͤſch ſte-
hend, ſchuͤchtern in ſich geſchmiegt, vor ſich ſelbſt erroͤthend, die Hand zuruͤckzurufen
ſcheint, die den Guͤrtel loͤſen ſoll.
Es wird kaum einer Bemerkung beduͤrfen, daß die bisher angefuͤhrten Garten-
gebaͤude, vornehmlich in ausgedehnten Gaͤrten und Parks, die eine Mannigfaltigkeit
von Gegenden und Anlagen zulaſſen, Platz haben. Und auch hier werden ſie mit viel
Ueberlegung und Maͤßigung anzuordnen ſeyn. Denn ein Garten vertraͤgt nicht im-
mer die Gebaͤude, die ein anderer zu fordern ſcheint. Man muß, ehe man ſie waͤhlt,
zuerſt auf die Lage, den Charakter und die Einrichtung eines Gartens Ruͤckſicht neh-
men, und daraus beurtheilen, was ſich fuͤr ihn ſchickt. Kleinere Gaͤrten muͤſſen es
nicht wagen, die groͤßern in Anſehung des Reichthums der Gebaͤude nachahmen zu
wollen; denn nichts iſt unertraͤglicher, als einen Platz, der den Schoͤnheiten der Natur
gewidmet ſeyn ſoll, mit Gegenſtaͤnden der Kunſt uͤberladen zu ſehen. In einem
Garten von nicht ſehr betraͤchtlichem Umfang koͤnnen drey Gebaͤude ſchon zu viel ſeyn.
Die gewoͤhnlichen Namen, die man Gebaͤuden dieſer Art giebt, Pavillons,
Luſthaͤuſer, Luſtkabinette, Lauben, und die vornehmlich nur einen Unterſcheid der aͤu-
ßern Groͤße zu bezeichnen ſcheinen, koͤnnen in dem Weſentlichen ihres Charakters nichts
aͤndern. Es iſt gleichguͤltig, ob man ein Gebaͤude, das man bey der Jagd braucht,
wie es oben beſchrieben ward, ein Jagdhaus oder einen Jagdpavillon nennt. Man
richtet ſich in Sachen, welche die Theorie noch nicht genau beſtimmt hat, vielleicht
nicht beſtimmen mag, nach dem eingefuͤhrten Sprachgebrauch; und man verſteht und
wird verſtanden, ohne ſich an die Genauigkeit der Logik und an den Eigenſinn einer
willkuͤhrlichen Terminologie zu binden.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |