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Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782.

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von Gärten.
Rechten in einer freyen Lage auf einem Hügel eine Windmühle, bald in der Niedri-
gung die Wiese.

Von diesem Platz hinter dem Wohngebäude laufen verschiedene Pfade nach den
nördlichen Anlagen. Man kommt zunächst an eine kleine niedliche Scene, wo die
noch zarte liebenswürdige Jugend unter ihren Blumen zu spielen pflegt; ein umschlosse-
nes einsames Revier, eine Laube und einige Blumenstücke, frey und ungekünstelt ge-
pflanzt, machen ihr Eigenthum, und, was es hier zugleich ist, ihre Zufriedenheit aus.
Der Weg windet sich zur Rechten an den Abhängen einer buschigten und mit hohen
Bäumen bewachsenen Anhöhe; verschiedene Pfade schlängeln sich oben auf ihr neben
manchen Schattensitzen umher. Man hat auf diesem Wege zur Linken immer die
große Wiese, welche die Natur zum schönsten Rasen bildete, der von der obersten
Nordseite herab zwischen zwey kleinen schmalen Wäldern mit mannigfaltigen Krüm-
mungen sich fortstreckt, darauf mehr frey gegen Westen sich wendet, zuletzt nach Osten
sich herumwindet, und das Ufer des Meers zur Gränze hat; eine herrliche, grüne
Fläche, ausgedehnt und doch abwechselnd in Umriß und Begränzung, und zuweilen
im Herbst von einer umherirrenden Milchheerde belebt. Diese Wiese erfrischt das
Auge auf allen nördlichen Spatziergängen. Indem man neben ihr fortzuwandeln an-
fängt, hat man über sie die Aussicht auf die Felder und bald nachher auf den jenseiti-
gen Wald, der die Wiese einfaßt. Ein aufgeworfener Damm, der in der Mitte eine
Brücke hat, führt über sie hin, und verbindet die Spatziergänge, die auf beyden Sei-
ten sich um sie herumwinden. Bald darauf erscheint ein anmuthiger Parasolsitz in
der Wiese nahe am Wege; er ist von einem Graben voll reinen fließenden Wassers
umgeben, über welchen eine Brücke führt; man hört hier einen kleinen Wasserfall,
der selbst im Winter rauscht, und sieht die Karpen neben ihm in der hellen Flut spielen.
Nachdem das Auge sich an der freyen ländlichen Aussicht umher geweidet hat, wird
es von dem Anblick des Borkhauses gelockt, das gleich zur Rechten auf der abhängi-
gen Höhe zwischen Bäumen und Gebüschen halb verdeckt ruhet. Es ist ein ganz ein-
faches Waldgebäude, unten mit Bork ausgeschlagen, von welcher Materie auch die
Sitze sind, vorne offen ohne Thüre, und mit einem Strohdach bedeckt; seine Hinter-
seite lehnt sich an die Anhöhe. Eine englische Inschrift aus dem Young, die das
Verdienst der Einsamkeit empfiehlt, zeigt sich über dem Eingang. Hohe, herrliche
Bäume überschatten dies verborgene Waldhaus; die Aussicht schleicht zwischen ihnen
durch, fällt tief unten in die Wiese, erhebt sich wieder zu ihrer waldigten Bekränzung,
und ruhet auf dem Hügel, der hinter ihr aufsteigt.

Der unten sich fortschlängelnde Weg ist mit allerley einheimischen Sträuchern
bepflanzt, die an einigen Stellen neben der Wiese fortlaufen, und ihren Anblick ver-

schließen;
IV Band. F f

von Gaͤrten.
Rechten in einer freyen Lage auf einem Huͤgel eine Windmuͤhle, bald in der Niedri-
gung die Wieſe.

Von dieſem Platz hinter dem Wohngebaͤude laufen verſchiedene Pfade nach den
noͤrdlichen Anlagen. Man kommt zunaͤchſt an eine kleine niedliche Scene, wo die
noch zarte liebenswuͤrdige Jugend unter ihren Blumen zu ſpielen pflegt; ein umſchloſſe-
nes einſames Revier, eine Laube und einige Blumenſtuͤcke, frey und ungekuͤnſtelt ge-
pflanzt, machen ihr Eigenthum, und, was es hier zugleich iſt, ihre Zufriedenheit aus.
Der Weg windet ſich zur Rechten an den Abhaͤngen einer buſchigten und mit hohen
Baͤumen bewachſenen Anhoͤhe; verſchiedene Pfade ſchlaͤngeln ſich oben auf ihr neben
manchen Schattenſitzen umher. Man hat auf dieſem Wege zur Linken immer die
große Wieſe, welche die Natur zum ſchoͤnſten Raſen bildete, der von der oberſten
Nordſeite herab zwiſchen zwey kleinen ſchmalen Waͤldern mit mannigfaltigen Kruͤm-
mungen ſich fortſtreckt, darauf mehr frey gegen Weſten ſich wendet, zuletzt nach Oſten
ſich herumwindet, und das Ufer des Meers zur Graͤnze hat; eine herrliche, gruͤne
Flaͤche, ausgedehnt und doch abwechſelnd in Umriß und Begraͤnzung, und zuweilen
im Herbſt von einer umherirrenden Milchheerde belebt. Dieſe Wieſe erfriſcht das
Auge auf allen noͤrdlichen Spatziergaͤngen. Indem man neben ihr fortzuwandeln an-
faͤngt, hat man uͤber ſie die Ausſicht auf die Felder und bald nachher auf den jenſeiti-
gen Wald, der die Wieſe einfaßt. Ein aufgeworfener Damm, der in der Mitte eine
Bruͤcke hat, fuͤhrt uͤber ſie hin, und verbindet die Spatziergaͤnge, die auf beyden Sei-
ten ſich um ſie herumwinden. Bald darauf erſcheint ein anmuthiger Paraſolſitz in
der Wieſe nahe am Wege; er iſt von einem Graben voll reinen fließenden Waſſers
umgeben, uͤber welchen eine Bruͤcke fuͤhrt; man hoͤrt hier einen kleinen Waſſerfall,
der ſelbſt im Winter rauſcht, und ſieht die Karpen neben ihm in der hellen Flut ſpielen.
Nachdem das Auge ſich an der freyen laͤndlichen Ausſicht umher geweidet hat, wird
es von dem Anblick des Borkhauſes gelockt, das gleich zur Rechten auf der abhaͤngi-
gen Hoͤhe zwiſchen Baͤumen und Gebuͤſchen halb verdeckt ruhet. Es iſt ein ganz ein-
faches Waldgebaͤude, unten mit Bork ausgeſchlagen, von welcher Materie auch die
Sitze ſind, vorne offen ohne Thuͤre, und mit einem Strohdach bedeckt; ſeine Hinter-
ſeite lehnt ſich an die Anhoͤhe. Eine engliſche Inſchrift aus dem Young, die das
Verdienſt der Einſamkeit empfiehlt, zeigt ſich uͤber dem Eingang. Hohe, herrliche
Baͤume uͤberſchatten dies verborgene Waldhaus; die Ausſicht ſchleicht zwiſchen ihnen
durch, faͤllt tief unten in die Wieſe, erhebt ſich wieder zu ihrer waldigten Bekraͤnzung,
und ruhet auf dem Huͤgel, der hinter ihr aufſteigt.

Der unten ſich fortſchlaͤngelnde Weg iſt mit allerley einheimiſchen Straͤuchern
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ſchließen;
IV Band. F f
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[225/0229] von Gaͤrten. Rechten in einer freyen Lage auf einem Huͤgel eine Windmuͤhle, bald in der Niedri- gung die Wieſe. Von dieſem Platz hinter dem Wohngebaͤude laufen verſchiedene Pfade nach den noͤrdlichen Anlagen. Man kommt zunaͤchſt an eine kleine niedliche Scene, wo die noch zarte liebenswuͤrdige Jugend unter ihren Blumen zu ſpielen pflegt; ein umſchloſſe- nes einſames Revier, eine Laube und einige Blumenſtuͤcke, frey und ungekuͤnſtelt ge- pflanzt, machen ihr Eigenthum, und, was es hier zugleich iſt, ihre Zufriedenheit aus. Der Weg windet ſich zur Rechten an den Abhaͤngen einer buſchigten und mit hohen Baͤumen bewachſenen Anhoͤhe; verſchiedene Pfade ſchlaͤngeln ſich oben auf ihr neben manchen Schattenſitzen umher. Man hat auf dieſem Wege zur Linken immer die große Wieſe, welche die Natur zum ſchoͤnſten Raſen bildete, der von der oberſten Nordſeite herab zwiſchen zwey kleinen ſchmalen Waͤldern mit mannigfaltigen Kruͤm- mungen ſich fortſtreckt, darauf mehr frey gegen Weſten ſich wendet, zuletzt nach Oſten ſich herumwindet, und das Ufer des Meers zur Graͤnze hat; eine herrliche, gruͤne Flaͤche, ausgedehnt und doch abwechſelnd in Umriß und Begraͤnzung, und zuweilen im Herbſt von einer umherirrenden Milchheerde belebt. Dieſe Wieſe erfriſcht das Auge auf allen noͤrdlichen Spatziergaͤngen. Indem man neben ihr fortzuwandeln an- faͤngt, hat man uͤber ſie die Ausſicht auf die Felder und bald nachher auf den jenſeiti- gen Wald, der die Wieſe einfaßt. Ein aufgeworfener Damm, der in der Mitte eine Bruͤcke hat, fuͤhrt uͤber ſie hin, und verbindet die Spatziergaͤnge, die auf beyden Sei- ten ſich um ſie herumwinden. Bald darauf erſcheint ein anmuthiger Paraſolſitz in der Wieſe nahe am Wege; er iſt von einem Graben voll reinen fließenden Waſſers umgeben, uͤber welchen eine Bruͤcke fuͤhrt; man hoͤrt hier einen kleinen Waſſerfall, der ſelbſt im Winter rauſcht, und ſieht die Karpen neben ihm in der hellen Flut ſpielen. Nachdem das Auge ſich an der freyen laͤndlichen Ausſicht umher geweidet hat, wird es von dem Anblick des Borkhauſes gelockt, das gleich zur Rechten auf der abhaͤngi- gen Hoͤhe zwiſchen Baͤumen und Gebuͤſchen halb verdeckt ruhet. Es iſt ein ganz ein- faches Waldgebaͤude, unten mit Bork ausgeſchlagen, von welcher Materie auch die Sitze ſind, vorne offen ohne Thuͤre, und mit einem Strohdach bedeckt; ſeine Hinter- ſeite lehnt ſich an die Anhoͤhe. Eine engliſche Inſchrift aus dem Young, die das Verdienſt der Einſamkeit empfiehlt, zeigt ſich uͤber dem Eingang. Hohe, herrliche Baͤume uͤberſchatten dies verborgene Waldhaus; die Ausſicht ſchleicht zwiſchen ihnen durch, faͤllt tief unten in die Wieſe, erhebt ſich wieder zu ihrer waldigten Bekraͤnzung, und ruhet auf dem Huͤgel, der hinter ihr aufſteigt. Der unten ſich fortſchlaͤngelnde Weg iſt mit allerley einheimiſchen Straͤuchern bepflanzt, die an einigen Stellen neben der Wieſe fortlaufen, und ihren Anblick ver- ſchließen; IV Band. F f

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Zitationshilfe: Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782, S. 225. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/hirschfeld_gartenkunst4_1782/229>, abgerufen am 21.11.2024.