Hirschfeld, Christian Cay Lorenz: Theorie der Gartenkunst. Bd. 4. Leipzig, 1782.von Gärten. Der See gehört unter die vorzüglichsten Annehmlichkeiten des Gartens. Er Mitten im See schwillt eine Insel empor. Ein schmaler Fußpfad führt durch Wir gehen andern Pfaden nach, und bleiben vor einem Tempel stehn, der sich Dieser G g 2
von Gaͤrten. Der See gehoͤrt unter die vorzuͤglichſten Annehmlichkeiten des Gartens. Er Mitten im See ſchwillt eine Inſel empor. Ein ſchmaler Fußpfad fuͤhrt durch Wir gehen andern Pfaden nach, und bleiben vor einem Tempel ſtehn, der ſich Dieſer G g 2
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von Gaͤrten.
Der See gehoͤrt unter die vorzuͤglichſten Annehmlichkeiten des Gartens. Er
iſt von anſehnlichem Umfang, und wimmelt von Fiſchen, worunter ſich auch rothe,
oder Goldfiſche, befinden, die kein Angel oder Netz ſtoͤrt, und die daher ſo zahm ſind,
daß ſie ſich bey dem Schall der Tritte der Voruͤbergehenden, oder auf ihren Ruf,
Schaarenweis ans Geſtade draͤngen und fuͤttern laſſen. Auch dient der See einigen
Schwaͤnen, tuͤrkiſchen Enten und ſonderlich ganzen Fluͤgen wilder zum Aufenthalt,
die an ſeinen waldigten Ufern gleiche Sicherheit und Ruhe genießen, und die Scene
beleben.
Mitten im See ſchwillt eine Inſel empor. Ein ſchmaler Fußpfad fuͤhrt durch
allerhand Arten von Hoͤlzern, Thraͤnenweiden, Haͤngebirken, Tannen und Straͤu-
chern zu ihrem Gipfel. Heilig iſt die Staͤtte, heilig durch die Gruft des Erbprinzen,
und eines jungen, bald nach der Geburt, verſtorbenen Prinzen, deren Gebeine hier
ruhen. Schwermuͤthiger ſaͤuſeln dem, der den erſten dieſer Prinzen und die fruͤhen
Hoffnungen kannte, ihn einſt ſo reich an Kenntniſſen und guten Handlungen zu er-
blicken, wie ſeinen Vater, ſchwermuͤthiger ſaͤuſeln ihm die Pappeln und die Wipfel,
die ſein Grab beſchatten! Ueber der Gruft iſt ein freyer Platz in einem Kreis von
Roſen und Cypreſſen; hier ſteht zum Haupte das Monument, das der Vater ſeinen
Kindern von Marmor und ganz im antiken Styl ſetzen ließ; oft weint Er hier uͤber
ihrem Staube, und weiht ihnen Thraͤnen, Thraͤnen, wie ſie nur in das Auge der
Fuͤrſten kommen, deren Herz ſo weich und gefuͤhlvoll iſt, wie das Seinige. Das
Monument iſt eine Saͤule von altem Granit, auf der eine Urne von weißem Marmor
ruht; die daran befindliche kurze lateiniſche Inſchrift von Bronze beſagt, daß hier
die Ruheſtaͤtte der Soͤhne Ernſtens und Charlottens ſey. Das Monument iſt in
Rom unter der Aufſicht des Herrn Doell, eines geſchickten Kuͤnſtlers, verfertigt,
der ſich ſchon geraume Zeit, auf Koſten des Herzogs, in Welſchland befindet, und
noch kuͤrzlich Winkelmanns Buͤſte im Pantheon aufſtellte.
Wir gehen andern Pfaden nach, und bleiben vor einem Tempel ſtehn, der ſich
auf einem kleinen Abhang, unter Baͤumen befindet, und ſich im See ſpiegelt. Er
iſt ganz von Steinen aufgefuͤhrt, und auch die hohen, geriefelten Saͤulen, ſind jede
aus einem einzigen Steinblock gehauen. Sein Muſter liegt in Griechenland, un-
ter Athens Truͤmmern, und ſeine Abbildung, die zum Maaßſtab gedient hat, finden
Sie in dem praͤchtigen Werke The Antiquities of Athens (London 1762. groß
Folio).
Dieſer
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